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Verfassungsschutz: Vom Wächter zum Zensor

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Klingbeils politisches Machtspiel
Bärbel Bas
Die dritte deutsche Diktatur
Zehn Millionen Menschen werden als „verwirrt“ oder „verführt“ abgestempelt, während der Verfassungsschutz die AfD zur Staatsfeindin erklärt. Nancy Faesers hastige Einstufung ohne Prüfung riecht nach politischer Rache. Die CDU mahnt zur Besonnenheit, doch SPD und Grüne träumen von einem Verbot.
Zusammengefasst

Die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz ist keine juristisch gereifte Entscheidung, sondern ein politisches Manöver auf Bestellung, mit Segen der scheidenden Innenministerin Nancy Faeser, die das 1100 Seiten starke Gutachten binnen zwei Tagen öffentlichkeitswirksam verwertete, ohne es intern prüfen zu lassen. Ein Vorgang, der weniger von rechtsstaatlicher Sorgfalt als von parteitaktischer Hast zeugt. Der eigentliche Zweck: Ein letztes Ausrufezeichen im Schatten des eigenen Abgangs setzen, bevor Friedrich Merz ins Kanzleramt einzieht. Dieser Vorgang hat eine Debatte entfacht, die weit über die Partei selbst hinausgeht. Es geht um die Grundpfeiler der Demokratie, den Missbrauch staatlicher Institutionen und die Frage, wie weit der Staat gehen darf, um „Feinde“ zu bekämpfen oder zu konstruieren.

Ein Gutachten, das geheim bleibt, soll nun über die politische Zukunft einer Partei und ihrer Millionen Wähler entscheiden. Transparenz wäre eine demokratische Selbstverständlichkeit, doch stattdessen bleibt die Begründung unter Verschluss. Die Wirkung jedoch ist öffentlich: Die politische Konkurrenz applaudiert. Die Grünen und Linken, einst erklärte Gegner des Verfassungsschutzes, nutzen ihn nun als Waffe gegen politische Gegner. Die Umwidmung des Inlandsgeheimdienstes zur Gesinnungspolizei ist vollzogen.

Die CDU zwischen Taktik und Toleranzgrenze

Während Faeser den Verfassungsschutz instrumentalisiert, gibt sich die Union als pragmatische Bastion demokratischer Vernunft. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann lehnt ein Verbot klar ab:

„Protest kann man nicht verbieten.“

»Carsten Linnemann / ntv«

Für ihn ist die AfD ein Symptom tieferer Unzufriedenheit mit der Politik der letzten Jahre. Eine Feststellung, die nüchtern benennt, was viele lieber überhören: Die AfD wird nicht aus ideologischer Überzeugung, sondern aus tiefem Frust über eine Politik, die inzwischen zu oft schon immer totalitärer am Bürger vorbei regiert hat, gewählt.

Sachsen, wo die AfD bei der Bundestagswahl 37 Prozent holte, unterstreicht die Skepsis. Kultusminister Conrad Clemens (CDU) sieht die Einstufung als Warnsignal, warnt aber vor den Risiken eines Verbotsverfahrens. Ähnlich argumentiert Baden-Württembergs Landtagschef Manuel Hagel: Die AfD sei ein „Fieberthermometer“ der Gesellschaft. Anstatt das Thermometer zu zerschlagen, müsse man die Ursachen des Fiebers bekämpfen, durch bessere Politik, nicht durch Brandmauern. Auch Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der Union, setzt auf politischen Wettbewerb statt juristische Abkürzungen.

„Bei einem Verbotsverfahren bin ich eher zurückhaltend. Entscheidend ist es, die AfD politisch zu bekämpfen. Und dazu muss die neue Bundesregierung bei den wichtigen Themen liefern.“

»Alexander Throm / BILD«

Doch nicht alle in der CDU teilen diese Linie. Daniel Günther, Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, und Ex-Ostbeauftragter Marco Wanderwitz drängen auf ein Verbot, um „die Demokratie zu schützen“. Ein Widerspruch, der die Zerreißprobe in der Partei offenlegt.

