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Jette Nietzard und die Jobsuche
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Screenshot / Instagramvideo / Jette Nietzard

Von der Parteibank ins Jobroulette: Jette Nietzard will alles außer Alltag

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Nach einem Abgang voller Eklats und Instagram-Statements jagt Jette nun dem „geilsten Shit“ hinterher. Normale Arbeit steht dabei ganz unten auf der Liste.
Zusammengefasst

Jette Nietzard, die 26-jährige Co-Sprecherin der Grünen Jugend, steht vor einem beruflichen Wendepunkt. Im Oktober 2025 endet ihre Amtszeit, und sie hat entschieden, nicht erneut für das Amt zu kandidieren. Der Grund sind interne Konflikte, Anfeindungen und ein Gefühl der Entfremdung innerhalb der eigenen Partei. Besonders stichelte sie gegen den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und Cem Özdemir, der dessen Nachfolge anstrebt. In einem »Video auf Instagram«, das wie ein Abschiedsbrief an die Grünen klingt, klagte sie:

„Mal wurde ich in Fraktionssitzungen ausgebuht, mal wurde ich von Realo-Spitzenpersonal angeschrien oder von Ministerpräsidenten oder solchen, die es werden wollten, wurde mein Rücktritt gefordert. […] Ganz ehrlich, das sollte nicht der Alltag einer Grünen-Jugend-Sprecherin sein.“

»Jette Nietzard /Instagram«

Nun zog die Konsequenz: Rückzug aus dem Amt, aber nicht aus der Partei. Sie bleibt Mitglied, versprach jedoch, „die linke Stimme“ zu bleiben. Ein Abgang mit erhobenem Haupt oder ein Fluchtversuch aus einer Partei, die ihre radikalen Töne nicht mehr erträgt?

Von der Kaderschmiede zur Jobsuche: Ein Realitätscheck

»Nietzards bisheriger Werdegang« liest sich wie das Drehbuch einer idealistischen Heldin in einer Welt, die nicht immer mitspielt. Geboren 1999 in Leverkusen, studierte sie Erziehung und Bildung und schloss, entgegen den meisten Grünen, 2022 mit einer Abschlussarbeit ab, die »mit dem Titel«Wechselwirkung von Ökonomisierung und Professionalisierung in der frühkindlichen Bildung aus einer kapitalismuskritischen Perspektive“ nicht gerade nach Bestseller klingt. Danach arbeitete sie zwei Jahre in der Geflüchtetenhilfe, unter anderem am Berliner Hauptbahnhof und als Einrichtungsleitung für unbegleitete minderjährige Geflüchtete. 2024 wechselte sie zum Deutschen Kinderhilfswerk, legte diese Tätigkeit jedoch im November desselben Jahres nieder, um sich ganz der Grünen Jugend zu widmen. Seit Oktober 2024 ist sie Co-Sprecherin, gemeinsam mit Jakob Blasel, in einer Zeit, die von parteiinternen Krisen geprägt war. Der vorherige Vorstand trat zurück, weil er bei den Grünen „keine Mehrheiten für eine klassenorientierte Politik“ sah. Nietzard trat an, um die Kluft zu überbrücken, doch ihre provokanten Auftritte machten sie schnell zur Zielscheibe.

Nun steht sie vor einem neuen Kapitel: Der Jobsuche. In einem TikTok-Video, das zwischen jugendlichem Elan und naiver Selbstüberschätzung schwankt, spricht sie ihre Follower an: „Leute, ich bin ja auf Jobsuche, ab Oktober, November, Dezember, so mal gucken. Es ist voll schwierig, weil ich hab jetzt so mega den Job gehabt mit Reisen und politischem Machen und Presse und dies das.“ Büroalltag? Fehlanzeige. „Ich will nicht wieder 40 Stunden im Büro sitzen“, betont sie und träumt von „geilen Sachen“, von „dem geilsten Shit“, den niemand kennt. Ihre einzige Bedingung? „Ich muss Geld verdienen.“ Klingt nach einer, die den Glamour der politischen Bühne gewohnt ist und nun merkt, dass die echte Arbeitswelt nicht aus Instagram-Filtern und Presseterminen besteht.

