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Bildschirm- vs. analoges Lernen
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KI-generiert

Tablet tabu, Bildschirm bye-bye

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Markus Haintz auf X
Die neue Göttin der Justiz: bunt statt blind
Schritt für Schritt in die Unfreiheit
Schweden setzt im Kampf gegen verlorengegangene Lernfähigkeit und Gedächtnisleistung von Schülern auf die Abkehr von der digitalisierten Schule. Deutschland setzt auf das Gegenteil, was die Frage nach dem Bildungsziel aufwirft.
Zusammengefasst

Rückkehr zur Tradition – Analoge Wende

In Schweden findet ein Umdenken in der Ausbildung von Grundschülern statt. Statt weiter auf elektronische Geräte zu setzen, sollen wieder verstärkt Stift und Papier zur Anwendung kommen. Die »Regierung« fasste schon 2024 ins Auge, in mehr Lese- und weniger Bildschirmzeit zu investieren. Zu den Maßnahmen gehören: mehr physische Bücher in Schulen (Lehrbücher, Belletristik und Sachbücher), Schulbibliothekare und gut ausgestattete Schulbibliotheken, mobilfunkfreie Schulen, wieder analoge nationale Tests an Grundschulen. Somit wird die von Kinderärzten und Neurowissenschaftlern kritisierte Digitalisierungsstrategie an Schulen nicht weiter verfolgt. Im August 2025 gab das schwedische Bildungsministerium erneut einen Bericht heraus, dass an Schulen zu viel und zu unbeschränkt mit Bildschirmen und Mobiltelefonen umgegangen wird, und forderte wieder mehr Lese- und weniger Bildschirmzeit, da 

„grundlegende Fähigkeiten wie Beziehungsfähigkeiten, Aufmerksamkeit und Konzentration sowie die Fähigkeit zu lesen, zu schreiben und zu zählen am besten durch analoge Aktivitäten in analogen Umgebungen erworben werden.“

»Regeringskansliet«

Papier statt Pixel, Stift statt Smartphone

Diese Maßnahmen zur Stärkung von Lesen, Schreiben und Rechnen wurden angesichts sinkender Leistungen von Schülern in fast allen Lernbereichen für nötig erachtet. Schüler, die mit Stift und Papier lernen, erzielen bessere schulische Leistungen und sie können einmal Gelerntes länger behalten und abrufen. Allein durch das Verbinden der Buchstaben beim Erlernen der Schreibschrift werden im Gehirn Verknüpfungen gebildet, die selbständiges Denken fördern. Auch Kinder, die später viel oder beruflich mit dem Computer arbeiten, aber mit Stift und Papier gelernt haben, sind ihren „iPad“-Kollegen überlegen. Sie können sich berufsnotwendige Fähigkeiten schneller erarbeiten, benötigen zum sinnentnehmenden Lesen und Sichten von Webseiteninhalten halb so viel Zeit und bringen gefestigtere mathematische Grundkenntnisse mit. 

Die im Alltagsleben und in der schulischen Leistung feststellbaren Defizite im kognitiven Bereich und der Erinnerungsleistung bekamen den Namen „Digitale Amnesie“ (auch als „Google-Effekt“ bekannt). 

„Die digitale Amnesie ist ein immer häufiger auftretendes Phänomen, bei dem Menschen Fakten, Ideen und andere Informationen vergessen, weil sie sich auf digitale Technologien verlassen, um diese Informationen für sich zu speichern. Dies kann zu einem Mangel an Wissen, Schwierigkeiten bei der Problemlösung und einem Rückgang der Kreativität führen.“

»datei.wiki«

Digitale Verinselung

Digitale Verinselung, KI-generiert

Die Defizite durch digitales Leben machen nicht bei Schulnoten halt. Auch Empathie, Respekt und Mitgefühl bleiben auf der Strecke. Menschen sind im Sozialverbund agierende Lebewesen und verkümmern, wenn sie in die soziale Isolation und die digitale Welt „abdriften“. Die Schäden an den Seelen so vieler Menschen durch die verordnete Isolierung durch Lockdowns und „Social Distancing“ sind mahnende Beispiele und in vielen Fällen irreparabel. Auch das Immunsystem ist notwendigerweise auf die ständige Begegnung mit anderen Menschen angewiesen, um stark zu werden, sich zu trainieren und nicht zu verkümmern. 

