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Hausdurchsuchung wegen „Fotze“ zulässig?

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Mutter Courage Strack-Zimmermann
Mit Hilfe der Staatsanwaltschaft Geld verdienen – oder geht es den Geschädigten wirklich um die Beleidigung?
Zusammengefasst

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Gordon Pankalla: Zuerst veröffentlicht auf Herzensanwalt

Aktuell diskutieren alle über den Fall von Robert Habeck, der eine Anzeige erstattet hatte, weil man ihn als einen „Schwachkopf“ bezeichnet hatte. Ob es sich dabei um eine Beleidigung handelt, ist eine Frage des Einzelfalls. War dies eine Meinungsäußerung, weil sich der Herr Niehoff in einem Sachzusammenhang geäußert hat? Oder kann man das Posting vielleicht als eine Satire bewerten?

Tatsache ist, dass die Empörung nicht wegen der Aussage erfolgte, sondern weil daraufhin eine Hausdurchsuchung stattgefunden hat. Ich muss sagen, dass ich es persönlich auch nicht schön finden würde, wenn ich als ein Schwachkopf bezeichnet werden würde. Insofern bin ich der Ansicht, dass man sich im politischen Meinungskampf auf jeden Fall sachlicher ausdrücken sollte. Allerdings ist es so, dass auch aus den Reihen der Politik aktuell auch viel Öl ins Feuer gegossen wird, und daher: Wie man in den Wald ruft, so schalt es bekanntlich zurück.

Die Frage ist aber, ob eine Hausdurchsuchung wegen einer solchen Äußerung gerechtfertigt ist. In einem Fall habe ich die Vertretung eines Mandanten übernommen, der vermeidlich Frau Agnes Strack-Zimmermann als eine „Fotze“ bezeichnet hatte. Belege dafür gab es aber nicht. Was folgte, war eine Hausdurchsuchung bei meinem Mandanten. Handy und Laptop wurden sichergestellt, um die Beweise zu sichern.

Man braucht die Beweise für die zivilrechtlichen Klagen

Nun muss man Folgendes wissen: Oft geht es gar nicht darum, dass die Täter wegen einer Straftat vor das Strafgericht gezogen werden sollen, sondern vielmehr darum, dass man wegen der Beleidigung auch noch Kasse machen will, weil man Schmerzensgeld einklagen will, und zwar vor dem Zivilgericht. Hierzu braucht man aber den Namen und die Anschrift des Täters und die entsprechenden Belege. Die Staatsanwaltschaften machen daher die Vorarbeiten für den Anwalt, der dann vor das Zivilgericht ziehen will und ein Schmerzensgeld einklagen möchte. Ohne die Hausdurchsuchungen sind diese Beweise aber nicht zu führen.

Die Folge: Eine Klage auf Schmerzensgeld wäre gar nicht möglich. Der Kollege Brockmaier macht mit seiner So Done GmbH ein Angebot, dass Menschen doch klagen sollen – völlig ohne Risiko, da man eine Gewinnbeteiligung verspricht, aber nur wenn man erfolgreich ist. Für den Staat sollte dies aber keine Rolle spielen, und Schmerzensgeld gibt es ohnehin nur bei ganz besonders schweren Beleidigungen.

Für die Staatsanwaltschaften und den Rechtsstaat kann es nur darum gehen, dass die Täter vor dem Strafgericht verurteilt werden. Hierbei muss man überlegen, welche Strafe denn eigentlich dabei rauskommen würde. Im Hinblick auf die zu erwartende Strafe muss sich eine Hausdurchsuchung aber als verhältnismäßig erweisen, denn die Wohnung ist nach Art. 13 Grundgesetz von der Verfassung geschützt.

Die Abwägung muss bei Beleidigungen gegen eine Hausdurchsuchung ausfallen

Eine solche Abwägung muss meiner Ansicht nach aber gegen eine Hausdurchsuchung ausfallen, sogar bei der Bezeichnung als „Fotze“, denn das Strafmaß, das hier zu erwarten ist, sind allenfalls 30–40 Tagessätze – dafür durchsucht man aber keine Wohnung, jedenfalls in der Vergangenheit. Dies ist unverhältnismäßig, nicht aber nach der Ansicht der Richter, mit denen ich es bisher zu tun hatte. In den Entscheidungen (Beschlüsse zur Überprüfung) über die Hausdurchsuchungen sind die Richter bisher niemals wirklich auf den Aspekt der Verhältnismäßigkeit eingegangen.

