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Pager-Explosionen im Libanon
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Geheimdienst-Operation oder Terrorakt? Pager-Explosionen in Beirut

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Mehrere Explosionen im Libanon haben die Hisbollah-Miliz überrascht. In den Kommunikationspagern der Terrororganisation war Sprengstoff versteckt. Was ist bisher bekannt?
Zusammengefasst

Am Dienstagnachmittag, dem 17. September 2024, erschütterte eine Serie gleichzeitiger Explosionen Beirut. Die Detonationen trafen Hunderte Pager in verschiedenen Stadtteilen, vor allem in den südlichen Bezirken der libanesischen Hauptstadt. Pager sind kleine Kommunikationsgeräte, die kurze Nachrichten empfangen können. Laut dem libanesischen Gesundheitsministerium kamen bei dem Vorfall mindestens zwölf Menschen ums Leben und nahezu 3000 Personen wurden verletzt. Die genaue Ursache und der Urheber dieser Explosionen bleiben noch unklar, doch die Art und Weise des Angriffs deutet stark auf eine koordinierte Operation hin.

BBC / Explosion in einem Supermarkt

Opfer und Verletzungen

Die meisten Explosionen ereigneten sich in den südlichen Stadtteilen Beiruts, die als Hochburg der schiitischen Miliz Hisbollah bekannt sind. Unter den Verletzten befinden sich laut Medienberichten zahlreiche Mitglieder der Hisbollah, darunter auch Angehörige der Elitetruppe Radwan. Auch der iranische Botschafter Amani, der laut Berichten, nur leichte Verletzungen davontrug, war von dem Angriff betroffen. Die Verletzungen der Opfer sind vielfältig und umfassen unter anderem schwere Augenverletzungen, fehlende Finger sowie schwere Wunden an Hüfte und Oberschenkel. Ein Augenarzt in einem der großen Spitäler in Beirut berichtete von einer überwältigenden Anzahl schwerer Augenverletzungen, die teils sofortige chirurgische Eingriffe erforderten. Einige Opfer mussten wegen der hohen Anzahl von Verletzten bis zu 24 Stunden auf eine Operation warten. Sulaiman Harun, Leiter des Krankenhaus-Syndikats im Libanon, bestätigte, dass das Gesundheitssystem des Landes bei der Bewältigung der großen Anzahl an Verletzten an seine Grenzen stieß.

Ermittlungen und Verdachtsmomente

Die Ermittlungen zur Ursache der Explosionen deuten darauf hin, dass Tausende von Pagern mit Sprengstoff präpariert und ferngesteuert detoniert wurden. Berichten zufolge empfingen die Geräte um 15:30 Uhr eine Nachricht, die offenbar von der Hisbollah-Führung gesendet wurde und den Sprengstoff zur Explosion brachte. Die New York Times berichtete unter Berufung auf mehrere Quellen, dass Israel möglicherweise die Pager während des Transports abgefangen und mit Sprengstoff präpariert haben könnte. Demnach könnte es sich um eine Operation handeln, bei der die Pager vor ihrer Auslieferung manipuliert wurden. Dies wäre eine außergewöhnlich komplexe Form eines Angriffs auf die Lieferkette, bei der der Sprengstoff neben der Batterie in den Geräten installiert und über einen Schalter ferngesteuert gezündet wurde.

In den ersten Stunden nach dem Vorfall kamen Spekulationen auf, dass ein Cyberangriff die Batterien der Pager überhitzt und zur Explosion gebracht haben könnte. Experten betonen jedoch, dass Batterien allein in der Regel nicht zu solch massiven Explosionen führen. Falls sich herausstellt, dass die Pager tatsächlich mit Sprengstoff präpariert waren, würde es sich um einen seltenen und komplexen Angriff auf die Hardware handeln, der präzise Planung und Handhabung erfordert. Wie aus einem Bericht des amerikanischen Nachrichtenportals Axios hervorgeht, der sich auf Aussagen eines ehemaligen israelischen Beamten stützt, könnte der ursprüngliche Plan Israels vorgesehen haben, die Pager als Auftakt zu einer umfassenden Offensive gegen die Hisbollah zu zünden. Es wird jedoch spekuliert, dass Israel, aus Angst vor einer möglichen Enttarnung des Plans durch die Hisbollah, die Operation möglicherweise vorzeitig durchgeführt hat.