Selbstverständlich ist es nicht zuvorderst ein Versäumnis der Kinder, wenn sie in die Bildschirmabhängigkeit getrieben werden. Eltern, die am Tisch beim gemeinsamen Essen selbst das Handy nicht beiseitelegen, denen das Leben im Bildschirm wichtiger ist als die Interaktion mit ihren Kindern, Eltern, die keinen Blickkontakt mit ihren Kindern suchen, sondern stattdessen am Handy kleben, keine gemeinsamen analogen Unternehmungen machen, sind alles andere als Vorbilder. Sie leben es den Kindern ja vor:  Eine kleine Maschine scheint wichtiger als selbst der Mensch, der einem am nächsten steht.

Wer so aufwächst, gerät in Gefahr, dass der digitale Konsum zur Sucht wird. Sehr extreme Beispiele sind Kinder, die ausrasten, wenn ihnen das Tablet oder Handy verwehrt wird. Oder die im Schlaf über imaginäre Bildschirme wischen: 

Mit der Fixierung auf den Bildschirm verkümmern soziale und emotionale Fähigkeiten wie Kommunikationsfähigkeit und konstruktive Interaktion. Eine Studie aus dem Jahr 2023 ergab, dass 86 % der Befragten der Generation Z im Restaurant unter „Menu Anxiety“ (Angst vor der Bestellsituation) litten und dass »34 % der Befragten« sogar andere bitten, für sie zu bestellen, weil sie selbst zu nervös oder zu schüchtern sind, mit dem Kellner zu reden oder in Interaktion zu treten. Auch ein Phänomen dieser digital aufgewachsenen Generation ist die „Refuel Anxiety“ (Angst vor dem Tanken), unter der »62 %« von ihnen leiden. Ein Viertel der Befragten gab sogar an, aus lauter Angst davor, Fehler zu machen („Stehe ich nah genug an der Zapfsäule? Benutze ich die auch richtig? Tanke ich den richtigen Treibstoff?“), das Auftanken so lange hinausgezögert zu haben, dass sie mit dem Auto liegenblieben sind.

Die gewollte App-Hängigkeit?

Schüler, die nicht mehr lernen, ihre Fähigkeiten voll zu entwickeln, sondern in Abhängigkeit von Technik Inhalte nur „flach“ lernen, entfalten nicht ihr volles Potenzial. Schreiben von Hand hat gegenüber dem Tippen die Vorteile, dass Informationen besser gespeichert werden, Konzentration gefördert wird, motorische Fähigkeiten trainiert werden und das Denken und Ausformen von Gedanken ausgebildet wird. Letzteres scheint als Bildungsziel schon in weite Ferne gerückt. Wenn man den (selbsternannten) Vordenkern des WEF zuhört, scheinen sie es für eine probate Lösung zu halten, die Menschen hinter Bildschirmen zu “parken“. Einer der führenden Köpfe dieser elitären Vereinigung, »Yuval Noah Harari,« nennt uns in seiner typischen eiskalten Sprechweise verächtlich „nutzlose Menschen“, „im Grunde genommen bedeutungslos und wertlos“, mit denen die Elite irgendetwas anfangen müsse („the biggest question … will be what to do with all these useless people … when they are basically meaningless, worthless“). Und seine Antwort auf die Frage nach all diesen Menschen ist: 

„At present, the best guess we have is `keep them happy with drugs and computer games´.“

„Derzeit lautet unsere beste Vermutung: `Halte sie mit Drogen und Computerspielen bei Laune.´“

»Yuval Noah Harari«

In so ein Konzept passen selbständig denkende Menschen nicht hinein. Sie könnten ja in Frage stellen, ob die Entwicklung hin zu einer immer reicheren Elite, die immer mehr ihre Macht und Deutungshoheit über die Meinung zementiert, noch im Sinne einer Demokratie ist, in der das Volk der Souverän sein soll. 

Eines der bekanntesten »Zitate von Hannah Arendt« lautet: „Es gibt keine gefährlichen Gedanken, das Denken an sich ist gefährlich.“ Das Denken befähigt uns, Recht von Unrecht zu unterscheiden, etablierte Strukturen und Machtverhältnisse in Frage zu stellen. Wenn Menschen nur noch Meinungen übernehmen, ohne selbst zu denken, kann das gefährlichen Tendenzen Vorschub leisten. In einem totalitären Staat schließlich errege schon die bloße Tatsache Verdacht, »„dass Menschen denken können“« (S. 26). Und diese geistige Fähigkeit hat nichts mit dem IQ eines Menschen zu tun, sondern mit dem Vermögen, Dinge in Frage zu stellen, Verbindungen herzustellen und mitzudenken.

