Mark Zuckerberg, Mitbegründer und Leiter der Meta-Plattformen, hat in einem am Dienstagmorgen veröffentlichten Video angekündigt, dass Meta, der Konzern hinter Facebook, Instagram und Threads, sein bisheriges Faktenchecker-Programm in den USA einstellen wird. Stattdessen wird ein neues Modell namens „Community Notes“ eingeführt, das Nutzer stärker in die Bewertung von Inhalten einbindet. In einer Stellungnahme erklärte Zuckerberg, das ursprüngliche Ziel des Programms, durch unabhängige Faktenprüfer die Verbreitung von Falschinformationen einzudämmen, sei gescheitert:
„A program intended to inform too often became a tool to censor.“
„Ein Programm, das informieren sollte, wurde zu oft zu einem Werkzeug der Zensur.“
Zuckerberg, Meta
Das neue Modell orientiert sich an 𝕏, wo Nutzer potenziell irreführende Inhalte mit zusätzlichen Kontextinformationen versehen können. Ziel sei es, Verzerrungen durch persönliche oder politische Vorurteile zu minimieren und eine breitere Meinungsvielfalt zu ermöglichen.
Zuckerberg betonte, dass die Plattformen des Meta-Konzerns ursprünglich geschaffen wurden, um freie Meinungsäußerung zu fördern, und dass dieser Grundgedanke durch das Faktenchecker-Programm zunehmend ausgehöhlt worden ist.
Zuckerberg hatte im August in einem Brief an den Vorsitzenden des Justizausschusses des US-Repräsentantenhauses, Jim Jordan, eine überraschend selbstkritische Position eingenommen. Darin räumte er ein, dass Meta während der COVID-19-Zeit wiederholt von Regierungsvertretern, einschließlich des Weißen Hauses, massiv unter Druck gesetzt wurde, bestimmte Inhalte zu zensieren – darunter auch satirische und humorvolle Beiträge.
„I believe the government pressure was wrong, and I regret that we were not more outspoken about ist.“
„Ich glaube, dass der Druck der Regierung falsch war, und ich bedauere, dass wir nicht offener darüber gesprochen haben“, schrieb Zuckerberg in dem Brief, der auch auf den sozialen Medien des Ausschusses veröffentlicht wurde.
Zuckerberg im August 2024
Er zeigte sich rückblickend kritisch gegenüber den Entscheidungen von Meta in dieser Zeit:
„I also think we made some choices that, with the benefit of hindsight and new information, we wouldn’t make today. […] We’re ready to push back if something like this happens again.“
„Ich denke auch, dass wir einige Entscheidungen getroffen haben, die wir mit dem Wissen von heute und neuen Informationen nicht noch einmal so treffen würden. […] Wir sind bereit, uns zu wehren, sollte so etwas erneut geschehen.“
Dieses Eingeständnis dürfte in den aktuellen Diskussionen um die Zukunft der Plattformen und deren Umgang mit Meinungsfreiheit noch vielfach thematisiert werden.
EU-Kommission reagiert mit scharfen Drohungen
In Europa erfährt Meta natürlich Widerstand seitens der EU-Kommission, die den Konzern öffentlich warnte, dass ein Ende des Faktenchecker-Programms auch in der Europäischen Union schwerwiegende Konsequenzen haben könnte.
Thomas Regnier, Sprecher der Kommission im Bereich Digitales, verwies auf das Gesetz über digitale Dienste (DSA), das Plattformen verpflichtet, systemische Risiken wie sog. Desinformation zu minimieren. Sollte Meta das Programm in Europa einstellen, müsse der Konzern „eine eigene Risikobewertung durchführen und der Kommission einen Bericht vorlegen“, so Regnier.
Die Sanktionen könnten durchaus gewichtig sein:
„Falls sich die Plattform nicht an das Gesetz über digitale Dienste halten sollte, könnten wir tatsächlich auch eine Geldstrafe erlassen, die bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes einer solchen Plattform mit sich ziehen könnte.“
Thomas Regnier, FAZ
Zudem betonte die EU, dass ihre Regelungen unabhängig vom Sitz eines Unternehmens gelten, solange dessen Dienste in Europa verfügbar sind.
Zusammenhang mit Trump
Die Kritik an Zuckerberg und den Zusammenhang mit Trumps kommender Präsidentschaft kommt aus verschiedenen Richtungen. Auch von Seiten der Verfechter freier Meinungsäußerung halten viele sein Eingeständnis schlicht für unauthentisch und mutmaßen, er hätte anders gehandelt, wenn Kamala Harris neue Regierungschefin geworden wäre.
Die Debatte, die erneut in der EU geführt wird, setzt den drohenden Tonfall fort, der bereits bei Elon Musk angeschlagen wurde.
Auch hier drohte die Kommission mit Strafzahlungen, nachdem Musk eine strengere Moderationspolitik für 𝕏 abgelehnt hatte. Obwohl Sanktionen bislang ausgeblieben sind, steht fest: Die EU will große Plattformen in die Pflicht nehmen, um ihre Vorstellungen von Desinformation und öffentlichem Diskurs durchzudrücken.
Meta fährt nun nichtsdestoweniger einen anderen Kurs, als sich die EU-Kommission wünschen würde. Zuckerberg will die Zensur zurückfahren, politische Debatten wieder zulassen und die Verantwortung stärker auf die Nutzer übertragen. In die Linie der zukünftigen US-Regierung passt dieser Kurswechsel tatsächlich. Von Seiten der Trump-Regierung dürften den Konzern keine Sanktionen erwarten.
Joel Kaplan, Chief Global Affairs Officer von Meta äußerte sich in einem Interview gegenüber FOX-News wie folgt:
„We do think it is a real opportunity to work with the Trump administration and to work on free expression at home.“
„Wir denken, dass es eine echte Chance ist, mit der Trump-Regierung zusammenzuarbeiten und sich für die freie Meinungsäußerung im eigenen Land einzusetzen.“