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Doppelmoral in der Justiz
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Doppelmoral: Wie die Justiz mit Kritik an Grünen und AfD verfährt

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Ein Urteil in Bayern gegen einen Kritiker der Grünen zeigt die inkonsistente Anwendung der Rechtsprechung, während ähnliche Äußerungen gegen die AfD oft legitimiert werden.
Zusammengefasst

Das Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts und die damit verbundene Bewertung der fraglichen Facebook-Grafik als „geistige Brandbeschleunigung“ sind rechtlich und gesellschaftlich kritisch zu betrachten. Insbesondere die weitreichende Interpretation des Volksverhetzungstatbestands nach § 130 StGB in Verbindung mit Meinungsäußerungen könnte so interpretiert werden, dass sie auch legitime, aber provokante Meinungsäußerungen unter Strafe stellen. Die Entscheidung könnte also als überzogene Einschränkung des verfassungsrechtlich garantierten Rechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG verstanden werden und das Risiko bergen, eine unangemessene Einengung des politischen Diskurses zu legitimieren.

Der Sachverhalt

Wie die WELT berichtet, hatte im Ausgangsfall ein 62-jähriger Mann auf Facebook eine hetzerische Äußerung gegen die Partei der Grünen verbreitet. Er teilte eine Grafik, die den Reichsadler und die Parteisymbolik der Grünen in einem Zusammenhang darstellte. Unter der Abbildung stand: „Der Nazi von heute ist nicht braun, sondern grün!!! Grünes Reich – Sein Holocaust ist der Mord am eigenen Volk“.

Quelle / WELT

Das Amtsgericht Kulmbach bewertete dies als eine Verharmlosung des Holocausts und verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 60 Euro wegen Volksverhetzung.

Die juristische Bewertung

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil wies das Bayerische Oberste Landesgericht zurück und bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts Kulmbach. Besonders spannend ist die Argumentation, dass die geteilte Grafik in einer politisch aufgeheizten Situation mit bereits stattfindenden aggressiven Aktionen gegen Vertreter der Grünen eine Gefahr für den öffentlichen Frieden darstelle. Die Grafik wirke dabei als „geistige Brandbeschleunigung“ und könne Gewaltakte fördern.

Laut Urteil sei die Bevölkerung durch die Gleichsetzung der Grünen mit dem Nationalsozialismus emotional aufgewiegelt worden. Der Vergleich suggeriere, dass die Grünen eine Unrechtsherrschaft wie jene des NS-Regimes etablierten, was den Eindruck erwecken könne, dass es notwendig sei, gegen die Grünen – auch gewaltsam – vorzugehen. Dies werde durch die Aufladung der politischen Situation verstärkt, so dass sich Bürger als legitimierte „Widerstandskämpfer“ fühlen könnten. Diese aggressive Emotionalisierung senke nach Auffassung des Gerichts die Hemmschwelle für Gewaltakte, insbesondere in einem bereits polarisierten politischen Klima.

Hierzu verweist das Gericht zudem auf mehrere „aggressive Übergriffe“ gegen Mitglieder der Partei Die Grünen, die in letzter Zeit zu beobachten gewesen seien. So habe Vizekanzler Robert Habeck im Januar aufgrund eines wütenden Mobs eine Fähre nicht verlassen können. Im Februar haben die Grünen eine Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch absagen müssen, nachdem es teilweise zu heftigen Protesten gekommen sei.

Meinungsfreiheit oder Volksverhetzung?

Die Meinungsfreiheit ist in Deutschland grundrechtlich durch Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützt. Eine Einschränkung dieses Rechts ist jedoch dann zulässig, wenn die geäußerte Meinung geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu gefährden. Der Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB greift ein, wenn durch Äußerungen gegen eine Gruppe gehetzt, zu Gewalt aufgerufen oder Straftaten gerechtfertigt werden. In der juristischen Bewertung des Bayerischen Obersten Landesgerichts wird ausdrücklich betont, dass die Meinungsfreiheit auch für scharfe, polemische und selbst rechtsextreme Aussagen gilt, solange diese nicht in rechtsgutgefährdende Handlungen umschlagen.

Nach Auffassung des Gerichts sei dieser Post jedoch nicht lediglich eine polemische Kritik, sondern eine Gleichsetzung, die das historisch einzigartige Unrecht des Holocausts verharmlose. Durch diese Bagatellisierung werde nicht nur das Gedenken an die Opfer des NS-Regimes entwürdigt, sondern auch die demokratische Legitimation einer politischen Partei delegitimiert, was zu einer Störung des öffentlichen Friedens führen könne.