„Wenn Bildung dich nicht lehrt, Ungerechtigkeit zu widerstehen, hat sie versagt.“

»John Dewey«

Eine Regierung, die ihren Bürgern dient, sollte bestrebt sein, dass alle ihre Fähigkeiten optimal ausbilden. Aber wem beigebracht wurde, selbst zu denken, Alternativen zu prüfen und Fragestellungen auf den Grund zu gehen, der ist nicht mehr so leicht manipulierbar, ist lenkbar und gehorsam. 

Möchte unsere Schulpolitik genau darauf abzielen? Sie tut jedenfalls alles dafür. Es gibt zwar regelmäßig kurze Aufschreie und Verwunderung, dass die Leistungen deutscher Schüler bzw. der Schüler in Deutschland immer weiter abfallen, als Lösung wird aber nach noch mehr „Modernität“ und Digitalisierung gerufen. In »Nordrhein-Westfalen« gibt es Pläne, den Einsatz von KI im Abitur in fünf Jahren möglich zu machen. Verschiedene Schulen wollen in ihren Klassen auch sogenannte „Avatare“ von Schülern zulassen, mit denen Schüler mit massiven Störungen im Sozialverhalten gefahrlos für die anderen virtuell am Unterricht teilnehmen können. Der Preis ist aber eine zerstörte Lernatmosphäre, der Schutz des Klassenzimmers wird aufgehoben. Bei permanenter Beobachtung jeder Bewegung und der Aufzeichnung jeder Äußerung können Schüler sich nicht mehr natürlich verhalten, gemeinsam aus Fehlern lernen und auch die Lehrkraft wird sich nicht mehr natürlich verhalten. Selbst wenn man irrig annehmen würde, diese Systeme seien nicht hackbar, reicht schon das permanente Gefühl, dass jeder Mucks, den man von sich gibt, jede eventuell falsche Antwort aufgezeichnet wird.

Während Schweden wieder auf Handschrift und Stift setzt, ist in Deutschland kein Umdenken in Sicht. Das bewährte analoge Lernsystem hat studier- und ausbildungsfähige junge Menschen hervorgebracht, innovative Köpfe, während heute an Universitäten schon Einführungskurse in Basisfähigkeiten nötig sind, damit Studenten annähernd studierfähig werden, und Ausbilder flächendeckend über mangelnde Grundkenntnisse der Azubis klagen. Ein Schulsystem, das app-hängige, unselbständige Menschen mit brachliegenden geistigen und zwischenmenschlichen Fähigkeiten hervorbringt, hilft nur einer Staatsform: dem Staat, der Bürger als Untertanen und bloßes Stimmvieh begreift. Das Eindringen der Indoktrination ins Klassenzimmer wird immer massiver. 

Aus dem Land der Dichter und Denker, einem Land mit einer beneideten Wirtschaft und dem Gütesiegel „Made in Germany“ wird ein Land von des “betreuten Denkens“, der „Nachrichtenabnicker“ und „Nachplapperer“ und längst sitzt in Deutschland ein Wurm (eine „Made“) im Getriebe. Welches Bildungsziel schreibt sich die deutsche Schulpolitik auf die Fahnen: Gehorsam oder Selbstermächtigung? 

„Ich hätte gern eine Welt, in der das Ziel der Erziehung geistige Freiheit wäre und nicht darin betünde, den Geist der Jugend in eine Rüstung zu zwängen, die ihn das ganze Leben lang vor den Pfeilen objektiver Beweise schützen soll. Die Welt braucht offene Herzen und geistige Aufgeschlossenheit, und das erreichen wir nicht durch starre Systeme, mögen sie nun alt oder neu sein.“

»Bertrand Russel«

Die derzeitige Entwicklung bringt am Ende der Schulzeit junge Erwachsene hervor, die sich dann widerstandslos in die absurdesten Maßnahmen fügen und in die geplanten 15-Minuten-Städte, die Smart Cities, „digitale Gefängnisse“, pferchen lassen.

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Die beste „Smart City der Welt 2024“, Artikel lesen auf Haintz.media.

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Klara Blick

Klara Blick hat einen Magister Artium in Englischer Philologie und auch einen Abschluss in Geschichte. Sie plädiert für eine Bildungs- statt eine Schulpflicht und war für einen historischen Verlag tätig. Inzwischen arbeitet sie in der Erwachsenenbildung.

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