Die Freie Demokratische Partei (FDP) befindet sich in einem beispiellosen Niedergang. In den aktuellen Umfragen stürzt sie ab, und der liberale Justizminister Marco Buschmann scheint sich entschlossen zu haben, diesen freien Fall mit einer besonders bizarren Rhetorik zu beschleunigen. Er spricht von „Sozialschädlichkeit“ und „Gemeinwohl“. Das sind Begriffe, die nicht nur einen tiefen Widerspruch zu den liberalen Grundsätzen der Partei darstellen, sondern auch beunruhigend an die autoritären Diktaturen des 20. Jahrhunderts erinnern. Buschmann und die FDP stehen sinnbildlich für den Verrat am eigenen Ideal der Freiheit und die bedenkliche Verquickung von Staatsmacht und Moral.
Freiheit? Das war einmal
Einst galt die FDP als die Partei der Freiheit. Sie stand für den Schutz des Individuums vor staatlichen Übergriffen und für die unerschütterliche Überzeugung, dass der Staat sich aus dem Leben der Bürger weitgehend heraushalten sollte. Buschmann scheint diese Prinzipien längst über Bord geworfen zu haben. Sein jüngster Vorstoß zur Verschärfung des Strafrechts, um „gemeinwohlschädliche“ Handlungen zu bekämpfen, wirkt wie eine bittere Satire auf das, wofür die FDP einst stand.
Ein kurzer Rückblick: In seiner Abschiedsrede als Parteichef der FDP beschwor Guido Westerwelle das liberale Selbstverständnis der Partei, insbesondere die Verteidigung der Bürgerrechte und das ausgewogene Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Für ihn war die Freiheit unantastbar, der Bürger stand immer an erster Stelle, der Staat folgte. Westerwelle warnte eindringlich davor, unter dem Vorwand der Sicherheit jedes Bürgerrecht infrage zu stellen.
Seither hat sich die FDP jedoch verändert. Das einstige unerschütterliche Bekenntnis zu den Freiheitsrechten ist opportunistischen und gegensätzlichen Anpassungen gewichen, die gerade in Krisenzeiten der letzten Jahre deutlich wurden. Die Fokussierung scheint sich verändert zu haben – von den Bürgern hin zu den Interessen der aktuellen Narrative. Es wirkt so, als ob der Justizminister der Überzeugung ist, dass der Staat klären müsse, was dem „Gemeinwohl“ zuträglich ist. Aus seiner Sicht sei es notwendig, Menschen, die sich für dieses Wohl engagieren, besonders zu schützen, sei es in der Flüchtlingshilfe, der Politik oder im Journalismus.
Die Rückkehr der „Sozialschädlinge“
Es kommt nicht von ungefähr, dass Buschmanns Rede an düstere Zeiten erinnert. Der Begriff „Sozialschädlichkeit“ weckt Assoziationen an totalitäre Regime. Die DDR sprach von „Schädlingen“ und „Hetzern“, um jene zu kriminalisieren, die sich gegen das Kollektiv stellten. Auch das Dritte Reich kannte die Idee des „Volksschädlings“, einer Rhetorik, die dazu diente, jeden, der nicht den Vorgaben des Staates entsprach, zu unterdrücken. Natürlich bedient Buschmann sich nicht direkt dieser Begrifflichkeiten, doch seine Worte schwingen unheilvoll in einem ähnlichen Frequenzbereich.
In seiner Rede forderte er, Straftaten stärker zu sanktionieren, „deren Sozialschädlichkeit über die Schädigung des Opfers hinausgeht.“ Es ist schwer zu übersehen, wie diese Ausdrücke eine moralische Überlegenheit beanspruchen, die dem liberalen Gedankengut diametral entgegensteht.
Eine gefährliche Annäherung an sozialistische Grundwerte
Marco Buschmann ist allerdings nicht der erste FDPler, der sich dieser Sprache bedient. Schon während der sogenannten Coronapandemie diffamierte Rainer Stinner „Impfverweigerer“ als „Sozialschädlinge“ und offenbarte einen tiefgreifenden Wandel innerhalb der FDP, die anscheinend in den Jargon autoritärer Kontrolle verfällt.
