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Wahlveranstaltung Freie Wähler, Aiwanger
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Am 5. September 2024 fand in Ahlen ein Treffen der Freien Wähler statt, bei dem Hubert Aiwanger sprach. Dabei wurde er mit der Frage nach der Brandmauer konfrontiert.
Zusammengefasst

Ein Kommentar von Rechtsanwalt und Steuerberater Christian Moser

Donnerstagabend war ich bei einem Treffen der Freien Wähler in Ahlen, bei dem der Vorsitzende der Partei, Hubert Aiwanger, sprach, der zugleich bayerischer Vize-Ministerpräsident und Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie ist. In seinem langen Vortrag referierte er zu einer Reihe von Sachthemen, zu denen er vernünftige Ansichten vertrat, die große Schnittmengen mit der AfD aufwiesen.

Er begann seinen Vortrag aber schon damit, festzustellen, dass seiner Meinung nach die AfD nichts werde bewirken können, weil niemand mit ihr zusammenarbeiten wolle. Deshalb führe die AfD immer zu einer roten Regierung. Er wolle auf keinen Fall mit der AfD zusammenarbeiten und dürfe das laut Parteibeschluss auch nicht.

Sein Ziel sei es, im Bund eine Koalition mit der CDU und der FDP einzugehen, obwohl er die CDU als eine Partei mit linker Politik bezeichnete und die Prognose aufstellte, dass sich die CDU selbst zerlegen werde, wenn sie nun in Thüringen oder Sachsen eine Koalition mit den Linken eingehen werde.

Kritische Zwischenfragen zur Brandmauer

Ein Bekannter von mir und ich fragten nacheinander Aiwanger, wie er es verantworten könne, jetzt, wo Deutschland am Abgrund stehe, diejenige Kraft, die eine Wende in der Politik bringen könnte, aktiv auszugrenzen. Die Antwort war unbefriedigend.

Einerseits sagte er, dass es in der AfD Leute gebe, die unvernünftig seien, andererseits rechtfertigte er seine Koalition mit der CDU damit, dass man sich in der Partei des Koalitionspartners nicht jeden aussuchen könne und es auch nicht darum gehen dürfe, ob man mit allem einverstanden sei. Warum er denselben Maßstab nicht auch an die AfD anlegen könne, erklärte er nicht.

Es fehlte jedes sachliche Argument, was denn nun die Brandmauer gegenüber der AfD begründe. Folglich kann ich nur den Schluss ziehen, dass es sich hier um reines Konkurrenzdenken handelt.

Verbot an Berger, mit der AfD zusammenzuarbeiten, bestätigt

Aiwanger bestätigte, dass er den sächsischen Abgeordneten Berger angewiesen habe, keine Kooperation mit der AfD einzugehen. Dies beruhe auf dem Unvereinbarkeitsbeschluss der Partei. Er relativierte insoweit, dass eine Übereinstimmung in Sachfragen denkbar sei. Seine rigorose Abneigung gegenüber dem Konkurrenten blieb aber augenfällig. 

Da haben wir es wieder: Er behauptet einfach, die AfD werde nichts bewirken können, weil niemand mit ihr zusammenarbeiten wolle und dann setzt er selbst alles daran, der AfD in Sachsen die Sperrminorität zu vereiteln, die der für die Freien Wähler gewählte Abgeordnete Berger der AfD verschaffen könnte. Er nimmt es lieber in Kauf, dass die Roten in Sachsen durchregieren und niemand sie daran hindern kann, wenn es denn die AfD wäre, die sie hinderte. Dann kann er wieder behaupten, die AfD bewirke ja nichts, obwohl er selber verursacht hat, dass die AfD nichts bewirken kann.

Geht es ihm also um Deutschland? Mir scheint, dass Aiwanger schlicht seine Koalition mit der CDU in Bayern nicht gefährden möchte.

Freie Wähler sorgen sich mehr um die Partei als um Deutschland

Ich nehme von der Veranstaltung den Eindruck mit, dass es bei ihm und den Freien Wählern einen großen Frust darüber gibt, der auch kaum verhohlen wird, dass die AfD in der Wählergunst das Rennen gemacht hat. Statt nun die Interessen Deutschlands an oberste Stelle zu setzen, das Gespräch mit denen zu suchen, die die gleichen Ziele haben, fällt Aiwanger nichts anderes ein, als den Konkurrenten möglichst zu unterdrücken. Wer aber seine eigenen Ziele nicht verwirklichen will, wem es nur darum geht, einen Ministerposten zu bekommen, mit einem Koalitionspartner, der gegen die eigenen Ziele steht, dem geht es nur um die Partei und seine Karriere.

