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Macht will keine offenen Akten
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Transparenz unter Beschuss: Die Koalition und ihr Angriff auf die Informationsfreiheit

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AfD gleichauf mit der CDU
Das IFG, oft letzter Rettungsanker gegen politische Vertuschung, steht vor dem Aus. Wer heute Reform sagt, meint morgen Kontrolle. Der Abbau beginnt dort, wo Kritik am meisten stört – im Innersten der Regierung.
Zusammengefasst

In Deutschland steht ein fundamentales Bürgerrecht auf dem Prüfstand. Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gewährt jedem den Zugang zu Akten von Bundesbehörden und Ministerien. Doch die neue Koalition, angeführt von CDU/CSU und SPD, plant offenbar, dieses Recht zu beschneiden. Ein interner Verhandlungsvorschlag der CDU formuliert es unmissverständlich:

„Das Informationsfreiheitsgesetz in der bisherigen Form wollen wir hingegen abschaffen.“

Verhandlungspapier / Koalition / ZDF

Was hier als bürokratische Effizienz verkauft wird, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Angriff auf die demokratische Kontrolle. Es wäre ein Schritt, der Misstrauen säen und Machtstrukturen verdunkeln würde.

Das IFG als Licht im Dunkel

Das IFG ist kein bürokratisches Beiwerk, sondern ein Werkzeug, das Missstände sichtbar macht.

Bundesinnenministerium

Ohne dieses Gesetz wären Skandale wie die RKI-Protokolle, die Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommern und der Bau von Nord Stream 2 im Verborgenen geblieben. Medien wie BILD und auch DER SPIEGEL haben es genutzt, um Akten freizukämpfen, oft gegen den Widerstand von Behörden.

Die fragwürdige Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommerns, mit 20 Millionen Euro von der Pipelinefirma gespickt, wurde erst durch IFG-Anfragen transparent. Die Akten zeigten: Nicht die Landesregierung, sondern Nord Stream 2 AG selbst steckte hinter der Idee. Diesen Einfluss hätte die Politik lieber verschleiert. Und dann die RKI-Protokolle: Sie legten offen, wie Lobbyisten wissenschaftliche Beratung während der Pandemie verzerrten. Beispiele gibt es genug: Die Opioid-Krise rund um Tramadol wurde erst durch IFG-Anträge aufgedeckt, als Reporter interne Dokumente der Bundesopiumstelle sichteten und die Verflechtungen mit dem Hersteller Grünenthal nachwiesen. Ebenso machte das Gesetz die Enthüllung des Zustandes maroder Brücken möglich, nachdem ein Journalist nach jahrelangem Streit mit dem Verkehrsministerium Daten erstritt, die heute regelmäßig veröffentlicht werden.

Ohne IFG wären all diese Verbindungen Geheimnisse geblieben, ebenso wie die Masken-Deals von Ex-Gesundheitsminister Spahn oder die Interessenkonflikte von Philipp Amthor innerhalb der USA.

Macht schützt vor Einsicht: Die CDU und ihre fragwürdigen Motive

Ausgerechnet Philipp Amthor, der 32-jährige CDU-Abgeordnete aus Vorpommern, steuert die Arbeitsgruppe, die über das Schicksal des IFG entscheidet. Sein Name ist in dieser Debatte kein Zufall. 2020 geriet er in einen „Lobbyskandal“ um das New Yorker Start-up Augustus Intelligence, der ihn fast die Karriere kostete. Ein SPIEGEL-Bericht deckte die Affäre auf und ein IFG-Antrag machte einen belastenden Brief öffentlich zugänglich.

Nun behaupten Kritiker verständlicherweise, Amthor habe persönliche Gründe, das Gesetz zu kippen, eine These, die er allerdings vehement bestreitet. Gegenüber BILD beteuert er:

„Wir wollen das Informationsfreiheitsgesetz nicht ersatzlos abschaffen.“

Philipp Amthor / BILD

Er verweist auf das Hamburger Transparenzgesetz, das Dokumente automatisch online stelle, ohne langwierige Klagen. Klingt nach Fortschritt, doch Experten sehen darin eine Mogelpackung: Weniger Bürokratie darf kein Deckmantel für weniger Offenheit sein. Während Amthor von Reformen spricht, etwa einer Zusammenfassung von IFG, UIG und Verbraucherinformationsgesetz, bleibt der Eindruck: Wer Transparenz einschränkt, hat etwas zu verbergen.

