Fünf Jahre nach dem 18. November 2020. Das Bild der Wasserwerfer hat sich in die kollektive Erinnerung eingebrannt. Es war der Tag, an dem der Staat seine Bürger mit eiskaltem Wasser traktierte, um Proteste gegen das Infektionsschutzgesetz niederzuringen.
Tausende hatten sich vor dem Reichstag versammelt, ein bunter Mix aus Querdenkern, Konservativen, Kritikern, Friedensbewegten, Esoterikern und vor allem normalen Familien mit Kindern, die um ihre Grundrechte bangten. Sie skandierten Frieden, Freiheit, Demokratie, schwenkten Herzchen-Luftballons. Medien diffamierten sie als Reichsbürger-Horde, doch das entpuppte sich als blanker Unsinn. Der Bundestag hatte sich abgeriegelt, um die Mini-Debatte ohne Störung durchzuziehen, während 2000 Beamte aus neun Bundesländern anrückten, gepanzerte Fahrzeuge der Bundespolizei positionierten und die WaWe 10 von Rosenbauer mit laufenden Motoren bereitstellten. »Diese Monster«, vom Bundesinnenministerium bestellt, maßen gut zehn Meter Länge, 3,70 Meter Höhe, verfügten über einen 408-PS-Motor und einen 10000-Liter-Tank, der mehrere Tausend Liter pro Minute bei 20 Bar spuckt, abschwächbar je nach Situation, etwa bei Älteren oder Kindern.
Zynische Verniedlichung als Waffe
Polizeisprecherin Anja Dierschke verharmloste den Einsatz als sanfte Beregnung, was nach harmloser Gartenpflege klang, doch in Wahrheit prasselte bei unter fünf Grad Celsius Temperatur ein brutaler Strahl auf die Menge nieder, der Augen brennen ließ und Kleidung in Sekunden durchnässte.
Die Polizei postete ebenfalls spöttisch von Beregnung, ein Ton, der in keiner Demokratie Platz haben sollte und der die Betroffenen verhöhnte.

Innensenator Geisel rechtfertigte die Maßnahme mit angeblichen Regelbrüchen und dem Ziel, zum Reichstag vorzudringen, doch Augenzeugen vor Ort, hinter Absperrungen positioniert, bestätigten durchweg Friedlichkeit ohne derartige Absichten. Der Strahl war schwenkbar, das Wasser verursachte höllisches Brennen, dennoch hielt die Menge stand und trotzte der Willkür. Andreas Geisel (SPD), Berlins Innensenator 2020, erklärte, der Wasserwerfereinsatz gegen die Proteste der Corona-Maßnahmenkritiker sei notwendig gewesen:
„Erkennbar war das deutliche Ziel der Demonstrierenden, die Regeln zu brechen und zum Reichstag zu kommen. […] Heute hatten wir aber keine andere Wahl als mit diesen technischen Mitteln den Platz vor dem Brandenburger Tor zu räumen.
»Innensenator Andreas Geisel (2020) | DIE ZEIT«
Es habe keinen harten Wasserstrahl gegeben, sondern lediglich „ein Sprühen, um es ungemütlich zu machen“. Dieser bösartige Zynismus erklärt sich nur durch Geisels DDR-Herkunft, ein verbales Spucken ins Gesicht der Durchnässten. Der Einsatz war demonstrativ brutal, unnötig und diente der Einschüchterung, mit Wasserwerfern, die bereits im August des selben Jahres geplant wurden, wie polizeiliche Rücksprachen mit Arbeitsmedizinern enthüllten.
Risiken für die Gesundheit
Die Berliner Polizei erklärte auf Anfrage, dass es keine wissenschaftlichen Erkenntnisse gebe, ob der Einsatz von Wasserwerfern die Ansteckungsgefahr erhöhe. Sie verwies auf Gespräche mit Arbeitsmedizinern aus dem August 2020 und argumentierte, Starkregen drücke Aerosole eher nach unten, wodurch die Übertragung eher sinke. Diese Aussage verwirrte, weil eine Bewertung von Augusthitze mit dem nasskalten November verglichen wurde, obwohl die Unterschiede offenkundig waren. Gleichzeitig räumte die Polizei ein, dass keine wissenschaftliche Entwarnung existierte. Die Entscheidung für den Einsatz wurde dennoch getroffen, obwohl der Staat seit Monaten alles unter das Motto stellte, im Zweifel für die Gesundheit handeln zu wollen.