Wenn ich hier Unrecht haben sollte, wenn mein gefestigter Eindruck mich täuschen sollte, dann kann er mir das gerne widerlegen, er hat aber meine weiteren Fragen abgewürgt, er wolle jetzt nicht über die AfD reden. Ich konnte ihm gerade noch entgegenrufen, dass es doch wohl nicht um Parteien, sondern um Deutschland gehen müsse, aber das wollte er wohl nicht hören.

Ich kann verstehen, dass er von der AfD nichts hören wollte, denn leider ist die Partei der Freien Wähler ein totes Pferd und der Reiter muss sich ziemlich frustriert fühlen. 

Zuhörer unzufrieden

Erfreut konnte ich feststellen, dass aus den Reihen der Zuschauer einiges an Zuspruch zu unseren Fragen kam. Einige dachten dasselbe wie wir und empfanden Unmut über die Haltung Aiwangers und der Freien Wähler. Was will man denn erwarten, wenn jemand als Interessenvertreter mandatiert werden möchte, sich dabei aber windet wie ein Aal? Was würden denn meine Mandanten sagen, wenn ich dauernd versuchen wollte, es dem Gegner recht zu machen? 

Auf die Frage meines Bekannten, ob Aiwanger nicht mehr klare Kante zeigen wolle, sagte er, dass es immer so schwierig sei, wenn die Presse ihm das Wort im Mund herumdrehe. Er brachte dazu ein Beispiel, wo die Presse bewusst über seine Aussagen log. Anscheinend merkte er selbst nicht, dass gerade dieses Beispiel zeigt, dass es völlig egal ist, was man sagt, denn die Presse lügt ohnehin. Dann aber ist es besser, das zu sagen, was man wirklich denkt. Wer hat denn das beste Wahlergebnis eingefahren? Es war Höcke, derjenige, der am Meisten polarisiert. Es gibt in der Politik leider zu viel Anpassung und zu wenig Klarheit.

Jedenfalls habe ich heute Klarheit darüber gewonnen, dass die Freien Wähler Deutschland nicht retten werden.

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Eine Antwort

  1. 👆👆👆👆👆👆👆👆👆👆

    Hubert Aiwanger hat eine bisher nicht bekannte und nicht unwesentliche Rolle beim Entstehen der AfD gespielt.

    Der Gründer der AfD Prof. Lucke hatte zuerst auf der Landesliste der Freien Wähler zur Landtagswahl kandidiert und wollte auch bundespolitisch mehr Einfluss haben bei den Freien Wählern. Hubert Aiwanger hat den eloquenten Prof. Lucke als innerparteiliche Konkurrenz gesehen und hat alles daran gesetzt Lucke wegzubeissen.

    In der Folge hat sich die AfD gebildet. In Baden-Württemberg z. B. lief der halbe Landesverband zur AfD über. Der Landesvorsitzende und sein Stellvertreter wechselten zur AfD. Der frühere Landesvorsitzende der Freien Wähler, Dr. Grimmer, übernahm eine führende Rolle bei der AfD und wurde erster direkt gewählter Abgeordneter der AfD.

    In ihrer Anfangszeit war die AfD nicht nur programmatisch kongruent mit den Freien Wählern, sondern vielmehr auch personell von vielen ausgetretenen Freien Wähler repräsentiert. Die AfD ist sozusagen auch Fleisch vom Fleisch der Freien Wähler.

    Eine ähnliche Entwicklung gab es bei der CDU/CSU. Auch hier hatten viele enttäuschte Kader zur AfD gewechselt.

    Warum Hubert Aiwanger ausgerechnet gegen eine programmatisch den Freien Wählern sehr nahestehende AfD schiesst, lässt sich nur mit frühpupertärem Konkurrenzdenken und Pfründesicherung erklären.

    Sehr schade eigentlich. Zusammen könnten die konservativen Kräfte etwas erreichen. Mit der derzeitigen Errichtung von Brandmauern wird nichts erreicht – ausser dass Aiwanger stellvertretender Ministerpräsident bleibt. Ein Trauerspiel.

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