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Brandmauer: Spaltung statt Demokratie
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Wie die „Brandmauer“ die Demokratie zerstört

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SPD
Das Festhalten an vergangenen Fehlern
Was als Schutz vor der AfD verkauft wird, ist in Wahrheit eine Gefahr für die Demokratie. Die angeblichen Demokraten grenzen mit Kontaktverboten nicht nur Parteien aus, sondern Millionen Wähler.
Zusammengefasst

Dass eine Bundestagspräsidentin sich allen Fraktionen vorstellt, sollte eine demokratische Selbstverständlichkeit sein. Doch im aktuellen politischen Klima gilt das offenbar nicht mehr. Die designierte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) wollte ursprünglich auch der AfD-Fraktion einen Antrittsbesuch abstatten. Eine Premiere auf Bundesebene, aber nichts weiter als die logische und übliche Konsequenz parlamentarischer Arbeit. Doch ein empörtes Schreiben aus der grünen Fraktion änderte alles. Die CDU knickte ein, und Klöckner sagte den Termin ab. Die offizielle Begründung: Wegen „Terminproblemen“.

Was bleibt, ist ein fatales Signal. Wer im Bundestag mit wem sprechen darf, wird nicht mehr nach demokratischen Prinzipien entschieden, sondern nach der Empörung der „richtigen Akteure“. Was hier passiert, ist kein Zufall, sondern ein Lehrstück über Machtspiele, Doppelmoral und den schleichenden Verlust parlamentarischer Prinzipien. Werfen wir einen kritischen Blick auf die Akteure und ihre Motive.

Die Grünen und ihr „Demokratieverständnis“

Katharina Dröge und Britta Haßelmann, die Co-Vorsitzenden der Grünen-Fraktion, waren schnell mit einem Brief zur Hand, als sie hörten, dass Klöckner auch bei der AfD vorstellig werden wollte. Ihr Argument: Ein solcher Besuch sende ein „falsches Signal der Normalisierung“ gegenüber einer Partei, deren Abgeordnete „mit rechtsextremen und verfassungsfeindlichen Aussagen“ auffielen. Sie forderten Klarstellung und machten ihre Fraktionsplanung davon abhängig. Sie setzten damit ein Ultimatum, das weniger nach demokratischem Diskurs als nach moralischer Erpressung klingt.

„Der medialen Berichterstattung entnehmen wir allerdings, dass Sie dieses Angebot zur Vorstellung nicht nur den demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag gemacht haben, sondern auch in Erwägung ziehen, eine Vorstellung auch bei der Fraktion der „Alternative für Deutschland“ anzubieten.“

Brief Bündnis 90 die Grünen / RND

Mit anderen Worten: Eine Partei, die mit 20,8 Prozent in den Bundestag gewählt wurde, ist aus Sicht der Grünen keine legitime Gesprächspartnerin. Doch die Partei wurde gewählt. Das Wahlergebnis der AfD ist kein Randphänomen, sondern ein Votum des Souveräns. Die Grünen, mit ihren gerade einmal 11,6 Prozent, wollen das ignorieren. Ihre „Brandmauer“-Strategie: Die AfD auszugrenzen, als wäre sie kein legitimer Teil des Parlaments. Damit entlarvt die Partei ein Verständnis von Demokratie, das eher an eine überhebliche Instanz, als an eine pluralistische Volksvertretung erinnert. Offen bleibt, mit welchem Mandat ausgerechnet eine 11,6-Prozent-Partei entscheidet, wer im Bundestag als diskussionswürdig gilt und wer nicht. Wer mit wem spricht, soll offenbar nicht die Realität der Wählerstimmen entscheiden, sondern die ideologische Reinheitsprüfung durch eine Minderheitspartei.

Screenshot / Bundeswahlleiterin

Macht der Kontaktschuld im Parlament

Klöckner selbst betonte, ihr Angebot, sich „dem gesamten Parlament“ vorzustellen, bedeute keine inhaltliche Nähe zur AfD. Dass sie diese Selbstverständlichkeit überhaupt erwähnen musste, zeigt, wie tief das Konzept der Kontaktschuld inzwischen verwurzelt ist. Ihr legitimer Vorstoß, auf die „verhasste AfD“ zuzugehen war angesichts der „Brandmauer“ neu, keine Frage, doch in einem Parlament, das die gesamte Gesellschaft abbilden soll, auch logisch.