Ein umstrittenes Urteil?

Ob der Mann mit der vergleichenden Meinungsäußerung tatsächlich die Verbrechen des NS-Regimes relativieren wollte, bleibt in dem WELT-Artikel ungeklärt. Es handelt sich bei der fraglichen Äußerung um eine pointierte Kritik an der Politik der Grünen, die mit der Ideologie des Nationalsozialismus verglichen wird – ein Vergleich, der sicher überzogen und unpassend ist, aber innerhalb des Rahmens zulässiger Meinungsäußerungen liegen sollte. Auch wenn der Vergleich absurd ist, sollte das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nicht mit der Begründung eingeschränkt werden, dass er emotional aufgeladen ist oder eine historische Komponente beinhalte.

Politische Übertreibungen gehören zur demokratischen Auseinandersetzung, und es wäre gefährlich, sie juristisch zu unterdrücken.
Das Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts könnte somit eine problematische Einschränkung der Meinungsfreiheit darstellen. Die Begründung, dass die streitgegenständliche Äußerung den öffentlichen Frieden gefährde und den Holocaust verharmlose, greift zu kurz und basiert auf spekulativen Annahmen. Politische Meinungsäußerungen müssen auch dann geschützt werden, wenn sie provokant und feindselig sind.

Doppelte Standards in der Meinungsfreiheit? Wie die AfD täglich mit NS-Vergleichen konfrontiert wird

Ein weiterer kritischer Aspekt des Urteils ist, dass die damit verbundene restriktive Auslegung der Meinungsfreiheit offenbar nicht einheitlich auf alle politischen Parteien angewendet wird. Besonders auffällig ist, dass provokante und „gleichsetzende” Äußerungen, wie sie im vorliegenden Fall gegen die Partei Die Grünen sanktioniert wurden, regelmäßig gegen die Alternative für Deutschland (AfD) gerichtet werden – ohne dass vergleichbare strafrechtliche Konsequenzen folgen.

Täglich finden sich in politischen Debatten und den Medien scharfe Angriffe auf die AfD, die oftmals ebenfalls überzogene Vergleiche mit dem Nationalsozialismus oder Extremismus enthalten. Diese Rhetorik wird selten rechtlich geahndet, obwohl sie ebenso geeignet sein könnte, die Emotionen aufzuheizen und die Hemmschwellen für Aggressionen zu senken. Der politische und mediale Diskurs ist in dieser Hinsicht durch eine selektive Handhabung geprägt. Beispielsweise wird die AfD häufig in direktem Zusammenhang mit rechtsextremistischen oder faschistischen Ideologien dargestellt, was ebenfalls eine unzulässige und pauschale Gleichsetzung darstellt. Es ist bemerkenswert, dass ähnliche Vergleiche im Fall der Grünen als „geistige Brandbeschleunigung“ und Gefahr für den öffentlichen Frieden eingestuft werden, während die AfD regelmäßig mit ähnlichen Angriffen konfrontiert wird, ohne dass strafrechtliche Ermittlungen oder Verurteilungen folgen.

Diese selektive Anwendung von Maßstäben in der politischen und juristischen Bewertung von Meinungsäußerungen könnte zu einer Ungleichbehandlung führen und die Glaubwürdigkeit der Meinungsfreiheit als universelles Grundrecht infrage stellen. Wenn extreme, feindliche und vergleichende Aussagen gegen bestimmte politische Parteien wie die Grünen strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, dieselben Methoden jedoch gegen die AfD ohne strafrechtliche Sanktionen angewendet werden, stellt sich die Frage, ob das Grundrecht der Meinungsfreiheit wirklich gleich für alle politischen Akteure gilt.

Die Tatsache, dass die AfD beinahe täglich mit derartigen agressiven Angriffen konfrontiert wird, ohne dass dies als Gefährdung des öffentlichen Friedens oder Volksverhetzung eingestuft wird, verdeutlicht, dass eine einheitliche und konsistente Anwendung des Strafrechts nicht gewährleistet ist. Es bedarf einer neutralen und gleichmäßigen Anwendung des Rechts, um sicherzustellen, dass die Meinungsfreiheit tatsächlich für alle Parteien und politischen Positionen gleichermaßen gilt – unabhängig davon, wie kontrovers oder unerwünscht diese Positionen sein mögen.


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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

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