Berufsverbot per Gesinnung

Die Konsequenzen der Neueinstufung reichen weit über die Parteigrenzen hinaus. Beamte, Lehrer, sogar Hausmeister mit AfD-Parteibuch sehen sich existenziell bedroht. Der Würzburger Jurist Chan-jo Jun, der sich zwar kein direktes Verbot der AfD, wohl »aber ein offizielles Verbotsverfahren wünscht«, erläutert im »Tagesspiegel«: Die neue Lage erlaube es Behörden, selbst bei passiver Mitgliedschaft dienstrechtliche Maßnahmen einzuleiten. Ein „Gefällt mir“ auf Facebook reiche womöglich aus, um die persönliche Integrität infrage zu stellen.

„Jeder, der zu Beginn dieser Woche noch Mitglied in der AfD ist, weiß, dass er einer als verfassungsfeindlich eingestuften Partei angehört.“

»Chan-jo Jun / Tagesspiegel«

Es sind nicht nur Sicherheitsbehörden betroffen. Auch Handwerkskammern oder Gewerbeaufsichtsämter könnten bald prüfen, ob jemand mit falschem Parteibuch noch als Ausbilder oder Unternehmer tragbar ist. Die logische Fortsetzung: AfD-Mitglieder als Geschäftsrisiko. Unternehmen könnten gezwungen sein, sich von Mitarbeitern mit AfD-Bezug zu trennen, um öffentliche Aufträge nicht zu gefährden. Die CDU-Politiker Marco Wanderwitz und Roderich Kiesewetter plädieren offen für eine „Säuberung“ des Staatsdienstes von AfD-Mitgliedern.

„Mitglieder einer als rechtsextrem eingestuften Partei sollten weder im Staatsdienst tätig sein noch einen Waffenschein besitzen dürfen.“

»Marco Wanderwitz / Tagesschau«

Demokratischer Purismus oder autoritärer Reflex?

Was hier stattfindet, ist keine Verteidigung der Demokratie, sondern ihre Entkernung. Wer Kritik übt, gerät unter Verdacht. Wer nicht jubelt, gilt als Gegner. Die Wehrbeauftragte Eva Högl will, wie »evangelisch« berichtet, die AfD-Wähler „zurückführen“, als handle es sich um moralisch verirrte Kinder auf einem Sektenkurs. Die Annahme: Wer AfD wählt, ist verwirrt, verletzt oder dumm, aber nie zurechnungsfähig. Mit dieser Haltung wird eine ganze Wählerschaft entmündigt, diffamiert und entsozialisiert. Die politische Mitte wird zum moralischen Hochsicherheitsbereich, in dem kein Platz für Abweichung bleibt.

„Wir sollten uns um jeden Einzelnen und jede Einzelne bemühen und sie wieder auf den richtigen Pfad der Demokratie, der Menschenliebe und des gegenseitigen Respekts zurückführen.“

»Eva Högl / evangelisch«

Das Demokratieverständnis mancher Protagonisten gleicht einem Katalog heiliger Schriften. Wer davon abweicht, gehört bekehrt. Der Begriff „Brandmauer“ wird zum ideologischen Rammbock, nicht gegen Extremismus, sondern gegen Diskurs.

Der Preis der Säuberung

Die Ausgrenzungspolitik erinnert fatal an das Versagen während der Pandemie: Wer nicht auf Linie war, wurde sozial exekutiert. Jetzt trifft es zehn Millionen AfD-Wähler, pauschal etikettiert als Rechtsextreme, als Bedrohung, als Demokratiefeinde. Der mediale Dauerbeschuss, mögliche Kontosperrungen und Berufsverbote – sie bedienen keine rechtsstaatliche Notwendigkeit, sondern politische Selbstvergewisserung. Wer heute ein anderes Deutschland will als das nach 2015, gilt als rückwärtsgewandt, bestenfalls. Im schlimmsten Fall als Nazi. Die Rhetorik von Politikern wie Katrin Göring-Eckardt (Grüne) ist nicht Argumentation, sondern moralische Erpressung. Wer Kritik an der AfD-Einstufung übt, wird delegitimiert; wer sich nicht distanziert, verdächtigt. Das Ergebnis ist kein Diskurs, sondern Gesinnungszwang.

