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Gewalt an Schulen
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Gewalt als Schulalltag: Wenn Lehrer zur Flucht gezwungen werden

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Terrorgefahr in Deutschland
Lehrer werden geschlagen, erniedrigt, bedroht. Die Antwort des Schulministeriums: Achtsamkeit, Selbsthilfe, Flucht. Der Staat gibt auf und nennt es Handlungsempfehlung. Wer sich wehrt, steht alleine da, systematisch im Stich gelassen.
Zusammengefasst

Deutsche Schulen sind längst kein sicherer Ort mehr. Was früher ein Ort der Bildung war, ist längst zur Kampfzone mutiert. Lehrer erleben täglich das, was man sonst nur aus Polizeiberichten kennt: Körperverletzung, Drohungen, sexuelle Übergriffe, Beschimpfungen, begangen nicht etwa von marodierenden Jugendgangs auf nächtlicher Straße, sondern mitten im Klassenzimmer. Schüler greifen an und auch die Eltern drohen. Die Zahlen sind alarmierend, die Maßnahmen ernüchternd.

Der jüngste Leitfaden des NRW-Schulministeriums dokumentiert, was politisch Verantwortliche bislang lieber verdrängt haben: Die Gewalt an Schulen ist außer Kontrolle geraten und die faktische Lösung lautet Rückzug.

Ein Alltag voller Angst: Die Gewaltwelle an Schulen

Die Statistik spricht Bände: 2023 wurden »bundesweit 27.470 Gewaltvorfälle an Schulen« gemeldet, ein Anstieg um 27 Prozent gegenüber 21.570 im Jahr zuvor. »In Nordrhein-Westfalen« kletterte die Zahl von 2972 auf 4808. Das ist ein Plus von 62 Prozent. Zwölf Prozent der Viertklässler geben an, wöchentlich geschlagen zu werden. Lehrer sind nicht nur Opfer von Schülern, sondern zunehmend auch von Eltern. Laut dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) berichten 73 Prozent der Schulleiter in NRW von Bedrohungen, Beleidigungen oder Mobbing gegen Lehrkräfte. Die Deliktpalette ist breit: gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung, Nötigung, sogar Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.

»Screenshot / NOZ«

Der 15-seitige Leitfaden „Sicher handeln bei Gewalterfahrungen von Beschäftigten an Schulen“, veröffentlicht von »CDU-Ministerin Dorothee Feller«, bestätigt das Scheitern aller bisherigen politischen Konzepte zur Schulpolitik. Die sogenannte Handlungsempfehlung hat mit aktiver Verteidigung nichts zu tun. Sie ist die niedergeschriebene Anerkennung der eigenen Schuld.

»Schulministerium NRW«

Flucht statt Schutz: Der Leitfaden als Kapitulation

Was rät der Leitfaden Lehrern in Gefahr? Zunächst sollen sie mit „Halt, Stopp“-Rufen und „energischer Körpersprache“ reagieren, um Aufmerksamkeit zu erregen. Doch der nächste Schritt ist ernüchternd: „Entfernen Sie sich aus der Gefahrenzone.“ Konkret heißt es: „Verlassen Sie das Gesichtsfeld des Angreifers.“ Lehrer sollen vor Schülern oder Eltern fliehen, Eskalation vermeiden, sich zurückziehen. Das ist kein Plan zur Konfliktbewältigung, sondern ein Eingeständnis, dass der Staat seine Pädagogen nicht schützen kann.

»Screenshot / Leitfaden S.5 / Schulministerium NRW«

Psychische Folgen werden ebenfalls thematisiert. Betroffene Lehrer, so der Leitfaden, seien oft verunsichert und müssten das Erlebte verarbeiten.

„Betroffene Personen sind verständlicherweise häufig verunsichert und müssen das Erlebte verarbeiten. Bei allen Interventionsprozessen soll daher zunächst die betroffene Person im Vordergrund stehen und ‚psychische Erste Hilfe‘ und weiterführende Unterstützung erhalten. Die Empfehlungen im Krisenpräventionshandbuch sind somit in einem besonderen Maße zu berücksichtigen.“

»Leitfaden S.4 / Schulministerium NRW«

Die Empfehlung: „Nehmen Sie sich Zeit und kümmern Sie sich um sich! Beobachten Sie sich selbst achtsam! Nehmen Sie fremde Hilfe an!“ Selbstfürsorge statt systemischer Lösungen. Das ist ein schwacher Trost für Menschen, die täglich Angst haben müssen.