Die Schlussfolgerung der Polizei, dass der Wasserwerfereinsatz die Ansteckungsgefahr verringern könne, zeigte die innere Absurdität des staatlichen Vorgehens. Wenn eine Regierung bereit war, Menschen im November vollständig durchnässen zu lassen, während sie sie gleichzeitig vor einem Virus schützen wollte, offenbarte sich ein autoritäres Verständnis von Fürsorge. Der Einsatz sollte laut Geisel ungemütlich sein, er war ungemütlich, er war einschüchternd und er war das sichtbare Zeichen dafür, dass Bürgerrechte für die Regierenden nur noch Störfaktoren waren. Dr. David Berger fand deutliche Worte:
Was gerade in Berlin passiert, zeigt erschütternd auf, was uns bevorsteht bei zukünftigen „Pandemielagen“, wenn das Volk nicht spurt. Unverhältnismäßiger Einsatz gegen Bürger, die ihre Grundrechte verteidigen wollen. Gruselig! https://t.co/nW7YcqeI4N #Wasserwerfer #Berlin1811
— David Berger (@DrDavidBerger) November 18, 2020
Politische Billigung der Unterdrückung
Die damalige Justizministerin Christine Lambrecht billigte den Einsatz vollumfänglich und forderte den Staat auf, sein Gewaltmonopol zu demonstrieren. Sie erklärte, dass eine Auflösung der Veranstaltung erforderlich sei, sobald Teilnehmer bewusst Regeln wie Maskenpflicht oder Abstandsgebote ignorierten.
„Der Staat muss zeigen, wer in diesem Land das Gewaltmonopol hat. Es kann nicht sein, dass der Staat resigniert, wenn viele Demonstranten kommen, um bewusst die Regeln zu verletzen.“
»Christine Lambrecht | WeLT«
Auch die damalige SPD-Vorsitzende Saskia Esken, die bereits im Sommer zuvor Demonstranten als Covididioten diffamiert hatte, lobte die Polizei für ihr frühzeitiges und konsequentes Vorgehen. Sie merkte zudem an, dass man, wäre die Lage nicht so ernst, fast von einem Treppenwitz sprechen könnte: Während im Bundestag über mehr demokratische Beteiligung bei Corona-Maßnahmen beraten worden sei, die dem Schutz von Menschenleben dienen sollten, habe die Polizei draußen eine Versammlung mit Wasserwerfern auflösen müssen. Unter dem Vorwand, Freiheitsrechte zu verteidigen, seien dort zahlreiche Rechtsextremisten aufgetreten, die genau diese Demokratie attackiert hätten, Abgeordneten den Zugang zum Parlament habe versperren wollen und für sich in Anspruch genommen hätten, das Volk zu repräsentieren.
„Ich begrüße es, dass die Polizei hier frühzeitig und konsequent zum Schutz von Demokratie und Gesundheit gehandelt hat.“
»Saskia Esken | RND«
Diese Aussagen sind und waren ein Offenbarungseid: Esken zeigte damit, dass jene, die angeblich lautstark die Demokratie verteidigen, im Kern bereit sind, sie für ihre eigenen Machtinteressen zu missbrauchen.
Innere Zerrissenheit der Exekutivorgane
Mitten im Geschehen offenbarten sogar einige ausführende Beamte Entsetzen: Ein Polizist stand mit Tränen in den Augen da, sein Blick sprach Bände, Widerspruch war greifbar, doch Befehle zwangen zur Fügsamkeit. Andere wirkten schockiert, ihre Mimik verriet mehr als Worte. Der Einsatz spaltete die eigenen Reihen, unterstrich die Absurdität staatlicher Gewalt gegen friedliche Bürger. Stunden des sogenannten „Sprühregens“, der unentwegt auf die Menge niederging. »Intern brodelte es«: Fachleute in der Polizeiführung bezweifelten die Angemessenheit, da Verstöße gegen Masken- und Abstandsregeln bloße Ordnungswidrigkeiten darstellten, keine Straftaten, die Zwangsmittel wie Wasserwerfer rechtfertigten, und der Infektionsschutz als Begründung absurd wirkte, weil das Virus sich längst in der dichten Menge hätte ausbreiten können.
Befehle aus dem Innensenat machte den einstigen Freund und Helfer plötzlich zu Handlangern einer Politik, die Grundrechte mit Gewaltmaßnahmen gleichsetzte. Die Absurdität und das totalitäre Potential einer herrschenden Klasse wurden greifbar, als Wasserwerfer, die gegen Linke oder Antifa üblich waren, nun gegen Familien und Normalbürger gerichtet wurden, was die Identität der Polizei als Schutzinstanz untergrub und das Vertrauen in die Exekutive für immer zerstörte.
Vermächtnis eines übergriffigen Systems
Der 18. November 2020 markierte den Tiefpunkt, als der Staat Tausende, darunter über 600 Kilometer Gereiste, mit Kälte und brutaler Niederwerfung konfrontierte. Bilder der herangekarrten Wasserwerfer brannten sich ein, ihr Einsatz nach Durchsagen war unfassbar. Fünf Jahre später stellt sich die Frage nach der Legitimität: Ein System, das Grundrechte suspendiert, Proteste mit Gesundheitsargumenten erstickt und innere Konflikte ignoriert, untergräbt seine eigene demokratische Fassade. Die Herrschenden priorisierten Machtausübung über Bürgerrechte, enthüllten Kontrolle als Kern statt Schutz.