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Gerichtshammer auf Flaggen Deutschland/Israel
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Nicaragua erhebt Klage gegen Deutschland wegen „Beihilfe zum Völkermord“ in Gaza

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Minengefahr (Symbolbild)
Screenshot Tagesschau 19.11
Boris Pistorius
Nach der Klage Südafrikas gegen Israel erhebt Nicaragua den Vorwurf der Beihilfe zum Völkermord gegen Deutschland aufgrund der Unterstützung der israelischen Regierung im Gaza-Konflikt.
Zusammengefasst

Südafrika hatte bereits im Dezember Klage gegen Israel beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag eingereicht. Das Verfahren wurde eingeleitet „aufgrund des Verdachts der Verletzung des Übereinkommens über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (UN-Völkermordkonvention) in Gaza durch die Militäroperationen seit dem 7. Oktober 2023“, so Amnesty International. Ziel war es, im Eilverfahren, eine Verpflichtung zu sofortiger Einstellung der militärischen Handlungen im Gazastreifen zu erwirken.
Im März reichte Nicaragua eine Klage gegen Deutschland ein.

„Der Bundesrepublik wird vorgeworfen, etwa durch Rüstungslieferungen an Israel ,die Begehung eines Genozids‘ im Gazastreifen zu begünstigen.“ 

Rheinische Post

Der Völkerrechtler Stefan Talmon hält ein Scheitern der Klage für wahrscheinlich, wie er der Rheinischen Post gegenüber äußerte.

„Beihilfe ist eine Tat, die eine Haupttat voraussetzt. Und die Haupttat, in diesem Fall Völkermord, muss erst einmal festgestellt werden, bevor Beihilfe festgestellt werden kann.“

Stefan Talmon

Im Rahmen dieses Artikels soll nicht näher darauf eingegangen werden, wie die Erfolgsaussichten einer Klage eines anderen Staates gegen die Bundesrepublik Deutschland stehen, wenngleich ein Scheitern wegen einer noch nicht rechtskräftig festgestellten Haupttat wahrscheinlich sein dürfte.

Juristische Betrachtung bezüglich des Völkerstrafgesetzbuches

Aber es lohnt sich, die im deutschen Strafrecht relevanten Regelungen des Völkerstrafgesetzbuches (VStGB) einmal näher zu betrachten. Nach § 6 des VStGB muss zunächst die Absicht (der Vorsatz) nachgewiesen werden, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören, um den Vorwurf des Völkermordes zu begründen.

Bundesamt für Justiz, VStGB

Äußerungen israelischer Politiker hinsichtlich einer möglichen Absicht zur Begehung eines Völkermordes

Trägt man einige Äußerungen israelischer Politiker zusammen, drängt sich die Frage auf, ob möglich ist, diese Absicht (für eine Haupttat) nachzuweisen.
Da finden sich zunächst einmal die absoluten Hardliner Itamar Ben-Gvir, Minister für die Nationale Sicherheit Israels und der Finanzminister Bezalel Smotrich. Noch im Januar dieses Jahres trugen sie deutlich ihre Intention nach außen:

„Ben-Gvir sagte am Montag, der Krieg sei eine Gelegenheit, die ,Umsiedlung der Bewohner des Gazastreifens‘ zu fördern. Smotrich sagte am Sonntag dem israelischen Armeesender, wenn Israel richtig vorgehe, werde es eine Abwanderung von Palästinensern geben, ,und wir werden im Gazastreifen leben‘.“

watson

Gräbt man ein bisschen tiefer, finden sich etliche vergleichbare Aussagen israelischer Politiker.

Vorschlag zur Umsiedelung der Palästinenser durch israelischen Außenminister

Premierminister Benjamin Netanyahu selbst präsentierte während der UN-Vollversammlung im September 2023 eine Landkarte, die die palästinensischen Gebiete Israel zurechnet.

Umsiedlungspläne bestätigt

Hinzu kommt die Anerkennung eines Leaks des Geheimdienstministeriums , „das die Umsiedlung von Millionen von Gaza-Bewohnern nach Ägypten vorschlägt.“  (Quelle: CNN)

„Das Dokument ist auf den 13. Oktober datiert – nur wenige Tage nach dem Terroranschlag der Hamas – und wurde auf der Website Sicha Mekomit veröffentlicht. Darin stellt das Geheimdienstministerium drei Optionen für den Umgang mit der Zivilbevölkerung in Gaza nach den Hamas-Angriffen und dem Ausbruch des Krieges vor.
Die Autoren des Papiers kamen zu dem Schluss, dass die ,Alternative C‘, die eine Umsiedlung der Zivilbevölkerung des Gazastreifens in den nördlichen Sinai vorsieht, für die langfristige Sicherheit Israels am besten wäre.“

CNN

Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit?