»Jana / 𝕏«

Provokation als Lebensstil

Nietzards Zeit bei der Grünen Jugend war ein Feuerwerk der Provokation. Im Mai 2025 zeigte sie sich auf Instagram mit einem „ACAB“-Pullover („All Cops Are Bastards“) und einer Kappe mit der Aufschrift „Eat the rich“. Die Reaktionen? Empörung. Kretschmann forderte ihren Parteiaustritt: „Ich verstehe überhaupt nicht, was die bei uns will.“ Parteichef Felix Banaszak nannte ihre Polizeikritik „inakzeptabel“, und Cem Özdemir betonte, die Polizei verteidige auch grüne Werte. Nietzard ruderte halbherzig zurück: Der Pullover sei eine private Angelegenheit, aber sie habe „noch ein paar andere Pullis im Schrank“, die für Diskussion sorgen könnten. Ironisch, selbstbewusst, aber auch ein bisschen realitätsfern.


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Dann war da auch ihr Silvester-Post: „Männer, die ihre Hand beim Böllern verlieren, können zumindest keine Frauen mehr schlagen.“ Nach massiver Kritik wurde der Beitrag gelöscht, doch der Schaden war angerichtet.

Screenshot

Im Juni diesen Jahres stolperte sie über ein »Video zu Gaza und Israel«, das den 7. Oktober 2023 als „militärische Operation“ bezeichnete.

„Über 50.000 PalästinenserInnen und 1200 Israelis sind bei militärischen Operationen umgekommen. Denn Israel setzt Hunger und die Restriktion humanitärer Hilfe als Waffe gegen die Menschen im Gazastreifen ein, auch wenn sie nichts damit zu tun haben.“

»Jette Nietzard / WeLT«

Die Grüne Jugend sah sich gezwungen, einen „Transparenzhinweis“ zu veröffentlichen, und »Nietzard entschuldigte sich darin« für ihre Aussage.

»Screenshot / Grüne Jugend / Instagram«

Der war jedoch »ein RBB-Podcast«, in dem sie über Widerstand gegen eine mögliche AfD-Regierung sprach und die Frage stellte, ob ein Widerstand gegen eine mögliche AfD-Regierungsbeteiligung 2029 auch bewaffneten Charakter haben könne. Sie gab zu, keine Antwort zu haben, doch die Frage allein reichte, um Empörung auszulösen. Auch für diese Aussage wurde sie scharf kritisiert. HAINTZmedia berichtete auch über diesen Eklat.

Während ihrer kurzen politischen Laufbahn bewegt sich Nietzard in einer eigenen Weltsicht, in der sie provokante Äußerungen höher gewichtete, als sorgfältig ausgearbeitete Lösungsansätze zu bieten.

Die Traumwelt der „linken Stimme“

»Nietzard sieht sich selbst« als „linke Hoffnung“ der Grünen, die „immer nach oben tritt“. Sie kritisiert „Superreiche“ und „Immobilienkonzerne“, die für hohe Mieten verantwortlich seien. Ihre Vision sei eine klimafreundliche, sozial gerechte Gesellschaft mit kürzeren Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich und einer Vermögensbesteuerung. Doch ihre Vorschläge, wie eine „Sozialpflichtigkeit“ für Reiche, wirken wie aus einer Parallelwelt, in der praktische Umsetzung zweitrangig ist. Sie habe versucht, Aufmerksamkeit auf Ungerechtigkeiten zu lenken, sagt sie, doch ihre Methoden scheinen eher auf Aufmerksamkeit für sich selbst abzuzielen.