„Ich habe angeboten, dass ich mich dem gesamten Parlament vorstelle […] das heißt nicht, dass ich die Inhalte derjenigen teile, wo ich hingehe“.

Julia Klöckner / RND

Als künftige Präsidentin des Bundestags, dem „Herz unserer Demokratie“ (so CDU-Chef Merz), hätte sie genau das signalisieren können: Neutralität statt Ausschluss.

„Dieses Haus hier ist das Herz unserer Demokratie, und die Präsidentin wird darauf zu achten haben, dass dieses Herz nicht beschädigt wird.“

Friedrich Merz / WeLT

Stattdessen zog sie den Besuch zurück. Offiziell wegen Terminüberschneidungen. Die AfD-Fraktionssitzung wurde auf Montagabend verlegt, während Klöckner der SPD zugesagt hatte. Praktisch, möchte man spotten, dass dieser Kollidierung ihr aus der Klemme half. Doch die CDU bleibt verlässlich: Wo die Grünen pfeifen, springt sie, ob es nun um Klimafonds oder moralische Themen geht. Deutschland brauche „Stabilität und Verlässlichkeit“, postete die CDU kürzlich auf 𝕏.

CDU / 𝕏

Ironisch, dass sie diese Stabilität mit einem Rückzieher untergräbt, der eher nach Opportunismus als nach Rückgrat aussieht. Tatsächlich zeigt sich hier ein größeres Muster: Die „Brandmauer“-Strategie, die CDU und SPD aus Angst vor woke-linker Empörung mittlerweile eisern befolgen. Doch diese Strategie hat bislang vor allem eines bewirkt: Die AfD wächst weiter.

AfD-Rekordwerte: Die Quittung für politische Ausgrenzung

Während Grüne und CDU sich in ihrem selbstgerechtes Auftreten mit permanent erhobenem Zeigefinger verheddern, profitiert die AfD. Die INSA-Umfrage zeigt: Mit 23,5 Prozent liegt sie nur 3,5 Punkte hinter CDU/CSU (27 Prozent) und überholt die CDU allein (21 Prozent) sogar um 2,5 Punkte. INSA-Chef Hermann Binkert sieht ein maximales Wählerpotenzial von 30,5 Prozent. Das ist kein Zufall. Die Ausgrenzungstaktik hat die Partei nicht geschwächt, sondern gestärkt. Jede „Brandmauer“ und jeder Boykott wird von immer mehr Wählern als undemokratisches Instrument erkannt, das den politischen Diskurs einschränkt, wodurch sich viele nicht mehr von der Stigmatisierung der AfD beirren lassen.

Screenshot / Wahlen_DE / 𝕏

Die neuen Zahlen sprechen eine klare Sprache: SPD (14,5 Prozent), Grüne (12 Prozent), FDP (3,5 Prozent), BSW (4,5 Prozent), Linke (10,5 Prozent) – keine dieser Parteien kommt auch nur in die Nähe des Wählerpotenzials der Union (42 Prozent) oder AfD (30 Prozent). Schwarz-Rot (41,5 Prozent) verfehlen sogar eine eine Mehrheit, ebenso wie Rot-Rot-Grün (37 Prozent). Eine regierungsfähige Koalition wäre nur mit der Union, SPD und Grünen (53,5 Prozent), SPD und Linken (52 Prozent) oder unter Einbeziehung der AfD (50,5 Prozent) möglich. Während die Grünen diese Ergebnisse ignorieren mögen, tun es die Wähler nicht.

Der wahre Skandal: Delegitimierung im Diskurs

Das grüne Verbot der „Normalisierung“ ist also ein Trugschluss. Indem man den Kontakt zur AfD verteufelt, zementiert man eine Logik, die Andersdenkende nicht nur kritisiert, sondern delegitimiert. Der Vorwurf, dass eine Begegnung oder ein Dialog mit der AfD eine Form der Normalisierung sei, verkennt die Bedeutung des demokratischen Diskurses. Klöckner hätte mit ihrem Besuch schlicht ihre Rolle als neutrale Amtsträgerin ernst genommen, ohne sich auf eine ideologische Seite zu stellen.