Heuchelei im Kanzleramt: Transparenz als Feindbild

Das Bundeskanzleramt zeigt, wohin die Reise geht. Immer häufiger verweigern Ministerien Einsicht, oft mit der fadenscheinigen Begründung, das Wohl der Republik sei gefährdet. Die Bundesregierung predigt Gesetze gegen Desinformation, während sie selbst gleichzeitig immer intransparenter agieren will.

„Der Kampf gegen Desinformation ist eine zentrale Herausforderung zum Schutz unserer Verfassung – deshalb dürfen wir diesen Schutz nicht nur als behördliche Aufgabe des BfV verstehen.“

Nancy Faeser / Bundesinnenministerium

Die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Louisa Specht-Riemenschneider, schlägt Alarm. Eine Abschaffung des IFG würde Transparenz und demokratische Teilhabe erheblich schwächen und den Eindruck nähren, dass staatliche Entscheidungen absichtlich verschleiert werden sollen.

Screenshot / BfDi

Sie plädiert für das Gegenteil: ein modernes Transparenzgesetz mit automatischen Veröffentlichungspflichten. Informationsfreiheit, so Specht-Riemenschneider, ist kein Luxusgut, sondern ein Bollwerk gegen Desinformation und ein Fundament des Rechtsstaats. Sie stärkt die Zivilgesellschaft, befähigt Journalisten zu unabhängiger Recherche und sendet ein Signal: Deutschland nimmt seine historische Verantwortung ernst.

„Der ungehinderte Zugang zu Informationen ist ein wirksames Instrument für demokratische Kontrolle und gegen Desinformation. Er ermöglicht auch Journalistinnen und Journalisten unabhängige und fundierte Recherchen. Informationsfreiheit und Transparenz untermauern die Prinzipien des Rechtsstaats und stellen in besondere Weise sicher, dass staatliche Entscheidungen nachvollziehbar sind.“

Louisa Specht-Riemenschneider / BfDi

Gerade in Zeiten weltpolitischer Unsicherheit sieht sie im IFG ein Mittel zur demokratischen Kontrolle. Es ermöglicht informierte Debatten und schützt vor der Manipulation durch intransparente Machtstrukturen. Die Ironie? Während Parteien Gesetze gegen Desinformation fordern, fördern sie mit ihrer eigenen Intransparenz genau das Gegenteil. Das IFG hat viele dieser Widersprüche ans Licht gebracht, wahrscheinlich ein weiterer Grund, warum es manchen ein Dorn im Auge ist.

Demokratie im Rückwärtsgang: Ein Signal an die Welt

Die Pläne der Koalition sind ein Alarmzeichen. Das IFG ist mehr als nur ein Gesetz. Es ist ein Grundpfeiler der Demokratie, der Bürgern, Medien und der Zivilgesellschaft Einblick, Kontrolle und Einfluss gibt. Seine Abschaffung würde nicht nur Transparenz opfern, sondern auch das Vertrauen in staatliche Institutionen untergraben.

„Es geht uns selbstverständlich nicht um eine Einschränkung der Transparenzrechte der Bürger oder der Presse, sondern um effizientere und praktikablere Verfahren für alle Beteiligten und für die Verwaltung.“

Philipp Amthor / BILD

Die Argumente von Amthor und Co. „Effizienz, Praktikabilität …“ wirken wie ein dünner Schleier über einer unbequemen Wahrheit: Wer Informationen kontrolliert, kontrolliert die Macht, und wer Macht vor Einsicht schützt, untergräbt nicht nur die Transparenz, sondern die Demokratie selbst. Die Beweise liegen in den Akten, solange wir sie noch sehen dürfen.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

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