Haintz.Media

Bild:
Sieg für die Meinungsfreiheit
Quelle:
KI-generiert

Vergleich am Arbeitsgericht Gießen – Sieg für die Meinungsfreiheit

Bild:
Quelle:

Beitrag teilen:

Mehr aus der Kategorie:

Kritik unter staatlichem Beschuss
Kündigungsgrund oder nicht
Die große Säuberung
Darf man bei einer umstrittenen politischen Veranstaltung zuhören? JA!
Zusammengefasst

Ein Arbeitnehmer wollte sich in seiner Freizeit ein eigenes Bild über Buch und Vortrag des Autors Martin Sellner machen. Nachdem er von „Kollegen“ beim Arbeitgeber denunziert wurde, gab es eine fristlose Kündigung. Gegen diese wehrte er sich erfolgreich vor dem Arbeitsgericht Gießen.

Darf man bei einer umstrittenen politischen Veranstaltung zuhören? Oder ist das ein Kündigungsgrund? Mit dieser Frage musste sich das Arbeitsgericht Gießen in einem Kammertermin am Dienstag, den 10. Juni 2025, beschäftigen. Der Arbeitgeber, ein Verein, der sich für Behinderte einsetzt, hatte einem Angestellten seines Zweckbetriebes eine außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen.

Vergleich – ganz im Sinne des Klägers
Der Angestellte klagte gegen die Kündigung und bekommt seinen Job nun zurück. Kläger und Arbeitgeber einigten sich auf einen Vergleich. Der Arbeitgeber nahm die Kündigung zurück und verpflichtete sich, dem Kläger das seit dem 20. August 2024 entgangene Gehalt vollständig, einschließlich Prämien und Zinsen, nachzuzahlen. Beide Streitparteien gaben zuvor Erklärungen ab, die dazu beitragen sollten, die vom Arbeitgeber behauptete Störung des Betriebsfriedens zu beseitigen.

Erklärungen der Streitparteien als Grundlage für Vergleich
Der Kläger gab eine »Erklärung« zu Protokoll, aus welcher hervorgeht, dass die Unterstellung, der Kläger vertrete ausländerfeindliche oder rechtsextremistische Positionen, völlig haltlos ist. Der beklagte Arbeitgeber beteuerte, der Respekt für das Grundgesetz sowie für einfache Gesetze seien für ihn selbstverständlich. Gleichwohl seien rechtsextreme Positionen mit dem ideellen Selbstverständnis des Vereins unvereinbar. Auf Grundlage dieser Erklärungen einigten sich Arbeitgeber und Kläger auf einen Vergleich, der einem vollumfänglichen Sieg des Klägers entspricht.

Arbeitgeber wollte keine angedeutete Kritik
Doch um diese Erklärungen wurde lange gerungen. In einem außergerichtlichen Gespräch hatte der Kläger bereits die Abgabe einer solchen Erklärung angeboten und der Arbeitgeber hatte Bereitschaft signalisiert, den Kläger weiterzubeschäftigen. Doch der Erklärungstext des Klägers enthielt am Ende zwei Absätze, in denen der Kläger auf das Grundgesetz sowie auf das Betriebsverfassungsgesetz verwies und demokratisches Miteinander anmahnte. Der Arbeitgeber störte sich daran, weil in diesen Absätzen implizit eine Kritik an seinem Umgang mit dem Kläger herauszuhören war. Daran hatte der Arbeitgeber auch eine außergerichtliche Einigung vor dem Kammertermin scheitern lassen.

„Haltung“ zeigen reicht (noch) nicht vor Gericht
Bereits im »Gütetermin« hatte der Arbeitgeber eingeräumt, dass es für den Bestand der fristlosen Kündigung „rechtliche Risiken“ gäbe, da ein außerdienstliches Verhalten zur Begründung angeführt wurde. Der Verein wollte mit der Kündigung aber „Haltung zeigen“, „auch in die Marburger Stadtöffentlichkeit hinein“. Zu Beginn des Kammertermins zeigte sich nun, dass die rechtliche Position des Arbeitgebers noch viel schwächer war: Die Kündigung war schon formell ungültig, da sie nicht von beiden sondern nur von einem geschäftsführenden Vorstandsmitglied unterschrieben worden war, anders, als es die Vereinssatzung vorsah.

Arbeitgeber hatte seine Hausaufgaben nicht gemacht
Der Geschäftsführer erläuterte, dass laut Satzung der Aufsichtsrat auch Einzelvertretungsbefugnis erteilen kann, z. B. bei Erkrankung oder Abwesenheit eines Geschäftsführers. Er wusste jedoch nicht, ob eine solche vorlag, und meinte, das „müssten wir jetzt noch mal prüfen“. Diese Hausaufgaben hätte der Arbeitgeber jedoch vor dem Kammertermin erledigen müssen. Das machte die Richterin dem Arbeitgeber deutlich, als sie darauf hinwies, dass der Kläger diesen Formfehler bereits in einem Schriftsatz vom Februar 2025 gerügt hatte. Mit sehr freundlicher und verständnisvoller Stimme offenbarte sie dem Geschäftsführer des beklagten Vereins und seinem Anwalt ihre aussichtslose Rechtsposition:

