Südafrika reichte am 29. Dezember 2023 eine Klage gegen Israel wegen Verstoßes gegen die Völkermordkonvention beim Internationalen Gerichtshof (IGH) ein. Der Antrag wurde nun mit großer Mehrheit angenommen. Von den 15 Stimmen im IGH stimmten nur Uganda und Israel selbst gegen diese Entscheidung. Das Gericht forderte Israel zudem dazu auf, den Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen zu öffnen, damit zur Verbesserung der humanitären Lage Hilfsgüter geliefert und Ermittler Zugang zur Küstenregion erhalten können.
Die humanitäre Lage ist katastrophal
Laut Angaben des SOS-Kinderdorfes sind mehr als drei Viertel der 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen auf der Flucht. Die humanitäre Situation verschlechtert sich dramatisch, da Hilfslieferungen nur unzureichend oder überhaupt nicht eintreffen. Es mangelt an sauberem Wasser, sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung. Krankheiten breiten sich aus und zahlreiche Kinder leiden an Unterernährung, wobei insbesondere Kleinkinder bereits verhungert sind.
„Die Situation der Kinder in Gaza wird immer verzweifelter, es gibt keinen sicheren Ort mehr für sie.“
SOS-Kinderdorf
Israel sieht sich im Einklang mit dem Völkerrecht
Obwohl die Beschlüsse des Weltgerichts laut UN-Generalsekretär António Guterres verbindlich sind, beabsichtigt Israel, dem Urteil nicht nachzukommen. Premierminister Netanyahu wies die Vorwürfe entschieden zurück. Diese Anschuldigungen seien „falsch, empörend und moralisch verwerflich.“ Er betonte, dass die Einsätze in Rafah so durchgeführt werden, dass keine umfassende oder teilweise Vernichtung der Zivilbevölkerung droht. Dabei beruft sich Israel erneut auf sein Recht zur Selbstverteidigung und setzt seine Offensive fort.
Spanien drängt auf die Einhaltung des Urteils durch den IGH
Auf seinem 𝕏-Account forderte der spanische Außenminister José Manuel Albares Israel auf, das verkündete Urteil des Internationalen Gerichthofes einzuhalten und umzusetzen.
Die „Vorsichtsmaßnahmen, einschließlich der Einstellung der israelischen Offensive in Rafah, sind zwingend erforderlich. Wir fordern seine Anwendung.“
„Auch der Waffenstillstand, die Freilassung der Geiseln und der humanitäre Zugang. Das Leid der Gaza-Bewohner und die Gewalt müssen ein Ende haben.“ schrieb er in seinem Beitrag auf 𝕏.
Die Anordnung des IGH ist außergewöhnlich
Zane Dangor, Generaldirektor der Abteilung für internationale Beziehungen und Zusammenarbeit, erklärt, dass dies das erste Mal ist, dass Israel direkt aufgefordert wird, seine Militäroperationen in einem Gebiet des Gazastreifens einzustellen. Praktisch gesehen sei dies eine Bestimmung zu einem Waffenstillstand.
Die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs wurde auch von der Palästinensischen Autonomiebehörde als ein Signal für einen weltweiten Konsens zur Beendigung des Gaza-Konflikts begrüßt. Gleichzeitig äußerte auch die islamistische Hamas ähnliche Ansichten und forderte die internationale Gemeinschaft auf, Israel weiter unter Druck zu setzen.
Rafah ist nach fast acht Monaten Krieg die letzte Stadt im Gazastreifen, die noch einigermaßen bewohnbar ist. In dieser Stadt fanden hunderttausende Flüchtlinge Zuflucht vor den Kämpfen in anderen Gebieten des Gazastreifens. Die Kritik an Israels Vorgehensweise ist stetig gewachsen. Selbst der treueste Verbündete, die USA, warnte Regierungschef Netanyahu vor einer zerstörerischen Offensive. Die israelische Armee hat seit Anfang Mai, wie die Tageschau berichtet, gezielte Operationen in Rafah durchgeführt, wo sie die letzten verbleibenden Bataillone der Hamas lokalisiert und zerschlagen will.