»Katrin Göring-Eckardt / 𝕏«

Diese Gleichsetzung beschädigt nicht nur die politische Kultur. Sie zerstört das Vertrauen in die demokratische Architektur. Wenn jede oppositionelle Haltung zur Verfassungsbedrohung erklärt wird, bleibt am Ende kein Raum mehr für den notwendigen Dissens, der Demokratie ausmacht. Der Verfassungsschutz wird zur Machtverlängerung der Regierung, sein Bericht zur moralischen Waffe, seine Geheimhaltung zur intellektuellen Beleidigung.

Vom blinden Fleck zum Lieblingsspielzeug der Macht

Dass dieser Dienst überhaupt noch existiert, ist ein Kuriosum in westlichen Demokratien. Ein Inlandsgeheimdienst ohne Polizeibefugnisse, geboren aus der Nachkriegskontrolle durch alliierte Besatzer, heute aufgebläht auf 8000 Mitarbeiter und ein Budget von einer halbe Milliarde Euro. Seine Geschichte ist durchsetzt mit Fehltritten, Manipulationen und Skandalen, vom »Scheitern im NSU-Komplex« bis zur peinlichen »V-Leute-Infiltration der NPD«. Sein Nutzen bleibt fraglich, sein Einsatz inzwischen brandgefährlich.

Was früher als demokratiegefährdender Fremdkörper galt, ist heute willkommenes Werkzeug im Dienst der Herrschaftssicherung: Der Verfassungsschutz, einst von Grünen und Linken vehement als Relikt autoritärer Staatlichkeit bekämpft, wird nun von denselben Kreisen beklatscht, aber nur solange er gegen die richtigen politischen Gegner schießt. Der Wandel von „abschaffen“ zu „unverzichtbar“ vollzog sich nicht aus Einsicht, sondern aus Opportunismus. Das neue Gutachten gegen die AfD ist dafür nur der jüngste Beleg: Inhaltlich substanzlos, rechtsstaatlich fragwürdig, geheimdienstlich grotesk – aber politisch zweckdienlich.

Dass ausgerechnet dieser Apparat, gegründet unter Anleitung fremder Mächte, über Jahrzehnte hinweg durch Skandale, Rechtsbrüche und Personalpossen auffällig geworden, nun als moralische Instanz verklärt wird, passt ins Bild eines Staates, der seine eigenen Grundsätze zunehmend als taktisches Mittel interpretiert. Der Inlandsgeheimdienst ist heute nicht weniger problematisch als vor zwanzig Jahren, nur seine Verfechter haben das Lager gewechselt. Dass ein von »Gregor Gysi«, als „Pfeifenverein“ verspotteter Apparat heute von denselben Kräften gefeiert wird, die ihn einst abschaffen wollten, sagt weniger über dessen Reformfähigkeit als über die moralische Flexibilität jener aus, die das Land regieren.

Fazit: Die Demokratie braucht keine Schutzmauer, sondern Vertrauen

Ein Verbot der AfD wäre kein juristischer Sieg, sondern ein politisches Armutszeugnis. Eine Demokratie, die sich durch Wegsperren von Opposition schützt, ist keine. Wer die AfD politisch schlagen will, muss ihre Wähler verstehen, nicht umerziehen. Er muss liefern, nicht verurteilen. Er muss zuhören, nicht entmündigen. Die CDU hat das – zumindest in Teilen – erkannt. Die SPD nicht.

Die gegenwärtige Entwicklung markiert eine Weggabelung: Entweder die Gesellschaft findet zurück zur offenen Debatte und zur freiheitlichen Streitkultur oder sie driftet in einen Zustand, in dem Loyalität zur Regierung die neue Verfassung wird. Dann aber braucht man keinen Verfassungsschutz mehr. Dann reicht ein Wahrheitsministerium.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

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