Lange vor Beginn des Prozesses plädierte der zuständige Richter für eine Einstellung des Verfahrens, während die Staatsanwaltschaft sich dagegen aussprach. Diese Position hat sich mittlerweile umgekehrt, da der Richter nun keine Einstellung mehr anstrebte. Nach Aussage des Prozessbeobachters Sven Niemeyer (HVR-TV 511) waren bei einem ersten Termin, der jedoch vom Richter abgesagt wurde, etwa 30 Zuschauer anwesend. Der neu angesetzte Termin fand heute statt, bei dem erneut etwa 30 Personen die Verhandlung verfolgen wollten.
Zur Sicherung eines störungsfreien Ablaufs war laut Beschluss des Gerichts vor dem Sitzungssaal eine Kontrollstelle für die Besucher eingerichtet worden. Zuschauer mussten sich mittels Ausweisdokuments ausweisen, um den Gerichtssaal zu betreten, zusätzlich zu der inzwischen meist üblichen Durchsuchung nach Waffen und gefährlichen Werkzeugen. Jeder Besucher wurde mit Namen, Geburtsdatum und Wohnadresse in eine Liste eingetragen, welche am Ende des Tages vernichtet wird. Neben gefährlichen Gegenständen waren auch Funk-, Film- und Fotogeräte sowie Tonaufzeichnungsgeräte, Akten- und Einkaufstaschen und Regenschirme abzugeben.
Nicht durchsucht wurden Pressevertreter, die einen gültigen Presseausweis gemäß der „Vereinbarung über die Gestaltung und Ausgabe von bundeseinheitlichen Presseausweisen” vorweisen konnten. Bezüglich der Pressevertreter wurde also mit zweierlei Maß gemessen.
Der gesamte Beschluss ist hier nachzulesen:
Der Prozess erhielt neben dem öffentlichen Interesse auch die Aufmerksamkeit der freien Presse durch den Prozessbeobachter Sven Niemeyer und der örtlichen Presse. Während der Pressevertreter der lokalen Zeitung problemlos Zugang zum Gerichtssaal erhielt, wurde der Presseausweis von Sven Niemeyer nicht akzeptiert. Er habe unter Einhaltung der Auflagen nur als Zuschauer teilnehmen dürfen, so Niemeyer. Dies habe er allerdings abgelehnt, da er sein Handy gemäß der vorgeschriebenen Bedingungen nicht freiwillig der Justiz übergeben wollte.
Zuschauer wird in Ordnungshaft genommen
Während des Prozesses erhob sich ein 72-jähriger Mann und versuchte den Saal zu verlassen, wobei er dabei laut bemerkte, dass alles “Kasperei” sei. Der Richter rief den Mann Namens Willy zurück und ließ ihn laut Zeugenaussage von Silke W. direkt festhalten. Der 72-Jährige wurde aufgefordert zu begründen, wieso er so beleidigend sei. Der Prozessbeobachter äußerte daraufhin seine Mutmaßung, das Ergebnis des Prozesses stünde ohnehin bereits fest. Aufgrund dieses Vorfalls ordnete der Vorsitzende Richter eine eintägige Ordnungshaft an, die sofort vollstreckt wurde. Silke W. äußerte sich nach dem Prozess in einem Video zu den Vorkommnissen.
Zunächst wurde eine Ordnungshaft von 4 Tagen verhängt. Der Betroffene ging jedoch in Beschwerde vor das OLG Celle, welches die Ordnungshaft auf einen Tag abänderte. Nach erster Rücksprache mit der Pressestelle des Gerichts wurde uns mitgeteilt, dass nur eine eintägige Ordnungshaft verhängt wurde. Diese Information seitens der Pressestelle war jedoch nicht korrekt, der Beschluss des OLG Celle liegt uns vor.
Grundsätzlich ist eine Ordnungshaft nicht über die Dauer der Sitzung hinaus auszudehnen1. Die Verhängung der Ordnungshaft scheint hier zudem auch deshalb fragwürdig und unverhältnismäßig, weil der Betroffene laut Zeugenaussagen ohnehin dabei war, den Gerichtssaal zu verlassen.
„Im Namen des Volkes“ – das Urteil
Die Angeklagte Silke W. wurde wegen Volksverhetzung gemäß § 130 (3) Strafgesetzbuch zu 60 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt, die Staatsanwaltschaft hatte eine Tagessatzhöhe von 40 Euro gefordert. Der Richter wies darauf hin, dass vor dem Landgericht Hannover ein ähnlicher Fall verhandelt wird. Sollte dort ein Freispruch erfolgen, könnte sich die Angeklagte darauf berufen und ebenfalls freigesprochen werden. Die Angeklagte hat angekündigt, in Berufung zu gehen.
