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Protest Amsterdam (Symbolbild)
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Gewalt rund um Ajax-Spiel befeuert Israel-Narrative

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In Amsterdam gab es Ausschreitungen durch Hooligans im Kontext Nahost. Parallel verabschiedete der Bundestag eine Resolution, die politische Kritik an Israel als antisemitisch einstuft.
Zusammengefasst

Die Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema hatte eine Pro-Palästina-Demonstration in der Nähe des Johan-Cruijff-Stadions verboten, wo Ajax Amsterdam am Donnerstagabend in der Europa League auf den israelischen Verein Maccabi Tel Aviv traf, wie Dutch News berichtete. So befürchtete Halsema „drohende gewalttätige Auseinandersetzungen” (a “threat of violent confrontations”) bereits im Vorfeld des Spiels.

Es geschah, wie vorhergesagt. Es kam zu Ausschreitungen zwischen propalästinensischen Demonstranten und der Polizei in Amsterdam. Auch israelische Hooligans waren nicht unbeteiligt. Internationale Aufregung folgte und die Sicherheitslage für israelische Fans wurde in den Fokus gerückt. Die israelische Regierung organisierte eine schnelle Rückführung der betroffenen Fans als Reaktion darauf. Nun reist Israels Außenminister Gideon Sa’ar spontan in die Niederlande, um Mitglieder der jüdischen Gemeinde zu treffen.

Polarisierung durch undifferenzierte Berichterstattung

Die Berichterstattung entspricht der jeweiligen Seite. Bild titelt gewohnt reißerisch „Israel-Hasser machen Jagd auf Fußballfans aus Tel Aviv”, die Tagesschau schreibt von „israelische[n] Fans, [die] attackiert” wurden und Focus nennt es gleich „islamistischen Terror”, den Artikel dazu entsprechend dekoriert mit einem Bild einer vermummten Person, die die Palästina-Flagge hält. Die Assoziationen sind damit klar gesetzt. Der Vorsitzende der niederländischen Partei PVV, Geert Wilders scheut sich noch nicht einmal das Wort „Pogrom” über 𝕏 in die Debatte einfließen zu lassen, israelische Politiker selbstverständlich ebenso wenig und Epoch Times nimmt dieses Zitat mal eben in den Titel auf, offenbar unter der Billigung der Konsequenzen, die es nach sich zieht und ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Bedeutung. Ein Pogrom ist der „kollektive Angriff auf eine ethnische oder religiöse Minderheit“, nicht der gewalttätige Exzess von Hooligans, unabhängig davon, inwieweit politische Umstände diesen bedingen. Vielmehr ist die ständige Gleichsetzung mit dem Holocaust nichts anderes als der Missbrauch entsprechender Begrifflichkeiten und damit die Instrumentalisierung der Opfer der entsprechenden Zeit zur Rechtfertigung von offenkundigen Verbrechen gegen die Menschlichkeit seitens der Israelischen Regierung.

Die Medienberichterstattung und entsprechende politische Aussagen, polemisch oder vereinfacht getätigt, tragen zur Polarisierung bei und erschweren eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Ereignissen.

Aufgrund dieser Berichterstattung ist es schwierig, genauer zu analysieren, was in Amsterdam tatsächlich geschah. Dass derartige Ausschreitungen nie einseitig zu betrachten sind, sollte allerdings auf der Hand liegen. Erste Recherchen legen nahe, dass israelische Hooligans möglicherweise eine provokante Rolle gespielt haben könnten, etwa durch Gesänge mit rassistischem und gewaltverherrlichendem Inhalt sowie durch das Entfernen palästinensischer Flaggen. Berichte dazu finden sich in erster Linie in den sozialen Medien.

𝕏-Post Tarek Baé
𝕏-Post The Cradle

Der Hinweis, israelische Soldaten seien in Amsterdam vor Ort gewesen, kommt nicht von ungefähr. Die Jerusalem Post titelte am 5. November “Just in case: Mossad agents to join Maccabi Tel Aviv FC trip to Amsterdam”/ „Für den Fall der Fälle: Mossad-Agenten begleiten die Reise des FC Maccabi Tel Aviv nach Amsterdam”.

Resolution zur Unterbindung von Kritik an Israel?

Parallel zu den Ereignissen in Amsterdam hat nun die Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages eine Resolution mit dem Titel „Nie wieder ist jetzt: Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken” verabschiedet, welche sogar seitens der AfD mit Lob bedacht wird.

