Dubiose Wiederwahl von Nicolás Maduro
Die Präsidentschaftswahl in Venezuela, die am 28. Juli 2024 stattfand, führte zu der zweifelhaften Wiederwahl von Nicolás Maduro. Die offiziellen Ergebnisse wurden ursprünglich am 29. Juli bekannt gegeben, was sofort zu massiven Protesten führte. Neun internationale Organisationen verurteilen die mangelnde Transparenz, so Human Rights Watch. Aufgrund der Kontroversen und Vorwürfe von Wahlbetrug durch die Opposition und internationale Beobachter verzögerte sich die endgültige Veröffentlichung der Ergebnisse durch den Nationalen Wahlrat Venezuelas (CNE) bis zum 2. August 2024. Diese verspätete Bekanntgabe war wahrscheinlich ein Versuch, die anhaltenden Spannungen und Unruhen im Land zu beruhigen.
Willkür bei der Anwendung von Antiterrorgesetzen
Die Journalisten wurden im Zuge der Proteste festgenommen und wegen „Terrorismus“ angeklagt. Eine Journalistengewerkschaft erklärte laut verschiedener Medienberichte: „Wir verurteilen die illegale und willkürliche Anwendung der Antiterrorgesetze in Venezuela, insbesondere gegen Journalisten, die während der Proteste nach den Wahlen im Land inhaftiert wurden“. (u.a.: Barron’s, Focus)
Die betroffenen Journalisten, die Fotografen Yousner Alvarado und Deisy Peña, der Kameramann Paúl León sowie der Journalist José Gregorio Carneiro, haben offenbar keinen Zugang zu ihren Anwälten. Insgesamt wurden laut Menschenrechtsorganisationen bei den Protesten mehr als 2200 Personen festgenommen, wobei mindestens 24 Menschen ums Leben kamen. In Venezuela kann Terrorismus mit bis zu 30 Jahren Haft bestraft werden.
Reporter ohne Grenzen (RSF) berichten, dass der Journalismus in Venezuela durch die Herrschaft Nicolás Maduros mit deutlichen Einschränkungen und restriktiven Maßnahmen zu kämpfen hat:
„Journalism is heavily restricted in Venezuela. Reporters are often beaten or threatened in the course of their work during elections or political conflicts. As President Maduro controls both the attorney general’s office and the ombudsman’s office, neither helps to guarantee the safety of journalists, with the result that physical or verbal violence against them is seldom investigated.“
„Der Journalismus ist in Venezuela stark eingeschränkt. Bei Wahlen oder politischen Konflikten werden Reporter im Rahmen ihrer Arbeit häufig geschlagen oder bedroht. Da Präsident Maduro sowohl das Büro des Generalstaatsanwalts als auch das Büro des Ombudsmanns kontrolliert, trägt keiner von beiden dazu bei, die Sicherheit von Journalisten zu gewährleisten, so dass körperliche oder verbale Gewalt gegen sie selten untersucht wird.“
(Ombudsmann: Person oder Behörde, die Wahrung der Rechte überwacht sowie staatliche Verwaltungs- oder Dienststellen kontrolliert)
Reporters without Borders (RSF)
Ergebnis wurde von allen Seiten angezweifelt
Der Wahlrat teilte unmittelbar nach der Wahl am 28. Juli mit, Maduro habe die Wiederwahl mit 51,2 Prozent der Stimmen gewonnen, während der Oppositionskandidat Edmundo González Urrutia 44,2 Prozent erhielt. Das Oppositionsbündnis beharrte aber darauf, 70 Prozent der Stimmen erhalten zu haben, so die Hindustan Times.
Der Gegenkandidat äußerte sich selbst zur Wahl:
„If I go to the electoral chamber (of the Supreme Court) in these conditions I will be totally vulnerable due to powerlessness and violation of due process and I will put at risk not only my freedom but, more importantly, the will of the Venezuelan people as they expressed on July 28,“ González said in a letter posted on 𝕏 on Wednesday.
„Wenn ich mich unter diesen Bedingungen in die Wahlkammer (des Obersten Gerichtshofs) begebe, bin ich aufgrund meiner Ohnmacht und der Verletzung eines ordnungsgemäßen Verfahrens völlig schutzlos und setze nicht nur meine Freiheit, sondern vor allem den Willen des venezolanischen Volkes, den es am 28. Juli zum Ausdruck gebracht hat, aufs Spiel“, so González in einem am Mittwoch auf 𝕏 veröffentlichten Brief.
Reuters
Darüber hinaus heißt es in dem Brief des Opponenten:
„Die verfassungsmäßigen und gesetzlichen Befugnisse der Wahlbehörde werden missachtet und in eklatanter Weise verletzt (u.a. Artikel 293 der Verfassung und Artikel 33 des Organgesetzes der Wahlbehörde). Der Nationale Wahlrat (CNE) hat es versäumt, seine Aufgaben im Zusammenhang mit dem Wahlverfahren zur Wahl des Präsidenten der Republik für die Amtszeit 2025-2020 zu erfüllen. […]
Die in den geltenden Vorschriften vorgeschriebenen Prüfungen wurden nicht durchgeführt. Der NEC hat noch kein verfassungs- und gesetzeskonformes Ergebnis der Präsidentschaftswahlen vorgelegt. Es ist Aufgabe des NEC, die Transparenz und Zuverlässigkeit des Wahlprozesses zu gewährleisten, was erst mit der Veröffentlichung der authentischen Auszählungslisten geschehen kann. Zeugen der teilnehmenden politischen Organisationen haben der von mir vertretenen Kandidatur Kopien der Stimmzettel zur Verfügung gestellt, die meinen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen belegen.“
Auszug Brief González auf 𝕏, in Deutsch übersetzt
Internationale Kritik
Auch internationale Reaktionen verhielten sich ähnlich. Der Präsident Costa Ricas, Rodrigo Chaves, bezeichnete das offizielle Wahlergebnis als „betrügerisch“, während der Präsident Chiles es als „schwer zu glauben“ einstufte. Peru zog seinen Botschafter zur Beratung über die Ergebnisse ab. US-Außenminister Antony Blinken äußerte „ernste Bedenken“, dass das Ergebnis nicht den Willen der venezolanischen Wähler widerspiegle. Unabhängige Umfragen hatten prognostiziert, dass die Wahl das Ende von 25 Jahren „Chavismo“ markieren würde, der populistischen Bewegung des verstorbenen Hugo Chavez, Maduros Mentor. Seit 2013 regiert Maduro den einst reichen Petrostaat (Ressourcenreicher Staat), dessen BIP innerhalb eines Jahrzehnts um 80 Prozent gesenkt wurde und mehr als sieben Millionen der 30 Millionen Einwohner zur Auswanderung bewegte. Maduro wird vorgeworfen, autoritäre Maßnahmen zu ergreifen, um an der Macht zu bleiben. Dazu gehören die Inhaftierung von Oppositionellen, Einschränkungen der Pressefreiheit und die Auflösung der Nationalversammlung zugunsten einer regierungstreuen Verfassungsgebenden Versammlung.
Die EU lehnt die Anerkennung der Wahl nach wie vor ab:
„Jeder Versuch, die vollständige Veröffentlichung der offiziellen Wahlprotokolle zu verzögern, wird nur weitere Zweifel an deren Glaubwürdigkeit aufkommen lassen.“
Auszug Erklärung Europäischer Rat, 4. August 2024, ZDF heute