„In der ganzen Zeit habe ich versucht, Aufmerksamkeit auf linke Themen und auf Ungerechtigkeiten zu lenken. Und auch wenn man meine Art und meinen Weg dabei vielleicht kritisieren will, egal ob bei Polizei oder bei übergriffigen Männern oder beim Rechtsruck in der Migrationspolitik: Ziel meiner Kritik waren immer Menschen in Machtpositionen, die ihrer Verantwortung halt einfach nicht gerecht wurden. […] Man kann vieles über mich sagen, aber auf eins werde ich immer stolz sein, und zwar, dass ich immer nach oben getreten habe und nie nach unten.“

»Jette Nietzard /Instagram«

Ihre aktuelle Jobsuche spiegelt diese Traumwelt wider. Auf TikTok schwärmt sie, während sie ihre farbbekleckste Hand in die Kamera hält, denn sie renoviert gerade, nebenbei:

„Ich kann mir Ausland vorstellen, ich kann mir Inland vorstellen, ich will alles machen, alles gleichzeitig“

»Jette Nietzard / Jana / 𝕏«

Der Kontrast könnte nicht größer sein: Einerseits die selbsternannte Kämpferin gegen „das fossile Kartell“ und „die Macht der Superreichen“, andererseits eine junge Frau, die keine Lust auf einen 40-Stunden-Job hat, aber „übelst Bock“ auf etwas „Geiles“. Online gibt man sich Mühe, ihre Aussagen mit ebenso absurden „Jobideen“ zu spiegeln:

«Screenshot / Ixora / 𝕏«

Die Grüne Jugend als Kaderschmiede

Die Grüne Jugend gilt seit ihrer Gründung nicht nur als Hort radikal linker Ideen, sondern auch als Kaderschmiede für den politischen Nachwuchs. Wer hier früh Verantwortung übernimmt, hat gute Chancen, sich rasch in der Bundespartei einen Namen zu machen und Netzwerke zu knüpfen, die den Aufstieg in Spitzenpositionen erleichtern, wie bei »Ricarda Lang« oder »Felix Banaszak«, letzterer immerhin mit Studienabschluss, jedoch ohne jedwede praktische Berufserfahrung. Beide standen an der Spitze der Grünen Jugend, bevor sie in die erste Reihe der Bundespolitik aufrückten. Lang, die ihr Jurastudium abbrach, um sich ganz der Politik zu widmen, wurde 2022 Bundesvorsitzende der Grünen und zog erneut in den Bundestag ein. Banaszak, ebenfalls ehemaliger Jugendverbandssprecher, machte über den Landesvorsitz in Nordrhein-Westfalen Karriere und »wurde 2024 Parteichef«.

Die Partei bietet, so kritisieren Beobachter, besonders jenen attraktive Aufstiegschancen, die innerparteilich nicht anecken und früh im politischen Betrieb Fuß fassen. Dass formale Bildungswege dabei nicht zwingend Voraussetzung sind, zeigt nicht nur Langs Werdegang. Laut einer »Untersuchung der FuchsRichter Akademie« verfügten 74,4 % der grünen Bundestagsabgeordneten über keinerlei Berufserfahrung außerhalb der Politik.

»Screenshot / FuchsRichter Akademie«

Kritiker sehen darin ein Indiz für eine politische Sozialisation, die stark innerhalb des Parteiapparates stattfindet und weniger auf praktischer Berufserfahrung basiert.

Fazit: Auf der Suche nach dem „geilsten Shit“

Jette Nietzard ist auch ein Produkt ihrer Zeit: Eine junge und radikale Aktivistin, die in den sozialen Medien lebt, wo Likes und Empörung die Währung sind. Ihre Jobsuche ist weniger ein Karriereschritt als ein Spiegelbild ihrer Traumwelt, in der Arbeit „mega“ sein muss und 40 Stunden im Büro ein Albtraum sind. Vielleicht sollte sie Schiffschaukelbremserin werden, wie ein Kommentator vorschlägt, ein Job, der so absurd klingt wie ihre Vorstellung, „alles gleichzeitig“ zu machen. Oder Friedhofswärterin, wo niemand widerspricht. Eines ist sicher: Nietzard wird die Bühne nicht so schnell verlassen. Ob als „linke Stimme“ oder als TikTok-Star auf der Suche nach dem „geilsten Shit“, sie bleibt ein Phänomen, das zwischen Idealismus und Selbstinszenierung schwankt. Die Arbeitswelt wird’s richten. Oder auch nicht.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

Eine Antwort

  1. Welche Sprache sprechen Sie hier? Das heißt z.B Flüchtlinge und Flüchtlingshilfe. Was soll dieser moderne Gendermist? Das generische Maskulinum ist legal!

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