„Wir sitzen jetzt im Kammertermin. Das ist eine Formalie der Kündigung. Die müssen wir natürlich überprüfen, bevor wir zu den inhaltlichen Sachen was sagen  können.“

Richterin vermittelt zwischen Streitparteien
Da die Richterin die Kammer kurzfristig übernommen hatte, erkundigte sie sich bei den Streitparteien, was im Gütetermin passiert sei, ob z. B. über eine gütliche Einigung gesprochen wurde. Der Klägeranwalt berichtet, dass im Gütetermin keine Einigung erzielt werden konnte. Der Anwalt des Arbeitgebers ergänzte, dass nach dem Gütetermin Gespräche zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer stattgefunden hatten. Die Überlegung sei gewesen, dass der Kläger eine Erklärung abgibt, in welcher er sich von rechtsextremem Gedankengut distanziert. Das hätte er – im Prinzip – auch in einem Entwurf für eine solche Erklärung getan. Erst mit der dritten Version dieser Erklärung war der Verein „eigentlich auch d’accord“. Nur letzten Absätze des Schreibens interpretierte der Arbeitgeber als eine „Relativierung“. Hätte der Kläger diese Absätze weggelassen, so wäre auf dieser Basis eine Einigung für eine Weiterbeschäftigung möglich gewesen.

Der Klägeranwalt machte deutlich, dass sein Mandant nie rechtsextremes Gedankengut vertreten habe, sich jedoch im Sinne einer gütlichen Einigung bereit zeigte, dies in einer Erklärung auszuformulieren. An den letzten zwei Absätzen der Erklärung habe man sich dann jedoch entzweit: 

„In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch betonen, dass Ausgrenzung und Kündigung kein Weg sind, um mit Menschen, die andere Ansichten haben, umzugehen. Das Grundgesetz und das Arbeitsrecht sind hier eindeutig:

§ 3 GG Abs. 3 Gleichheit: Niemand darf wegen seiner politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden.
§75 Abs.1 BetrVG: Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Weltanschauung, ihrer politischen Betätigung oder Einstellung ausbleibt.

Im Sinne eines demokratischen Miteinanders hoffe ich, dass es zukünftig gelingt, offene und ehrliche Kommunikation stets an die erste Stelle zu setzen, um Herausforderungen und Differenzen zu begegnen.“

Die Richterin vergewisserte sich dann bei den Streitparteien, dass prinzipiell beide Parteien bereit wären, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen – jeweils auf Basis der Erklärung, der Kläger jedoch nur mit und der Arbeitgeber ohne die letzten Sätze.

Nach einigem Hin-und-Her und zwei Sitzungsunterbrechungen akzeptierte der Arbeitgeber schließlich, dass der Kläger seine Erklärung in der aktuellen Fassung und unverändert abgibt – ohne die vom Arbeitgeber gewünschte Streichung des letzten Teils. Dem Arbeitgeber ist offenkundig im Verlaufe der Verhandlung und durch die Hinweise der Richterin klar geworden, dass die fristlose Kündigung rechtlich nicht haltbar ist. Die Alternative zu dieser gütlichen Einigung wäre gewesen, dass die Kündigung durch einen Richterspruch allein aus formellen Gründen für ungültig erklärt worden wäre.

Somit endete das Verfahren mit einem Vergleich, der einem vollumfänglichen Sieg des Klägers gleichkommt.

Quelle: Darf man bei einer umstrittenen politischen Veranstaltung zuhören? JA! »

Pressemitteilung, 13.06.2025, von Weiterdenken Marburg.

Beitrag teilen:

Unterstützen Sie uns!

Helfen Sie mit, freien Journalismus zu erhalten

5

10

25

50

No posts found
Picture of Redaktion

Redaktion

Redaktionelle Beiträge aller Art z.B. von Agenturen, Lesern oder anderweitigen Quellen außerhalb unserer Redaktion, markieren wir entsprechend.

Eine Antwort

  1. Guten Tag HM-Redaktion, guten Tag Dr. Frank Michler von Weiterdenken-Marburg,

    zum einzelfallübergreifenden, systemischen Gesamtzusammenhang gilt bis zur Widerlegung mein Tatmuster-Indikator zum Ziehen der harten, undifferenzierten, oberflächlichen, aber unter dem Strich entscheidenden Freund-Feind-Linie. In einem Wort:
    Schweigemauer. Alternativworte: Kommunikationsverweigerung wegen Kritikschwäche.

    Trotz allen Dankes, der Ihnen für Ihre Einzelfallarbeit gebührt, sind Sie zu sehr Teil der Schweigemauer und somit systemstabilisierend, keine systemrelevante Gefahr für die Brot-und-Spiele-Veranstalter, keine echte Korrektivgefahr, die sich fundamental und radikal der Übelwurzel im Fundament dieser kranken, fiebernden, brennenden Welt widmet, dem legalisierten Fehler im Geldsystem.

