Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat sich bei der Europawahl als eine bedeutende nationale Kraft etabliert, indem es einen beeindruckenden Stimmenanteil von 6,2 Prozent erzielte.
Dieser Erfolg markiert einen Meilenstein, da sie die erste Partei ist, die dies innerhalb von nur sechs Monaten nach Gründung erreicht hat. Dr. Friedrich Pürner zieht nun ebenfalls für das BSW ins EU-Parlament ein. Das BSW hatte in den letzten Umfragen zwischen fünf und sieben Prozent erreicht. Sie stellten sich auch für Pürner, der auf dem sechsten Listenplatz stand, spannend dar.
Pürner übte scharfe Kritik an Maßnahmen
Dr. Friedrich Pürner, ein Facharzt und Epidemiologe, leitete im Jahr 2020 das Gesundheitsamt Aichach-Friedberg bei Augsburg. Während der sog. Coronapandemie äußerte er regelmäßig seine fachlichen Ansichten, indem er die Lage als „überdramatisiert“ kritisierte und die Notwendigkeit betonte, dass Bürger mehr Eigenverantwortung übernehmen sollten, zum Beispiel beim Tragen von Masken in der Öffentlichkeit. Pürner wies darauf hin, dass wenig über die Erkrankten bekannt ist und Maßnahmen erst ergriffen werden sollten, wenn die Zahl der schwer Erkrankten signifikant ansteigt. Er verurteilte zudem, dass nur aufgrund positiver Testergebnisse Maßnahmen ergriffen worden sind.
„Entscheidend für uns Epidemiologen ist: Wie krankmachend ist eine Erkrankung? Covid-19 ist eine Infektion. Es wird immer Menschen geben, die daran sterben oder krank werden. Auch Folgeschäden sind derzeit nicht ausgeschlossen. Vor allem Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen sind Risikogruppen. Allgemein ist das Risiko, an Corona schwer zu erkranken, relativ gering, daran zu sterben auch. Das ist nicht Ebola.“
Dr. Friedrich Pürner / Merkur
Von der Leitung des Gesundheitsamts nach Kritik versetzt
Infolge dieser Äußerungen wurde Dr. Friedrich Pürner von der Regierung von Schwaben zum Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) versetzt. Zu dem Zeitpunkt hatte Friedrich Pürner bereits 34 Jahre im Staatsdienst hinter sich. Diese Entscheidung wurde ohne ein Gespräch getroffen. Obwohl Pürner sein Amt behalten durfte, betrachtete er diese Maßnahme als eine Form der Strafversetzung. Trotzdem blieb er bei seinen Erläuterung und stellte klar, dass er nicht klein beigibt und er sich auch nicht den Mund verbieten lassen wird. Dies machte er auch immer wieder auf seinem Profil der Plattform 𝕏 deutlich.
Pürner betrachtete seine Versetzung als eine Maßnahme, die ein Exempel statuieren sollte, um damit zu erreichen, dass andere Amtsärzte vor Kritik an den Maßnahmen zurück schrecken. Zuvor noch geschätzter Experte, wurde Pürner nun auch durch Medien in die Ecke der Umstrittenen gestellt. Kritiker der Corona-Maßnahmen wurden häufig als unreflektierte Bürger oder Verschwörungstheoretiker bezeichnet, was jede Möglichkeit einer konstruktiven Diskussion verhinderte. Kündigungen und Hausdurchsuchungen waren keine Seltenheit. Obwohl die Politik tiefgreifende Eingriffe in Grundrechte und das gesellschaftliche Miteinander mit Verweis auf die Wissenschaft zu rechtfertigen versuchte, war in den Corona-Jahren ein offener wissenschaftlicher Diskurs kaum möglich.
Pürner vor Gericht: Die Entschuldigung bleibt aus
Im März 2021 klagte Dr. Friedrich Pürner gegen seine Versetzung. Das Gericht gab seiner Klage statt. Kurz vor dem Prozess zog die Regierung von Schwaben die Abordnung überraschend zurück, nur um Pürner anschließend nach München zur Regierung von Oberbayern zu versetzen, wo er die Approbationen ausländischer Ärzte prüfen sollte. Pürner kommentierte diese erneute Versetzung mit der Bemerkung, dass er anscheinend wie ein Wanderpokal weitergereicht wird.
Eine weitere Gerichtsverhandlung folgte zwei Jahre nach der ersten Versetzung am 20. Oktober 2022. Nach monatelangem Rechtsstreit endete der Dezember 2022 mit einem Vergleich und der Vereinbarung des Stillschweigens. Gegenüber der Berliner Zeitung erklärte Pürner, dass er wegen der Schikanen, die ihm aufgrund seiner Corona-Kritik widerfahren sind, juristische Schritte eingeleitet hat. Trotz seines Erfolgs vor Gericht wartet er noch immer auf seine Rehabilitierung. Der Freistaat Bayern beteuerte vor dem Amtsgericht, die Versetzung von Pürner an das LGL sei keine Bestrafung gewesen.
„In mir brennt der Wille zur Aufarbeitung, grundsätzlich, aber auch persönlich. Mir ist in den letzten drei Jahren so viel Negatives widerfahren. Ich rede ganz offen von Schikanen und Mobbing. Aufseiten meines Dienstherrn gibt es nicht mal das Anzeichen eines Entgegenkommens. Also habe ich nach vielen Versuchen, das Ganze intern zu klären, Klage wegen Mobbings und Fürsorgepflichtverletzungen eingereicht. Wir klagen auf Schadensersatz und Unterlassung.“
Pürner bereit für den Einzug ins Europaparlament
Anfang des Jahres findet Dr. Friedrich Pürner seine politische Heimat in der Partei von Sahra Wagenknecht (BSW). Er erklärt, dass vor allem Wagenknechts Geradlinigkeit und Mut, auch gegen den Strom zu schwimmen, ihn dazu bewogen haben, in die Politik einzusteigen. Zuletzt hielt er Vorträge in Bayern über die Corona-Zeit unter dem Titel „Man hätte es besser wissen können – Corona-Aufarbeitung und Debattenkultur“.
Auf EU-Ebene beabsichtigt er, sich mit gesundheitspolitischen Themen zu befassen. Pürner betrachtet den Einfluss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kritisch und will sich auch für die Bekämpfung von Lobbyismus und Intransparenz sowie für die Überprüfung überbordender Regelungen einsetzen. Als Vater von drei Söhnen möchte er sich außerdem für die Meinungsfreiheit stark machen, die seiner Meinung nach in Deutschland zuletzt deutlich gelitten habe. Er beklagt, dass viele Menschen sich aus Angst, in eine bestimmte Ecke gedrängt zu werden, nicht mehr trauen, ihre Meinung frei zu äußern. Pürners Beamtenverhältnis wird während seines EU-Mandats ruhen. Aufgrund der unangenehmen beruflichen Zeit, die hinter ihm läge, habe er sich gewünscht, das Mandat zu bekommen.