Das Amtsgericht Nienburg veröffentlichte zu dem heutigen Urteile eine Pressemitteilung auf seiner Webseite.
Anmerkung vom 05.04.2024 um 11 Uhr:
In der ursprünglichen Fassung des obigen Artikels wurde noch ausgeführt, dass Silke W. den Beitrag “nur” gelikt hatte, was von den Beobachtern vor Ort und von Silke W. berichtet wurde.
Die Pressestelle des Gerichts hat uns heute mitgeteilt, dass es um die Weiterleitung eines fremden Beitrags ging, den Silke W. nicht selbst erstellt, sondern nur weitergeleitet hatte. Ob sie den Beitrag auch mit einem Like versehen hatte, war in der Verhandlung nicht diskutiert worden. Die Pressestelle teilte uns aber mit, dass das Weiterleiten als Like zu werten sei, es darauf aber nicht ankäme.
Die Presseabteilung bestätigte auch die eintägige Ordnungshaft für einen Prozessbeobachter.
- Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2022, Rn. 10. Ebenso M. Rehbinder MDR 1963, 641Fn. 4; Kissel/Mayer Rn. 5 ; Zöller/Lückemann Rn. 3; aA BLHAG/Becker Rn. 5.
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6 Antworten
Ich möchte es einmal rechtlich (fast) nicht angreifbar sagen, was ich zu sagen habe: Es soll Gerichte geben in Deutschland, die Zweifel an der deutschen Justiz aufkeimen lassen, leider Gottes ist dem so. Abgesehen davon, scheint mir aber ein Gerichtssaal kein passender Ort für die Aufführung eines Kasperle-Theaters … ich hoffe, dass Deutschland alsbald wieder zu politisch und rechtlich normalen Zuständen zurück findet, denn was hier im Moment abläuft, ist nicht mehr zu ertragen und mit gesundem Menschenverstand nicht mehr nachzuvollziehen.
Wenn Sie das so sehen das es hier in DE nicht auszuhalten ist, dann haben Sie jederzeit die Möglichkeit das Land zu VERLASSEN ! Man nennt das AUSWANDERN ! Haben viele gemacht bei den Querdenkern und haben nach einigen Monaten festgestellt, dass es hier doch nicht so Schlimm ist und wollten wieder zurück ! Ich hoffe, das wenn Sie auswandern sollten, Sie auch die Eier haben weg zu bleiben !
Nichts für ungut … aber der Richter hat eine Ordnungshaft von 4 Tagen erlassen !! Scheinbar, hat er selber nicht gewusst, das dass so nicht funktioniert …. Ich war Prozessbeobachter und habe, wie alle anderen auch, die 4 Tage deutlich gehört !
Was Recht ist, muss Recht bleiben …
Ich war als Zuschauer im Saal dabei und bin erstaunt, dass hier von 1 Tag Ordnungshaft geschrieben wird. Der Richter wollte ein knallhartes Exempel statuieren, indem er sofort und glasklar 4 Tage Ordnungshaft verkündete. Wirklich gestört hat dort niemand. Nachdem dann noch ein zweiter Mann ging wurden wir restlichen Zuhörer direkt vom Richter noch einmal angesprochen: Möchte sonst noch jemand gehen? Der Zeitpunkt wäre jetzt günstig. Er hat wohl geahnt, dass die Zuschauer nicht seine größten Fan’s sind.
“Die Angeklagte hat angekündigt, in Berufung zu gehen.” Die Frau könnte sich dabei auch auf das Samimi Urteil berufen, wonach scharfe Kritik an Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit durch experimentelle Gentherapien erlaubt ist und Zielpersonen einer Impfpflicht sich als Opfer einer Menschenjagd darstellen dürfen: (4) 121 Ss 124/22 (164/22) (578) 231 Js 2702/21 Ns (28/22) Siehe: https://www.ra-samimi.de/wp-content/uploads/2023/05/Volksverhetzung
“Die Angeklagte hat angekündigt, in Berufung zu gehen.”
Die Frau könnte sich dabei auch auf das Samini Urteil berufen, wonach scharfe Kritik an Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit durch experimentelle Gentherapien erlaubt ist und Zielpersonen einer Impfpflicht sich als Opfer einer Menschenjagd darstellen dürfen:
(4) 121 Ss 124/22 (164/22) (578) 231 Js 2702/21 Ns (28/22)
Siehe:
https://www.ra-samimi.de/wp-content/uploads/2023/05/Volksverhetzung-Kammergericht-Urteil-Freisspruch.pdf