In den vergangenen fünf Jahren hat die Bundeswehr insgesamt 7681 Minderjährige rekrutiert, wie aus einer Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervorgeht. Den Höchststand erreichte die Zahl im vergangenen Jahr mit 1996 Rekruten unter 18 Jahren, verglichen mit 1773 im Jahr davor. Insgesamt stellte die Bundeswehr 2023 rund 18.800 Soldatinnen und Soldaten ein.
Werbung für den Militärdienst an Schulen
Die bildungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Nicole Gohlke, äußerte starke Bedenken angesichts der hohen Zahl jugendlicher Rekruten: „Die Bundesregierung scheint den Schutz von Minderjährigen vor Militarisierung inzwischen völlig aufgegeben zu haben,“ sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, so Welt. Gohlke kritisierte auch die Präsenz von Jugendoffizieren der Bundeswehr an Schulen. Wir berichteten bereits im März von der „Kriegsvorbereitung” an deutschen Schulen und dem damit einhergehenden Besuch von Jugendoffizieren. Die Bildungsministerin Stark-Watzinger hatte im ersten Quartal dieses Jahres geäußert, man müsse „Schüler auf [den] Kriegsfall vorbereiten” und dies in Unterrichtsinhalte einfließen lassen.
Nicole Gohlke argumentiert ähnlich wie die Gewerkschaft GEW, die die „Werbeversuche der Bundeswehr an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen” ablehnt. Sie betonte, dass Schulen politisch neutrale und sichere Orte sein müssten, wo politische Bildung unabhängig und altersgerecht erfolgen sollte. „Diese bewusste und zunehmende Anwerbung Jugendlicher ist inakzeptabel,“ fügte sie hinzu.
„Beratung” durch Jugendoffiziere
Das Verteidigungsministerium verteidigt sich gegen den Vorwurf der Militarisierung, insbesondere in Bezug auf Jugendoffiziere. Diese würden sich auch militärkritischen Positionen stellen und keine Nachwuchswerbung betreiben, heißt es im entsprechenden Jahresbericht.
Ein freiwilliger Dienst in der Bundeswehr ist mit dem Einverständnis der Eltern ab dem 17. Lebensjahr erlaubt. Die Bundeswehr argumentiert, Interessierte wären benachteiligt, wenn sie bis zu ihrem 18. Geburtstag mit dem Beginn ihrer Ausbildung warten müssten. 17-jährige Soldaten werden grundsätzlich nicht in Einsätze geschickt, wohl aber darauf vorbereitet und bereits durch den Besuch der Jugendoffiziere diesbezüglich informiert. (SZ)
Boris Pistorius befürwortet diesen Einsatz besonders:
„Ich erhoffe mir für 2024, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger den Wert einer einsatzbereiten Bundeswehr sehen und wissen, dass unsere Truppe bereit ist, Deutschland im Ernstfall zu verteidigen. Unsere Jugendoffizierinnen und Jugendoffiziere leisten zu diesem Wissen einen unverzichtbaren Baustein.”
Sonderbare Schulausflüge und realitätsferne Kampagnen
Die Karriereberater der Bundeswehr sind für die Rekrutierung zuständig, während Jugendoffiziere über militärische und sicherheitspolitische Grundsatzfragen und Bundeswehreinsätze informieren und auf Einladung Schulen besuchen. Zudem nehmen Lehrer offenbar verstärkt die Möglichkeit des Besuchs einer regionalen Kaserne mit ihren Schülern wahr. Laut oben genanntem Jahresbericht stiegen diese absonderlichen Schulausflüge um 27 Prozent in 2023.
Mitte Juli dieses Jahres waren 85 von 94 Dienstposten für Jugendoffiziere besetzt. Im vergangenen Jahr hielten diese an Schulen und Hochschulen insgesamt 3460 Vorträge und erreichten etwa 90.000 Schüler und Studenten.
Auch gab es jüngst eine Kampagne, welche nach wie vor die Straßen in Deutschland ziert und auch auf YouTube zugänglich ist sowie auf anderen Social Media-Plattformen wie TikTok kursiert. Zur Verdeutlichung der perfiden Werbungsstrategie stellten wir sie tatsächlichen Bildern des Kriegs gegenüber, denn durch die als „Explorer” (Entdecker) bezeichnete entsprechende Darstellung des Wehrdienstes entsteht ein Bild in den Köpfen junger Menschen, das von der Realität eines Kriegs weiter nicht entfernt sein könnte.