𝕏-Post Tarek Baé

Die Ampelkoalition und die Union hatten sich darauf geeinigt, dass politische Kritik an Israels Regierungshandeln künftig als antisemitisch eingestuft werden könnte. Der Beschluss kam nach langwierigen Verhandlungen zustande, die hinter verschlossenen Türen stattfanden. Kritiker dieser Vorgehensweise bemängeln nicht nur den Mangel an Transparenz, sondern auch die Gefahr, dass legitime Kritik an Israel pauschal als Antisemitismus verurteilt werden könnte.

Die Resolution bezieht sich ausdrücklich auf die umstrittene IHRA-Definition (IHRA: Internationale Allianz zum Holocaustgedenken) von Antisemitismus, die auch aus Israel selbst vielfach kritisiert wird. Viele sehen in der IHRA-Definition einen politischen Hebel, um die Kritik an Israels Militärpolitik oder an der Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten als antisemitisch zu brandmarken. Namhafte Historiker und Holocaustforscher haben sich daher von dieser Definition distanziert, Alternativen entwickelt und den Bundestag in offenen Briefen dazu aufgerufen, ihre Argumente ernst zu nehmen. Besonders das Beispiel der Berlinale im Februar 2024, das die Resolution als antisemitisch bezeichnete, wird von Kritikern angeführt: Ein israelischer und ein palästinensischer Filmemacher hatten dort einen Waffenstillstand und ein Ende der israelischen Besatzung gefordert. Viele sehen in der Bundestagsresolution eine drastische Einschränkung der Meinungsfreiheit, die jede Form von israelkritischem Diskurs unter Generalverdacht stellt. In dem Schreiben heißt es, man wolle „Gesetzeslücken […] schließen und repressive Möglichkeiten konsequent ausschöpfen […], um eine möglichst wirksame Bekämpfung von Antisemitismus zu gewährleisten.” Alternative Formulierungsvorschläge wurden ignoriert.

Amnesty International sieht in der Resolution „schwerwiegende Verletzungen von Grund- und Menschenrechten sowie Rechtsunsicherheit”. Sie schaffe „Raum für Missbrauch” und kriminalisiere „legitime Kritik an der israelischen Regierungspolitik”.

Dennoch geht man auch in diesem Antrag wieder so weit, die Lehre und damit die Bildung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland mit in die Verantwortung zu ziehen:

„Deshalb sind Schulen und Hochschulen darin zu unterstützen, weiterhin von ihren rechtlichen Möglichkeiten Gebrauchzu machen oder entsprechende Möglichkeiten zu implementieren. Dazu gehören
die Anwendung des Hausrechts, der Ausschluss von Unterricht oder Studium bis
hin zur Exmatrikulation in besonders schweren Fällen.
Hier wäre es hilfreich, den Kampf insbesondere gegen Antisemitismus verbindlich in
die entsprechenden Curricula von Studiengängen aufzunehmen, Lehrende entsprechend
zu qualifizieren und flächendeckend Beauftragte gegen Antisemitismus an
Hochschulen zu ernennen.”

Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP
„Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen,
bewahren und stärken

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Annika Hoberg

Annika Hoberg hat einen Magister in Germanistik, Anglistik und Philosophie. Sie arbeitet als Lehrerin und setzt sich als Aktivistin für Frieden, freiheitliche Werte und das Prinzip der Menschheitsfamilie ein.

Eine Antwort

  1. Das ist die Arbeitsdefinition der IHRA
    https://holocaustremembrance.com/resources/arbeitsdefinition-antisemitismus
    Schwierig an ihr finde ich die Mischung aus berechtigten und m.E. weniger berechtigten Anliegen.
    Z.B. Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet oder gefordert wird.
    Ich erwarte oder fordere von JEDEM demokratischen Staat, dass er keine Angriffskriege führt und keine Genozide verübt. Dennoch ist es genau das, was die USA mit ihren NATO-Partnern im Nahen Osten seit vielen Jahren andauernd tun! Ich kritisiere das an den USA und Israel. “Darf ich das?” Oder deswegen nicht, weil die Kritik wirkungslos ist bezogen auf die NATO, zu der auch Deutschland gehört?
    Es ist also sehr auslegungsbedürftig und wenig bestimmt, was da steht. Und es ermöglicht so dem sanktionierenden Staat weitreichende Möglichkeiten.

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