    Dem Kläger _ und _ allen _ anderen _ Deal-Siegern (missverständlicher Juristenjargon: Vergleich ) ist trotz seines (temporären) Gerichtssieges zu empfehlen sich einen anderen Arbeitgeber zu suchen. Denn die Wahrscheinlichkeit, daß er beim jetzigen glücklich wird ist nahe null. In den meisten Fällen sind Reue bzw. Einsicht der Arbeitgeber taktisch geheuchelt.

    I. d. R. wird immer wieder so lange gesucht, konstruiert, fingiert, geekelt und gemobbt, bis der missliebige Charakter- und Gesinnungsgegner verschwunden ist.
    Denn ein edlerer Mensch E ist für einen unedleren Menschen U ein ständiger Spiegel vor der Nase, in den U nicht gern schaut. Und aus seiner Sicht eine ständige Erniedrigung vor der gesamten Belegschaft:

    „Guck mal, (neuer Kollege), da drüben sitzt der lachende E, der hat (vor x Jahren) unseren Chef vor Gericht kurz und klein geklagt.“

    Nun zwei echte Weiterdenkansätze in Form von Fragen F1 und F2, die sich aus dem obigen Artikel ergeben:

    „… der Respekt für das Grundgesetz sowie für einfache Gesetze seien für ihn selbstverständlich.“

    F1
    Wir haben mindestens zwei völlig unterschiedliche und gegensätzliche GG-Verständnisse in der BRD: das der Nancy Faesers und Tommi Haldenwangs und das des noch nicht maximal gehirngewaschenen Volkes. Die Beseitigung dieses grundsätzlichen Feuer-Wasser-Konfliktes bzw. dieser Spaltung hat höchste Priorität.
    Was tun Sie dafür?

    F2
    Wurde der Arbeitgeber gefragt, warum für ihn nur einfache Gesetze selbstverständlich sind? Wenn nicht, warum nicht?

    Statt sich mit Dingen wie „Konzept der kognitiven Raumkarte“ zu beschäftigen, empfehle ich Ihnen sich mit kognitiver Dissonanzauflösung und deren Heilung zu beschäftigen.

    Alternativ könnten Sie den Julian Marius Plutz, den RA Chris Moser [2] und den Josef Schuster vom Zentralrat mal fragen, wann sie gedenken den Weltbrand des Benjamin N., Martin van Creveld & Gesinnungsgenossen zu löschen [1] bzw. gedenken zu erklären, warum dem systemrelevanten Prof. C. Kreiß von Monneta.org das Bankkonto gekündigt wurde.

    Nochmal: Wie setzen Sie hier und sonstwo Ihre Tages- und Arbeitsprioritäten? Sind Sie an einem Rettungsplan für Europa und die Welt interessiert?

    Fiel Ihnen schon auf, daß das, was die Systemveranstalter bei Putin Angriffskrieg und Aggression [3] nennen, jetzt beim Benjamin Netanyahu „Recht auf Selbstverteidigung“ heißt, obwohl

    „Doch erst im März erklärte die Direktorin des amerikanischen Geheimdienstes, Tulsi Gabbard, die Geheimdienste seien zu dem Schluss gekommen, dass „Iran keine Atomwaffen baut und dass der oberste Führer Ayatollah Ali Chamenei das Atomwaffenprogramm, das er 2003 ausgesetzt hatte, nicht autorisiert hat“.“
    Quelle: RT-Deutsch

    Selbst wenn Iran Atomwaffen hätte, was wäre dann anders? Es heißt doch immer:

    1. Alle Menschen sind gleich, gleiches Recht für alle!
    2. BRD-Heer-Minister Pistorius: „Es geht um ein komplexes System einer nuklearen Abschreckung mit taktischen und anderen Atomwaffen.“
    3. Orwell: Manche … sind gleicher als gleich [und heucheln trotzdem bzw. gerade deshalb immer wieder großes Jammern und Staunen: „Woher kommt er nur, dieser furchtbare, mir das Herz zerreißende Hass?“]

    Auf Widerlegung wartende These:
    Der vollumfängliche, über punktuelle Einzelfallsiege hinausgehende Sieg für Hobby- und Meinungsfreiheit und sonstige Gerechtigkeit beginnt erst, wenn … Siehe Kommentar, 18. Oktober 2024:
    https://haintz.media/artikel/deutschland/digitale-zensoren-wie-die-bundesnetzagentur-die-meinungsfreiheit-gefaehrdet/#comment-705

    Sie haben das Recht krankheitsbildbestätigend zu schweigen und zu löschen. Wie die Gaffer und Glotzer an einer Unfallstelle mit verblutenden Opfern: „Aber Herr Richter, ich habe doch gar nichts gemacht, nur zugeschaut, ich bin unschuldig!“

    [1] Kommentar zu Haintz_media/artikel/deutschland/die-21-luege-wie-der-staat-uns-arm-rechnet/.
    [2] Kommentar vom 8. Juni 2025, Haintz_media/artikel/deutschland/woran-unser-staat-krankt/#comment-1932
    [3] Kommentare in Haintz_media/artikel/international/kampf-der-narrative/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

No posts found

Buch-Empfehlung

Soennichsen