Laut der strafrechtlichen Literatur muss die subjektive Absicht (der Vorsatz) zu einem Völkermord zur objektiv verwirklichten Tat hinzukommen und auf die Zerstörung einer geschützten Gruppe oder eines Teils einer solchen Gruppe abzielen.1 Allerdings reicht es aus, wenn der Täter einen Beitrag zu der Verwirklichung eines ihm bekannten, realistischen kollektiven Zerstörungsplans leistet.2
Das „zielgerichtete Wollen“, also die hinter den Taten stehende Absicht der Tötung der ethnischen Gruppe oder diese „unter Lebensbedingungen [zu stellen], die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herzustellen“, wie es im § 6 des VStGB benannt wird, „ist auch dann anzunehmen, wenn der Täter weiß, dass das Kollektiv, in dessen Zusammenhang er tätig wird, das realistische Ziel der (Teil-)Gruppenzerstörung verfolgt.“3

Die obigen Äußerungen von israelischen Politikern zielen offenkundig auf eine Vertreibung der Palästinenser aus Gaza ab. Das alleine reicht aber noch nicht aus, um einen Völkermord zu begründen.

Unabhängig davon dürfte es sich um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit handeln, § 7 des Völkerstrafgesetzbuchs, da die Militäroperation Israels einen ausgedehnten und systematischen Angriff auf die Zivilbevölkerung in Gaza darstellen dürfte.

Wer im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs auf die Zivilbevölkerung einen Menschen tötet (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 VSTGB), in der Absicht, eine Bevölkerung ganz oder teilweise zu zerstören, diese oder Teile hiervon unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, deren Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 VSTGB), einen Menschen, der sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er ihn unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 VSTGB), eine identifizierbare Gruppe oder Gemeinschaft verfolgt, indem er ihr aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen oder religiösen Gründen, aus Gründen des Geschlechts oder aus anderen nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts als unzulässig anerkannten Gründen grundlegende Menschenrechte entzieht oder diese wesentlich einschränkt (§ 7 Abs. 1 Nr. 10 VSTGB), wird in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit lebenslanger Freiheitsstrafe, in den Fällen der Nummern 3 bis 7 mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren und in den Fällen der Nummern 8 bis 10 mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

Israel erkennt Internationalen Strafgerichtshof nicht an

Israel hat das Römische Statut des internationalen Strafgerichtshofs zwar zunächst unterzeichnet, nahm diese Unterzeichnung aber nachträglich ebenso wie die USA zurück. Israel unterwirft sich daher nicht den Regelungen des Internationalen Strafgerichtshofs. Etwaige Verantwortliche in Israel haben daher in Israel wenig zu befürchten und auch nicht in anderen Staaten, welche den Internationalen Strafgerichtshof nicht anerkennen.

Deutschlands Rolle

Dies ändert aber nichts daran, dass Verantwortliche aus Deutschland zu einem potenziellen israelischen Völkermord, so beweisbar, eine strafbare Beihilfe leisten könnten. Gleiches gilt für den wesentlich wahrscheinlicherer Fall von Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der Anwendungsbereich des Völkerstrafgesetzbuches umfasst auch einen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Ausland, wenn dieser keinen Bezug zum Inland aufweisen. Verantwortliche im Ausland könnten also auch in Deutschland angeklagt werden. Viel relevanter ist aber, dass Verantwortliche in Deutschland wegen Beihilfe zu einem potentiellen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt werden könnten. Selbiges gilt auch bei Beihilfe zu Kriegsverbrechen, §§ 8 -12 des Völkerstrafgesetzbuches.

Aufgrund der Größenordnung der Waffenlieferungen seitens Deutschland üben nun bereits deutsche Beamte, unter ihnen hochrangige Minister Druck auf Bundeskanzler Scholz aus, wie die taz aktuell berichtet. In einem offenen Brief fordern sie, diese „mit sofortiger Wirkung einzustellen“. Sie sehen die Handlungen der israelischen Regierung klar im „Widerspruch zum Völkerrecht“.

  1. MüKoStGB/Kreß, 4. Aufl. 2022, VStGB § 6 Rn. 78 ↩︎
  2. MüKoStGB/Kreß, 4. Aufl. 2022, VStGB § 6 Rn. 85 ↩︎
  3. MüKoStGB/Kreß, 4. Aufl. 2022, VStGB § 6 Rn. 82 ↩︎

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Annika Hoberg

Annika Hoberg hat einen Magister in Germanistik, Anglistik und Philosophie. Sie arbeitet als Lehrerin und setzt sich als Aktivistin für Frieden, freiheitliche Werte und das Prinzip der Menschheitsfamilie ein.

2 Antworten

  1. Nicaragua wird von einer korrupten Regierung unter José Daniel Ortega Saavedra und seiner Frau Rosario Murillo regiert. Diese Regierung erinnert mich an die Herrschaft des rumänischen Diktators Nicolae Ceaușescu und seiner Frau Elena. Ortega agiert autoritär und missachtet die Grundprinzipien der Demokratie. Ortega und Murillo nutzen ihre politische Macht, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen und politische Gegner zu unterdrücken. Dies führt zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit und zur Verletzung der Menschenrechte in Nicaragua. Sie sollten vor ihrer eigenen Haustür wischen.
    GOTT bestimmt den Wechsel der Zeiten und Fristen; er setzt Könige ab und setzt Könige ein. (Bibel Daniel 2:21)
    Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er richten will den Erdkreis mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat und den er vor allen Menschen bestätigt hat, indem er JESUS CHRISTUS von den Toten auferweckt hat. (Bibel Apostelgeschicht 17:31)

    1. Das mag sein, ist aber unabhängig von der deutschen Beteiligung an Israels Völkerrechtsverstößen.
      Bibelzitate helfen da meines Erachtens auch nicht weiter, zumal es hier um eine rechtlich-analytische Einschätzung geht.

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