Die Konservative Partei erlitt schwere Verluste und gewann bisher nur 119 Sitze, 246 weniger als 2019. Die Liberaldemokraten verzeichneten ebenfalls Zugewinne und erreichten bislang 71 Sitze, ein Plus von 60 Sitzen. Die Schottische Nationalpartei (SNP) hingegen musste Einbußen hinnehmen und konnte bisher nur 9 Sitze gewinnen, deutlich weniger als die 48 Sitze, die sie 2019 errungen hatte.
Die folgende Grafik zeigt die bisherigen Ergebnisse für alle Parteien, die Sitze gewonnen haben.
BBC: Ergebnisse: Parteien nach Sitzen
Hohe Wahlbeteiligung und große Unzufriedenheit
Die Wahlbeteiligung bei diesen Parlamentswahlen war hoch. Sie lag bei 65,4 %, ein leichter Rückgang im Vergleich zu den Parlamentswahlen 2019, bei denen 67,3 % der Briten wählten.
Das Ergebnis der dramatischen Veränderung spiegelt die Unzufriedenheit der Öffentlichkeit mit der derzeitigen Regierung und ihren Wunsch nach einer neuen Richtung unter der Führung von Labour wider.
Sky News betonte bezüglich des überwältigenden Sieg von Labour und insbesondere der Verluste der konservativen Partei: „Das Ausmaß dessen, was wir hier sehen: Wir haben noch nie einen derartigen Zusammenbruch bei einer Wahl erlebt.“
Rishi Sunak tritt als Vorsitzender der Konservativen zurück
Rishi Sunak gab seinen Rücktritt als Vorsitzender der Konservativen Partei bekannt, bleibt aber bis zur Wahl eines Nachfolgers im Amt. Dies ist ein bedeutender Moment in der britischen Politik.
Sein Rücktritt löste sofort Spekulationen über mögliche Nachfolger aus, darunter Kemi Badenoch, James Cleverly, Suella Braverman, Robert Jenrick und Jeremy Hunt. Keiner hat bisher offiziell seine Kandidatur erklärt.
Sunaks Amtszeit war von wirtschaftlicher Instabilität und parteiinternen Konflikten geprägt. Sein Rücktritt spiegelt den wachsenden Druck und den Ruf nach neuer Führung innerhalb der Partei wider. Sunak stand häufig wegen seiner Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Kritik, insbesondere wegen der steigenden Lebenshaltungskosten, der Inflation und der nationalen Verschuldung. Kritiker warfen ihm vor, keine effektiven Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft ergriffen zu haben.
Seine Führung wurde oft infrage gestellt, und es gab zahlreiche Berichte über Meinungsverschiedenheiten und Spaltungen innerhalb der Partei.
Kritiker bemängelten außerdem, dass Sunaks Politik die soziale Ungleichheit verstärkt habe. Insbesondere die Kürzungen im Sozialbereich und die Steuerpolitik wurden als begünstigend für wohlhabendere Bürger und nachteilig für ärmere Bevölkerungsgruppen angesehen.
Nächste Schritte für die Konservative Partei
Die Wahl eines neuen Parteivorsitzenden wird in den kommenden Tagen und Wochen stattfinden. Der neue Vorsitzende muss die Partei einen und dringende Probleme angehen, die zu den erheblichen Verlusten in den letzten Wahlen geführt haben.
Keir Starmer wird neuer Premierminister: Labour’s Triumph
Labour-Chef Keir Starmer sicherte sich einen überwältigenden Wahlsieg und wird der nächste Premierminister Großbritanniens. Er führte die Labour-Partei mit dem Versprechen „Change“ zurück zu Seriosität, nachdem sie jahrelang eher als eine protestierende Stimme wahrgenommen wurde.
In seiner Wahlkampfrede betonte Starmer seine persönliche Reise und seine Vision für die Zukunft Großbritanniens:
I „have no doubt that the work of change begins immediately.“ / „Ich habe keinen Zweifel, dass die Arbeit an der Veränderung unmittelbar beginnt.“ (labourlist) Er hob die Bedeutung wirtschaftlicher Stabilität hervor und kritisierte die Auswirkungen der konservativen Regierung auf Lebensstandard und öffentliches Vertrauen.
Starmer’s Botschaft fand Anklang bei Wählern, die nach Jahren politischer Turbulenzen Veränderung und Stabilität suchen. Seine Rolle bei der Gestaltung des Sieges der Labour-Partei ist tragend. Seine Fähigkeit, sich mit Wählern durch seinen Hintergrund und klare politische Richtungen zu verbinden, hat ihn als zentrale Figur in der britischen Politik positioniert.
Eine Antwort
Der Artikel gibt den Sachverhalt leider unvollständig und daher irreführend wieder:
Die Sitze ergeben sich rein aus Mehrheitswahlrecht („der Kandidat mit den meisten Stimmen im Wahlkreis gewinnt“ bzw. „the winner takes it all“), wobei auch ein Kandidat mit z. B. 20 % der Stimmen einen Wahlkreis gewinnen kann, wenn es viele andere Kandidaten gibt, die alle weniger Stimmen bekommen.
Das Ergebnis nach Sitzen im Parlament sagt entsprechend wenig über die Verteilung der Stimmen auf die Parteien, die das Meinungsbild im Land spiegelt. Und auch nichts über die absoluten Stimmenzahlen – Labour hatte bei dieser Wahl sogar weniger Wähler als 2019 und verbesserte sich nur um 2 Prozentpunkte auf 34 %.
Die Liberalen verbesserten sich von 11 auf 71 Sitze, obwohl ihr Anteil nur um 0,6 Prozentpunkte auf 12,2 % gestiegen ist.
Reform UK hingegen verbesserte sich von 2 auf 14 Prozent, erreichte damit aber (durch Wahlkreisgewinne) nur 4 Sitze.
Ist das gerechter als das bundesdeutsche Wahlsystem? Diese Beispiele sollten denjenigen eine Warnung sein, die für ein reines Mehrheitswahlrecht im Bundestag plädieren.
Mehr z. B. hier: https://www.achgut.com/artikel/erdrutschniederlage_nicht_erdrutschsieg