„Der Präsident vertritt den Bundestag und regelt seine Geschäfte. Er wahrt die Würde und die Rechte des Bundestages, fördert seine Arbeiten, leitet die Verhandlungen gerecht und unparteiisch und wahrt die Ordnung im Hause.“

Bundestag (Hervorhebung hinzugefügt)

Der eigentliche Skandal liegt nicht so sehr in dem abgesagten Besuch selbst, sondern vielmehr in der Tatsache, dass illiberale Mechanismen, wie die Ausschlusslogik, immer weiter in den politischen Raum vordringen. Der Bundestag darf kein idiologischer Raum für persönliche Emotionen sein, sondern muss ein Ort der Auseinandersetzung bleiben, an dem unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen. Wer das vergisst und nur noch in Lagerdenken verfällt, untergräbt genau die Demokratie, die er zu schützen vorgibt.

Klöckner unter der Lupe

Klöckner bringt ihre eigene Geschichte mit. Als Agrarministerin setzte sie auf Freiwilligkeit statt Zwang – etwa bei der Reduktionsstrategie für Zucker, Fett und Salz oder der Nährwertampel Nutri-Score. Das Tötungsverbot männlicher Küken war ein Erfolg, ihre Nähe zu Nestlé hingegen umstritten. Nun, als CDU-Schatzmeisterin, wacht sie über die Parteifinanzen, ein Posten, der sie als Bundestagspräsidentin in einen Interessenkonflikt bringen könnte, wie Lobbycontrol moniert. Ihre Wahl mag Formsache sein, doch makellos ist ihr Profil nicht.

„Julia Klöckner als aktuelle CDU-Schatzmeisterin ist keine gute Wahl für das Amt der Bundestagspräsidentin. Klöckner ist seit 2022 Bundesschatzmeisterin der CDU und damit wesentlich für die Finanzen ihrer Partei zuständig.“

Pressemitteilung / Lobbycontrol

Klöckner hat den Anspruch, den Bundestag zu einem Ort „mit Respekt und Würde“ machen, ein „Vorbild“ für die Gesellschaft.

„Wenn nicht wir mit Respekt diskutieren und auch streiten“, fragt sie, „wie soll es dann in der Breite der Gesellschaft geschehen?“

»Julia Klöckner / Tagesschau«

Schöne Worte, doch die Realität ist ruppig. Klöckner wird Durchsetzungskraft brauchen, um Merz’ „Herz der Demokratie“ zu schützen. Ihr Rückzieher gegenüber der AfD zeigt jedoch: Der Puls ist schwach, wenn Grüne drohen und die CDU kuscht. Die Brandmauer mag stehen, aber sie schützt nicht die Demokratie, sondern die Machtansprüche ihrer Erbauer. Und die AfD? Die lacht sich ins Fäustchen, bis zur nächsten Wahl.

Die bittere Realität: Demokratie als Fassade?

Was in dieser Affäre sichtbar wird, ist eine grundlegende Veränderung im politischen System. Der Bundestag soll die Pluralität der Gesellschaft abbilden. Die sogenannten Demokraten in „Unserer Demokratie“ vertreten dieses Grundprinzip anscheinend nur noch, wenn diese sogenannte Vielfalt die „richtigen“ Meinungen umfasst.

Die AfD wurde gewählt, ihre Abgeordneten sind Volksvertreter wie alle anderen. Ob das Grünen-Politikern gefällt oder nicht, ist dabei unerheblich. Demokratie lebt vom Austausch, nicht von Boykott und Stigmatisierung.

Doch solange politische Taktik wichtiger ist als demokratische Prinzipien, bleibt das Parlament kein Ort für echte Debatte, sondern ein kontrollierter Raum, in dem die falschen Worte, die falschen Gesprächspartner und die falschen Inhalte tabu sind. Und das ist die eigentliche Gefahr für die echte Demokratie, die durch die Einheitspartei Stück für Stück ausgehölt und untergraben wird.



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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

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