In der Nacht vom 12. auf den 13. Juni 2025 wurde das christliche Dorf Yelwata im nigerianischen Bundesstaat Benue Schauplatz eines barbarischen Massakers. Bewaffnete Fulani-Hirten, die „Allahu Akbar“ rufend durch die Straßen zogen, töteten etwa 200 Menschen, viele davon Binnenvertriebene, die in provisorischen Unterkünften Schutz gesucht hatten. Während Berichte von Augenzeugen und kirchlichen Organisationen von gezielter Christenverfolgung sprechen, lenkt das ZDF den Fokus auf Klimawandel und Ressourcenknappheit.

Ein Massaker mit Ansage: Gezielte Brutalität in Yelwata
Yelwata ist ein zu 97 Prozent katholisches Dorf in der Übergangszone zwischen dem muslimischen Norden und dem christlichen Süden Nigerias. Es gilt als Zufluchtsort für vertriebene Christen. Doch in jener Nacht wurde es zur Todesfalle. Laut der »Catholic News Agency« (CNA) und dem Hilfswerk »Kirche in Not« (KiN) stürmten schwer bewaffnete Fulani-Milizen, überwiegend auf Motorrädern, das Dorf. Ihr erstes Ziel war die St.-Josef-Kirche, in der 700 Menschen schliefen. Schlecht ausgerüstete Polizeikräfte konnten einen Angriff auf die Kirche verhindern, allerdings verhinderten sie nicht den Anschlag auf einen nahegelegenen Marktplatz, den die Angreifer heimsuchten, indem sie die Notunterkünfte mit Benzin als Brandbeschleuniger in Flammen setzten und zugleich das Feuer auf die Fliehenden eröffneten.
Geistliche des Dorfes äußerten scharfe Kritik an der Reaktion der Sicherheitskräfte. Die Polizei habe zwar versucht, die Angreifer am Eindringen in die Kirche zu hindern, sei jedoch unzureichend ausgerüstet gewesen.
„Am Morgen nach dem Anschlag waren genügend Polizisten und Sicherheitskräfte vor Ort, aber wo waren sie am Abend zuvor, als wir sie brauchten? […] Der Überfall ist mit Abstand die schlimmste Gräueltat, die wir je erlebt haben.“
»Priester / Kirche in Not«
Amnesty International berichtet, dass ganze Familien in ihren Häusern eingeschlossen und lebendig verbrannt wurden.
The Nigerian authorities must immediately end the almost daily bloodshed in Benue state and bring the actual perpetrators to justice.
— Amnesty International Nigeria (@AmnestyNigeria) June 14, 2025
The horrifying killing of over 100 people by gunmen that invaded Yelewata; from late Friday into the early hours of Saturday 14 June 2025, shows…
»Amnesty International Nigeria / 𝕏«
Pfarrer Ukuma Jonathan Angbianbee, der das Massaker überlebte, »schilderte«: „Überall lagen Leichen verstreut.“ Einige Opfer, darunter Säuglinge, Kinder und Eltern, waren bis zur Unkenntlichkeit verkohlt, wie auch die Stiftung für Gerechtigkeit, Entwicklung und Frieden (FJDP) laut dem »Bericht von KiN« im Bistum Makurdi dokumentierte.
These families in Benue are running for their lives as we speak
— Iliya Benoni Faruk (@IliyaBenoni) June 15, 2025
What then happens to the protection of your citizens @HyacinthAlia ?
I just passed by yelwata few minutes ago and I weep for the thousands of people I saw on the road in dare need of shelter.#endbenuegenocide pic.twitter.com/yCQoUpUfAl
Kirchliche Stimmen
Die Berichte kirchlicher Organisationen zeichnen ein klares Bild: Der Angriff war koordiniert und zielte auf die christliche Bevölkerung. Kirche in Not spricht von einem „dramatischen Höhepunkt“ einer seit Wochen andauernden Welle von Überfällen auf christliche Dörfer in Benue, bei denen bereits über 100 Menschen getötet wurden.
„Es ist ein dramatischer Höhepunkt einer seit einigen Wochen andauernden Welle von Überfällen auf mehrheitlich christliche Dörfer in der Region, bei denen bisher bereits mehr als 100 Menschen getötet worden sind. Tausende Menschen sind wegen des Terrors auf der Flucht. Viele sind nach Yelewata gekommen, weil die Stadt als relativ sicher galt. Nach dem aktuellen Angriff haben viele die Stadt jedoch verlassen.“
»Kirche in Not«
Papst Leo XIV. betete am Sonntag für die Opfer, die er als Binnenvertriebene beschrieb, die in der katholischen Mission Zuflucht gesucht hatten. Er verurteilte die „unerbittliche Gewalt“ gegen christliche Gemeinden in der Region.
„During the night between 13 and 14 June, a terrible massacre took place in the city of Yelwata, located in the local administrative area of Gouman, in the state of Benue, Nigeria. Around two hundred people were killed with extreme cruelty. The majority of those killed were internally displaced people who were being housed at a local Catholic mission. I pray that security, justice and peace prevail in Nigeria, a beloved country that has suffered various forms of violence. I pray in particular for the rural Christian communities in the state of Benue, who have unceasingly been victims of violence.“
»Vatican«
ZDF: Klimawandel statt Christenverfolgung
Während kirchliche Quellen und Augenzeugen die religiöse Dimension des Konflikts betonen, wählt das ZDF in seinem Bericht vom 16. Juni einen anderen Ansatz.
In Nigeria wurden gestern 200 Christen von Islamisten ermordet. Laut ZDF heute könnte der Klimawandel dafür verantwortlich sein. #OerrBlog pic.twitter.com/QrtnZFPvFy
— ÖRR Blog. (@OERRBlog) June 17, 2025
Unter Berufung auf die nationale Katastrophenschutzbehörde Nema, die die Zahl der Opfer nicht bestätigt, und andere Medien, die von „mutmaßlich radikalen Fulani-Milizen“ sprechen, erklärt der Sender die Gewalt mit Ressourcenkonflikten. „Mit der wachsenden Bevölkerung begann ein Kampf um fruchtbares Weide- und Ackerland“, heißt es im ZDF-Bericht. Konflikte zwischen christlichen Bauern und muslimischen Hirten hätten „einen religiösen Anstrich“ erhalten – eine Formulierung, die die gezielte Verfolgung von Christen herunterspielt.
Unglaublich, aber der Klimawandel wird als zentraler Konflikttreiber dargestellt: Weniger Weideflächen zwingen Hirten gen Süden, was Spannungen mit Bauern auslöse. Dass die Angreifer „Allahu Akbar“ riefen und gezielt christliche Unterkünfte in Brand setzten, findet im ZDF-Bericht keine Erwähnung. Stattdessen wird die Gewalt in einen Kontext von Umweltproblemen und wirtschaftlicher Not gestellt, während die religiöse Dimension marginalisiert wird.
„Dieser wird in Nigeria zunehmend als Konflikttreiber wahrgenommen. Wegen knapper werdender Weideflächen müssen Hirten weiter in Richtung Süden ziehen, was zu Konflikten führt. Lassen sich Flächen wegen des Klimawandels nicht mehr bebauen, fehlen Jobs; gleichzeitig verschlechtert sich die Versorgungslage.“
»ZDF«
Politische Ohnmacht und gesellschaftlicher Protest
Die Reaktion der nigerianischen Regierung unter Präsident Bola Tinubu, der seit 2023 im Amt ist, bleibt blass. Am Sonntagabend plädierte er auf 𝕏 für einen Prozess des Dialogs und forderte eine strafrechtliche Verfolgung der Täter.
I have been briefed on the senseless bloodletting in Benue State.
— Bola Ahmed Tinubu (@officialABAT) June 15, 2025
Enough is enough! I have directed the security agencies to act decisively, arrest perpetrators of these evil acts on all sides of the conflict, and prosecute them.
Political and community leaders in Benue State…
Doch in Benue, wo laut Amnesty International seit Tinubus Amtsantritt mindestens 6896 Menschen getötet wurden, stößt solche Rhetorik auf Skepsis. In der Hauptstadt Makurdi protestierten vor allem Jugendliche gegen die Untätigkeit von Gouverneur Hyacinth Iormem Alia und forderten ein Ende der Gewalt.