Anstatt auf den konkreten Fall abzustellen, wird die Hausdurchsuchung dann immer auf das abstrakte Strafmaß einer Beleidigung abgestellt – das zwei Jahre beträgt, aber tatsächlich nie in Betracht kommt. Und daher bleibe ich bei meiner rechtlichen Auffassung, dass selbst bei der Bezeichnung als „Fotze“ eine Hausdurchsuchung nicht verhältnismäßig und damit auch rechtswidrig ist.

Voraussetzungen für eine Hausdurchsuchung

Durchsuchungen dürfen gemäß Art. 13 Abs. 2 GG nur durch einen Richter angeordnet werden, bei Gefahr im Verzug auch durch andere in den Gesetzen vorgesehene Organe. Die Durchführung muss in der vorgeschriebenen Form erfolgen. Dieser Richtervorbehalt stellt sicher, dass Eingriffe in die Privatsphäre nur nach sorgfältiger Prüfung und unter bestimmten Voraussetzungen stattfinden.

Die weiteren Absätze von Art. 13 GG regeln die Voraussetzungen für verschiedene Arten von Eingriffen in die Unverletzlichkeit der Wohnung. So sind beispielsweise akustische Wohnraumüberwachungen (der sogenannte „große Lauschangriff“) nur zur Aufklärung besonders schwerer Straftaten zulässig und müssen ebenfalls richterlich angeordnet werden (Art. 13 Abs. 3 GG). Eingriffe und Beschränkungen dürfen im Übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutz gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden (Art. 13 Abs. 7 GG).

Die Relevanz von Art. 13 GG für Wohnungsdurchsuchungen liegt darin, dass das Grundrecht einen wesentlichen Aspekt des Persönlichkeitsschutzes und der Menschenwürde darstellt. Wohnungsdurchsuchungen sind ein schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre und bedürfen daher einer besonderen Rechtfertigung und strengen formellen Anforderungen. Die Regelungen des Art. 13 GG dienen dem Schutz des Bürgers vor staatlichen Übergriffen und stellen sicher, dass die Privatsphäre nur unter eng definierten Voraussetzungen und mit richterlicher Kontrolle durchbrochen werden darf.

Geschäftsmodell funktioniert nur mit Hilfe des Staates

Mir kommt das Ganze allerdings so vor, dass man den „Geschädigten“ und deren rechtlichen Vertretern einen Gefallen tun will, damit diese dann zivilrechtlich „nochmals“ abkassieren können. Dass dies auf der anderen Seite dann enorme Kosten für den Staat bedeutet, ist eine andere Frage. Diese ganzen Beleidigungsanzeigen haben aus meiner Sicht nur einen Zweck: Man will Geld damit verdienen. Dieser Eindruck bestätigt sich jedenfalls dann, wenn man sich das Internetangebot der „So Done GmbH“ anschaut.

Hier wird nämlich versprochen, dass man ganz ohne eigenes Risiko klagen kann und gegebenenfalls auch damit Geld verdienen kann. Ohne Mithilfe des Staates bzw. der Staatsanwaltschaften wäre ein solches Geschäftsmodell aber unmöglich. Wäre die Geschädigte aber „Lisa Kleinschmidt“ und nicht ein Promi wie Strack-Zimmermann oder Robert Habeck, bin ich mir fast sicher, dass man dann keine Hausdurchsuchungen anordnen würde, selbst bei einer offensichtlichen Beleidigung wie „Fotze“.

Zwei Klassen Strafrecht bei Promis?

Die Rechtsanwälte Markus Haintz und Joachim Steinhöfel sind bereits gegen die So Done GmbH vorgegangen, weil das Werben der Promis wie Habeck, Strack-Zimmermann oder auch Hendrik Wüst gegen die Neutralitätspflicht des Staates verstoßen würde. Es ist aber ebenfalls ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Staates, wenn Staatsanwaltschaften und Richter nur dann aktiv werden bzw. besonders aktiv werden (Hausdurchsuchung), wenn es sich um einen Promi handelt. Es gibt nämlich keinen Zweiklassen-Rechtsstaat bei uns und dabei sollte es auch bleiben. Gefördert wird das Ganze aber auch wegen der Einführung des neuen § 188 StGB, eines Paragrafs, der Politiker besonders vor Beleidigungen schützen soll. Rechtspolitisch ist der Paragraf 188 StGB hingegen seit seiner Einführung umstritten. Stellt sich doch die Frage, wann eine Beleidigung geeignet sein soll, das öffentliche Wirken eines Politikers erheblich zu erschweren. Nach § 1 StGB muss der Täter vor der Tat wissen, was strafbar ist. Aber wissen sie wirklich, was sie noch sagen dürfen, damit sie unsere Politiker nicht in ihrem Wirken beeinträchtigen …

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