Diese Wortwahl spiegelt eine zunehmende Entmenschlichung derjenigen wider, die sich gegen den vorherrschenden Konsens stellen. Es ist eine Sprache, die bewusst spaltet und darauf abzielt, bestimmte Bevölkerungsgruppen als Bedrohung für das „Gemeinwohl“ zu markieren. Diese politische Rhetorik ist eine Sprache, die bewusst spaltet und darauf abzielt, bestimmte Bevölkerungsgruppen als Bedrohung für die Gesellschaft zu markieren. Die Verwendung des Begriffs verweist jedoch nicht nur auf eine vermeintliche moralische Überlegenheit der Machthaber, sondern erinnert an Grundwerte des Sozialismus. Im sozialistischen Denken wird das „Gemeinwohl“ oft als kollektives Ziel betrachtet, das über individuelle Interessen hinausgeht. Die Idee ist, dass der Staat und die Gemeinschaft zusammenarbeiten müssen, um soziale Gerechtigkeit und Gleichheit zu fördern. In diesem Kontext dient das Wohl der Gemeinschaft häufig als Rechtfertigung für staatliche Eingriffe in die Wirtschaft und für soziale Programme, die das Ziel verfolgen, repressive Strukturen, Überwachung und die Unterdrückung bürgerlicher Freiheiten zu etablieren.
Der Verrat
Buschmanns Versuche, seine fragwürdige Ausdrucksweise in den politischen und rechtlichen Diskurs zu integrieren, sind gefährlich. Das „Gemeinwohl“ ist ein dehnbarer Begriff, dessen Auslegung völlig dem politischen Zeitgeist unterworfen ist. Wer bestimmt, was zum derzeitigen Gemeinwohl gehört? Und warum sollte eine Kritik an diesem fragwürdigen Ideal strenger bestraft werden als andere Straftaten?
Die Realität ist: Die FDP scheint zunehmend bereit, ihre ursprünglichen Prinzipien zu verraten. Denn die Gesetzesänderung, die ursprünglich dem Schutz von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften galt, zeigt nun einen geradezu orwellschen Kontrollwahn: Kritik an der Regierung oder an der Flüchtlingspolitik könnte demnach als ebenso „gemeinwohlschädlich“ abgestempelt und entsprechend geahndet werden. Diese Politisierung des Strafrechts riecht nach Zensur, auch wenn sie, wie es die derzeitige Politik in fast allen Bereichen gerne praktiziert, mit edlen Absichten kaschiert wird.
Ein Schritt zu weit
Der Justizminister lässt keine Zweifel daran, dass sein Gesetz weitreichende Konsequenzen haben wird. Bereits eine Straftat, die „geeignet“ ist, eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit zu beeinträchtigen, könnte zu härteren Strafen führen, auch wenn keine tatsächliche Beeinträchtigung erfolgt. Die Grenze zwischen Gesetz und Gesinnungsrecht verschwimmt zunehmend. Der Versuch, die Gesellschaft durch die strafrechtliche Verfolgung von „sozialschädlichem“ Verhalten zu disziplinieren, offenbart eine zutiefst paternalistische Haltung, die Liberale vor einigen Jahren noch erbittert bekämpft hätten.
„Deshalb geben wir den Gerichten im Rahmen der Strafzumessung die Möglichkeit, in solchen Fällen künftig höhere Strafen zu verhängen.“
Marco Buschmann / Bundesregierung
Diese nebulöse Gesetzesauslegung erinnert zudem an frühere Systeme, in denen der Staat festlegte, was „gut“ und „böse“ sei. Damit wird das „Gemeinwohl“ plötzlich zu einem Instrument, um Kritik zu ersticken und unbequeme Meinungen zu marginalisieren.
Die letzte Bastion des Liberalismus – abgeschafft
Die FDP sieht sich gern als die letzte Bastion des Liberalismus in Deutschland. Doch angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen muss man fragen: Was ist daran noch liberal? Einst ein Verfechter der individuellen Rechte, hat die Partei nun kollektivistische Ideologien angenommen und unterstützt Gesetze, die sowohl die Meinungsfreiheit einschränken als auch das Strafrecht im Namen der Sicherheit verschärfen. Ihre Anbiederung an den Staat und das Streben nach staatlicher Anerkennung zeigen, dass die FDP in der politischen Realität des Machterhalts angekommen ist – auf Kosten ihrer eigenen Prinzipien.
Im Jahr 2024 scheint die Partei von sich selbst dermaßen entfremdet, dass ihre Zukunft fraglicher ist denn je. Ein Gesetz, das den Begriff des „Gemeinwohls“ auf fragwürdige Weise überdehnt, kann der FDP nicht den ersehnten Aufschwung bringen. Es bleibt zu hoffen, dass sie sich noch einmal besinnt, bevor sie endgültig in der Bedeutungslosigkeit versinkt.