Herkunft und Verbreitung der Geräte

Nach Informationen des Wall Street Journal hatte die Hisbollah erst kürzlich Pager des Modells AP-924, die das Logo der taiwanesischen Firma Gold Apollo tragen, erhalten und im Libanon, im Iran und in Syrien unter ihren Mitgliedern verteilt. Die genaue Herkunft sowie die Bedingungen der Herstellung und Lieferung der Pager bleiben jedoch weitgehend im Dunkeln. Der ORF berichtet, dass Gold Apollo erklärte, dass die Pager nicht von der Firma selbst, sondern von der in Ungarn ansässigen Firma BAC produziert worden sind. Die firma BAC scheint jedoch lediglich als Lizenznehmer zu fungieren, und es gibt Zweifel an deren tatsächlicher Produktionskapazität. Untersuchungen zeigen, dass der offizielle Sitz von BAC in Budapest nur eine Briefkastenfirma ist und die Geschäftsführerin von BAC lediglich als Zwischenhändlerin auftritt.

Politische und militärische Reaktionen

Der Angriff hat die bereits angespannten Beziehungen zwischen Israel und der Hisbollah weiter verschärft. Die Hisbollah hatte am 8. Oktober 2023 einen Grenzkrieg gegen Israel begonnen, um die Hamas im Gazastreifen zu unterstützen. Der Vorfall vom Dienstag hat die Spannung auf ein neues Niveau gehoben. Die israelische Regierung hat ihre Alarmbereitschaft erhöht und Sicherheitsmaßnahmen entlang der Nordgrenze verschärft. Es gibt Berichte, dass Israel möglicherweise plant, eine größere Offensive gegen die Hisbollah zu starten, obwohl dies bisher noch nicht geschehen ist. Die israelischen Streitkräfte haben ihre Luftabwehr und die Luftwaffe in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt und eine Elite-Division von der Grenze zum Gazastreifen an die Grenze zu Libanon verlegt. Mehrere Fluggesellschaften haben ihre Flüge nach Tel Aviv und Beirut gestrichen, darunter Lufthansa und Air France.

Hisbollah unter Druck: Eskalation nach israelischen Angriffen droht

Die Hisbollah ist eine schiitisch-islamistische militante Organisation und politische Partei im Libanon. Sie wurde in den frühen 1980er Jahren gegründet, ursprünglich als Reaktion auf die israelische Invasion im Libanon 1982. Ihr Hauptziel ist die Schaffung eines islamischen Staates im Libanon und die Bekämpfung des westlichen Einflusses in der Region, insbesondere des Einflusses der USA und Israels. Der aktuelle Konflikt zwischen Israel und Palästinensern sowie die instabile politische Lage im Libanon beeinflussen die Handlungsweise dieser Gruppe erheblich.

In den letzten Wochen hat die Hisbollah vermehrt militärische Reaktionen auf israelische Angriffe gezeigt. Möglicherweise wird die Gruppe ihre Unterstützung für palästinensische Organisationen wie die Hamas weiter intensivieren. Gleichzeitig könnte sie versuchen, ihre interne politische Stellung im Libanon zu festigen, um der wirtschaftlichen Krise des Landes entgegenzuwirken.

Die jüngsten Entwicklungen im Libanon deuten auf eine gefährliche Eskalationsstufe hin, besonders im Kontext der Beziehungen zwischen Israel und der Hisbollah. Die Reaktion der Hisbollah auf diese Art der Kriegsführung dürfte mit großer Entschlossenheit erfolgen. Die Organisation hat Israel für die vermeintlich koordinierten Explosionen von Hunderten tragbarer Funkempfänger verantwortlich gemacht und Vergeltung angekündigt. Nach Angaben der Jüdischen Allgemeinen kündigte die pro-iranische Schiitenorganisation an, dass der „israelische Feind“ die volle Verantwortung für die „kriminelle Aggression“ tragen wird. Israel werde eine „gerechte Vergeltung“ für diese „sündige Aggression“ erhalten. Ob die Hisbollah sich zu einem offenen Krieg hinreißen lässt, bleibt jedoch weiterhin fraglich.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

Eine Antwort

  1. Netter Versuch, den Konflikt irgendwie „neutral“ zu beschreiben. Dabei wird aber leider unterschlagen, dass es sich bei den „Konfliktparteien“ einerseits um einen völkerrechtlich anerkannten Staat mit einer demokratisch legitimierten Regierung handelt (Israel) und andererseits um eine terroristische Mörderbande (Hisbollah), die sich mit der ebenso terroristischen Hamas verbündet hat, um Israel zu vernichten und möglichst viele Juden zu töten. Dieser gewaltige Unterschied sollte sich in einer seriösen Berichterstattung wiederspiegeln!

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