»Schulministerium NRW«

Eltern als Aggressoren: Wenn Erziehung zur Bedrohung wird

Nicht nur Schüler, auch Eltern tragen zur Gewalt bei. Der Leitfaden benennt am Rande auch Übergriffe durch Erziehungsberechtigte, die Lehrer bedrohen oder angreifen. Die sogenannte Handlungsempfehlung hat mit aktiver Verteidigung gegen solche Übergriffe allerdings wenig zu tun. Sie ist ein Schuldbekenntnis in Papierform. Lehrer sollen in gefährlichen Situationen, das heißt bei einem Angriff oder bei Bedrohung durch eine andere Person, beispielsweise durch Mitglieder der Schülerschaft oder deren Eltern, laut „Halt, Stopp“ rufen und sich dabei „energisch“ verhalten.

»Screenshot / Leitfaden S.4 / Schulministerium NRW«

Die steigenden Zahlen zeigen: Gewalt ist tatsächlich kein Jugendproblem, sondern ein gesellschaftliches. Eltern, die ihre Kinder nicht kontrollieren, greifen selbst zu Beleidigungen oder Fäusten. Schulen werden zum Schlachtfeld, auf dem Lehrer die Verlierer sind. Der Staat, der Bildung als Fundament preist, überlässt seine Pädagogen ihrem Schicksal, mit einem Leitfaden, der Flucht zur Dienstvorschrift macht.

Cybermobbing: Der digitale Angriff

Ein weiteres Problem ist Cybermobbing. Lehrer sind permanent der Gefahr ausgesetzt, online beleidigt, verleumdet oder bloßgestellt zu werden. Der Leitfaden thematisiert Bedrohungen per Nachricht bis hin zu öffentlichen Bloßstellungen mit privaten Fotos.

»Screenshot / Leitfaden S.11 / Schulministerium NRW«

Die Anonymität des Internets macht es Tätern leicht, ihre Opfer zu demütigen. Schulen, die digitale Plattformen nutzen, haben keine Antwort auf diese Form der Gewalt. Lehrer bleiben allein, mit der Empfehlung, sich psychisch zu wappnen.

„Besonders hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf das Beratungsangebot der Landesanstalt für Medien NRW, insbesondere auf das Angebot ZEBRA. Das Angebot bietet umfassende Unterstützung und Informationen, um sowohl präventiv Cybermobbing zu verhindern, als auch um Lehrkräfte und (sozial)pädagogische Fachkräfte in konkreten Situationen zu stärken und zu unterstützen.“

»Leitfaden S.4 / Schulministerium NRW«

»Screenshot / FragZebra«

Politik auf Rückzug – Lehrer an der Front

Der Leitfaden ist kein echter Schutzschild, sondern ein Ablenkungsmanöver. Anstatt strukturelle Konsequenzen zu ziehen, soll das Lehrpersonal trainiert werden, sich möglichst unauffällig zurückzuziehen. Prävention wird zur Pflicht der Opfer. Die Verantwortung für die Sicherung des Bildungsraums wird delegiert auf jene, die ohnehin schon überfordert sind.

Was bleibt, ist ein System, das seine eigene Hilflosigkeit in Broschüren gießt. Während die Politik sich in wohlfeiler Rhetorik erschöpft, steht das Lehrpersonal täglich am Abgrund. Und wer nicht fällt, soll sich in Bewegung setzen. Weg vom Angreifer. Raus aus dem Raum. Bloß keinen Widerstand leisten. Die Schule als Spiegel der Gesellschaft? Dann zeigt dieser Spiegel ein Bild des völligen Kontrollverlusts.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

Eine Antwort

  1. ist NRW nicht eines der Bundesländer mit dem höchsten Anteil an Menschen aus dem Ausland ? Höchstwahrscheinlich gibt es sogar eine Kausalität zwischen Ausländeranteil und Gewalt an Schulen. So ist das eben mit dem „Zauberlehrling“.,..

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