Die Region, bekannt als Nigerias „Kornkammer“, leidet seit Jahren unter wiederkehrenden Angriffen. Über 6000 Menschen sind laut Nema derzeit auf der Flucht, mehr als 1000 Haushalte benötigen dringend Lebensmittel, Wasser und medizinische Hilfe.

Die große Verdrehung: Wer definiert die Wahrheit?
Die Darstellung des ZDF wirft ein Schlaglicht auf ein größeres Problem: die Tendenz westlicher Medien, komplexe Konflikte auf vermeintlich neutrale Faktoren wie Klimawandel oder Ressourcenknappheit zu reduzieren, während religiöse und ideologische Motive ausgeblendet werden. Dass Fulani-Milizen in Yelwata gezielt christliche Binnenvertriebene attackierten, passt nicht in ein Narrativ, das Konflikte entpolitisiert und entreligiösiert. Die Verbindung zu islamistischen Gruppen wie Boko Haram oder dem „Islamischen Staat in der Westafrikanischen Provinz“, die in Nordnigeria aktiv sind, wird vom ZDF ebenso ignoriert wie die Forderung kirchlicher Akteure nach internationalem Schutz vor ethnischer und religiöser Säuberung.
Die Zahlen sprechen jedoch eine klare Sprache. Auch die Fakten vor Ort, verbrannte Leichen, zerstörte Unterkünfte, verzweifelte Überlebende, lassen sich nicht wegdiskutieren. Das Massaker von Yelwata ist kein isolierter Vorfall, sondern Teil einer systematischen Gewaltwelle gegen Christen in Nigerias Middle Belt. Die Verharmlosung dieser Gewalt durch Medien wie das ZDF, die die „Klimakrise“ als Vorwand benennen, ist nicht nur eine Verzerrung der Realität, sondern ein Verrat an den Opfern. Während Papst Leo XIV. und kirchliche Organisationen die Welt zur Solidarität aufrufen, bleibt die Frage: Wie lange wird die internationale Gemeinschaft die Augen vor der gezielten Verfolgung von Christen verschließen? Und warum wird die Wahrheit in Berichten wie dem des ZDF so offensichtlich verdreht? Die Antwort liegt vielleicht in der Angst, unangenehme Wahrheiten über religiöse Gewalt auszusprechen, eine Feigheit, die in Yelwata 200 Menschen das Leben kostete und weitere Opfer forden wird.