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Verbotene Urlaubsreise
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Widerspruch im Flüchtlingsschutz: Afghanen reisen in ihre Heimat

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Es ist 1984
Morgens um 6:00 Uhr in Deutschland
Michael Wendler
Reisen trotz Verfolgung? Eine RTL-Reportage enthüllt, mit welchen Tricks deutsche Reisebüros den Weg nach Afghanistan ebnen.
Zusammengefasst

Laut Recherchen der RTL-Sendung „Extra“ nutzen Afghanen in Deutschland zunehmend raffinierte Methoden, um unbemerkt nach Afghanistan zu reisen. Obwohl sie aufgrund ihres Flüchtlingsstatus verpflichtet sind, ihr Herkunftsland nicht zu betreten, gelingt es vielen, diese Beschränkungen zu umgehen.

Im Stadtteil St. Georg in Hamburg hat sich der Steindamm zu einem Brennpunkt für diesen heimlichen Reisetrend entwickelt. Hier haben sich zahlreiche Reisebüros etabliert, die sich auf die Organisation von Reisen nach Afghanistan spezialisiert haben. Dieser Ort hat sich, laut den Recherchen, zu einem Knotenpunkt für afghanische Urlaubsreisen entwickelt.

Urlaubsbilder aus der Heimat

Auf sozialen Medien wie TikTok wird zunehmend sichtbar, dass Afghaninnen und Afghanen, die in Deutschland leben, regelmäßig in ihre alte Heimat reisen und Bilder ihrer Erlebnisse teilen. Ist Afghanistan tatsächlich sicherer, als behauptet wird? In einem Interview mit „RTL Extra“ berichten afghanische Geflüchtete, dass viele Afghanen aus Europa derzeit für Urlaubsreisen zurückkehren, unter anderem aus London und Deutschland. Ein afghanischer Rückkehrer erklärt: „Viele Afghanen aus Europa gehen aktuell für Urlaub zurück.“ Zudem wird von einer jungen Afghanin berichtet, die Taliban seien „nett“.

Screenshot / RTL Extra (Min. 5:31)

Afghanen nutzen Visa-Tricks für Heimreisen

Die Recherchen am Hamburger Steindamm zeigen, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt. Laut Statista lebten im vergangenen Jahr in Deutschland über 400 000 Menschen mit afghanischer Staatsangehörigkeit, darunter etwa 60 000 mit einem „Blauen Pass“. Dieser spezielle Reiseausweis wird an in Deutschland anerkannte „Asylberechtigte“ und „Flüchtlinge“ als Ersatz für ihren ursprünglichen Reisepass ausgestellt. Neben diesen „Blauen Pässen“ gibt es auch Afghanen mit deutschem Aufenthaltstitel, die mit ihren afghanischen Pässen reisen. Laut den Reisebürobetreibern reisen jede Woche Hunderte Afghanen über Hamburg in ihr Heimatland. Diese Reisen verlaufen oft über die Türkei und den Iran bis nach Afghanistan. Die Reisebüros am Steindamm bestätigen immer wieder, dass sie diese Reisen problemlos organisieren können. Die Beauftragten der Büros geben an, dass es keine Schwierigkeiten gibt, diese Art von Visa zu erhalten oder die Reisen entsprechend zu arrangieren. Auf Nachfrage antworten verschiedene Reisebüros immer wieder: „Machen wir. Kein Problem.“ 

Besonders bemerkenswert ist der Einsatz von „Double Entry Visas“ durch iranische Behörden, der den Reiseweg von Hamburg über Teheran nach Kabul und zurück ermöglicht. Reisende geben beim Check-in und an den Grenzkontrollen an, dass ihr Ziel Iran ist, während sie tatsächlich nach Afghanistan reisen.
Der Trick besteht darin, dass das Visum nicht im Pass, sondern als separates Blatt Papier eingeklebt wird. Dies ermöglicht es den Reisenden, bei ihrer Rückkehr nach Deutschland die Stempel aus Afghanistan zu verbergen. Die deutschen Behörden werden dadurch oft nicht auf die tatsächliche Reiseroute aufmerksam. Jede Woche, so berichten die Reisebüros, nutzen Hunderte von Afghanen diese Methode, um so ihre Heimreise zu organisieren.

Reaktion der deutschen Behörden

Die deutschen Behörden scheinen von diesem Problem nur bedingt Kenntnis zu haben. Auf die Frage, ob das Bundesinnenministerium über diese Heimaturlaube informiert sei, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser gegenüber RTL, dass dies nicht in den Zuständigkeitsbereich ihres Ministeriums fällt.

„Also erstmal ist es nicht unsere Aufgabe als Bundesinnenministerium, sondern der örtlichen Ausländerbehörden, darauf zu achten, dass so was nicht passiert.“

Nancy Faeser / ntv

Thorsten Frei, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Innen- und Rechtspolitik, äußerte sich empört über die unzureichende Datenerfassung und das fehlende Engagement des Innenministeriums. Er bemängelt, dass es an der nötigen Aufmerksamkeit und Systematik fehlt.

Heiko Teggatz, Vorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft, fordert dringend gesetzliche Änderungen. Er kritisiert, dass Visa als lose Blätter ausgestellt werden, die nicht ausreichend Kontrolle bieten. Zusätzlich bemängelt er, dass die Bundespolizei nicht ausreichend Personal hat, um die Ausreisen neben der regulären Sicherheitskontrolle zu überwachen.

„Die Bundesregierung muss jetzt umgehend ein Gesetz erlassen, solche Visa fest in die Reisepässe einzubringen. Es ist für mich schleierhaft, wie ein Visum, das wie ein Beipackzettel in den Pass gelegt wird, überhaupt eine Gültigkeit entwickeln kann. Wenn Sie nach Österreich fahren und eine Autobahnvignette kaufen müssen, dann müssen Sie die auch an die Windschutzscheibe kleben und nicht einfach nur auf das Armaturenbrett legen.“

Heiko Teggatz / ntv

Diskrepanz zwischen Abschiebepraxis und Realität

Besonders bemerkenswert ist, dass diese Reiseangebote existieren, obwohl Deutschland eine klare und konsequente Position gegenüber Abschiebungen nach Afghanistan vertritt. Schwerwiegende Straftäter werden aufgrund der als unsicher geltenden Lage und der andauernden politischen Instabilität im Land nicht zurückgeschickt. Die Tatsache, dass Flüchtlinge trotz der restriktiven Abschiebepraxis in der Lage sind, ihre alte Heimat zu besuchen, legt nahe, dass es im Bereich der Reiseüberwachung und der Einhaltung von Flüchtlingsregelungen eklatante Lücken gibt. Zusätzlich stellt sich die Frage, ob viele Flüchtlinge tatsächlich aus Gründen der Verfolgung oder aufgrund finanzieller Anreize nach Deutschland kommen?

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

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