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Wagenknechts Kehrtwende
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Hintergrund / Ki-Generiert; Facebookprofil Wagenknecht / Portrait Sahra Wagenknecht; Bildzusammenstellung / Janine Beicht

Ohne Vernunft und Gerechtigkeit: Sahra Wagenknechts migrationspolitische Radikalisierung

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Ausschnitt der Sendung „Die 100" ARD
Deutschlands Wirtschaftsaussichten
Wagenknecht, einst Verfechterin einer rationalen Bekämpfung von Fluchtursachen, hat in den letzten Monaten einen radikalen Wandel in ihrer Migrationspolitik vollzogen.
Zusammengefasst

Erstveröffentlichung tkp: Dejan Lazić

Sahra Wagenknecht, einst Verfechterin einer durchdachten und vernunftgeleiteten Bekämpfung von Fluchtursachen, hat in den letzten Monaten einen radikalen Kurswechsel in ihrer Migrationspolitik vollzogen.

Was früher mit fairen Handelsabkommen, dem Ende von Kriegen und der Bekämpfung von Armut zu tun hatte, ist heute eine Forderung nach der völligen Abschaffung des Asylrechts. Dieser dramatische Wandel stellt eine scharfe Abkehr von ihren früheren vernunftgeleiteten Positionen dar, weshalb viele Anhänger ihr in das Bündnis Sahra Wagenknecht für Vernunft und Gerechtigkeit folgten (BSW). Doch wieviel Vernunft und Gerechtigkeit sind 8 Monate nach Parteigründung noch geblieben?

Radikale Forderung: Abschaffung des Asylrechts

Wagenknecht fordert inzwischen offen die Abschaffung des Asylrechts in Deutschland. Sie fordert nun, dass Menschen, die über sogenannte sichere Drittstaaten nach Deutschland kommen, konsequent abgewiesen werden sollen. Dieser Vorschlag beinhaltet de facto die Aufkündigung der Genfer Flüchtlingskonvention – eines der bedeutendsten Nachkriegsabkommen, das als Reaktion auf die Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs entstand, um Schutzsuchenden weltweit eine Zuflucht zu bieten.

„Sichere Drittstaaten“ ist ein politisches Konstrukt, das von der Bundesregierung und dem Bundestag nach eigenem Ermessen definiert werden kann. Dies bedeutet, dass ein Land außerhalb der EU als sicher deklariert werden kann, selbst wenn es unter autoritärer Herrschaft steht oder Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Solange sich ein Drittstaat bereit erklärt, Asylverfahren durchzuführen und Rückführungsabkommen zu akzeptieren, kann er als sicher eingestuft werden. So könnte beispielsweise sogar eine Diktatur als „sicherer Drittstaat“ gelten, wenn die politischen Rahmenbedingungen dies erlauben. Eine solche Auslegung bietet eine Grundlage für massenhafte Abschiebungen, ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Lebensumstände der Betroffenen. So hatte kürzlich die BSW-Gruppe im Bundestag für die Einstufung von Georgien als sicheren Drittstaat zugestimmt.

Nähe zur AfD: Eine gemeinsame Stoßrichtung?

Wagenknechts Kurswechsel hin zur Abschottungspolitik weist bemerkenswerte Parallelen zu den langjährigen Forderungen der AfD auf. Diese propagiert seit Jahren die sogenannte „Remigration“, also die Rückführung von Migranten und Geflüchteten in ihre Herkunftsländer oder in vermeintlich sichere Drittstaaten. Die AfD vertritt die Auffassung, dass Deutschland vor allem die „Zuwanderung in die Sozialsysteme“ stoppen müsse.

Wagenknechts Forderung nach einer Abschaffung des Asylrechts rückt das Szenario von Massenabschiebungen in greifbare Nähe. Sollte diese Politik umgesetzt werden, könnten nicht nur Neuankömmlinge, sondern auch bereits in Deutschland lebende Geflüchtete betroffen sein. In einem solchen Szenario wäre es denkbar, dass selbst Menschen, die seit Jahren in Deutschland integriert sind, plötzlich zur Zielscheibe einer rigiden Ausgrenzung- und Abschiebepolitik werden. Ein solcher Diskurs könnte nicht nur die AfD stärken, sondern auch eine breitere gesellschaftliche Diskussion entfachen, ob Massenabschiebungen als Lösung für gesellschaftliche und wirtschaftliche Probleme dienen könnten. Der Gedanke, dass Wagenknecht mit ihren Forderungen die AfD rechts überholt, und Druck auf Regierungsparteien ausübt, erscheint angesichts dieser Entwicklung nicht abwegig.

Gesellschaftliche Konsequenzen

Die gesellschaftlichen Folgen einer solchen Politik wären tiefgreifend. Deutschland, dessen Nachkriegsgeschichte von einem starken Bekenntnis zu den Menschenrechten geprägt ist, würde einen Großteil seiner humanitären Errungenschaften aufgeben. Das Recht auf Asyl war stets ein Eckpfeiler dieses Engagements. Wagenknechts Forderung könnte jedoch nicht nur die Abschiebung von Schutzsuchenden in unsichere Länder zur Folge haben, sondern auch die gesellschaftliche Spaltung weiter vertiefen.

Schon jetzt sind die Spannungen in Deutschland zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen spürbar. Die Abschiebungspolitik würde diese Spaltungen verschärfen und insbesondere auf lokaler Ebene für soziale Unruhen sorgen. Man stelle sich vor, gut integrierte Familien, die über Jahre hinweg in Deutschland gelebt haben, plötzlich ausgewiesen werden, weil sie im Zuge des wirtschaftlichen Niedergangs Deutschland auf staatliche Leistungen unverschuldet angewiesen sind. Dies dürfte zu Protesten, sozialen Spannungen und einer Vertiefung der Vertrauenskrise gegenüber staatlichen Institutionen führen. Darüber hinaus würde es die Integration von Migranten und Geflüchteten massiv behindern, da das Gefühl von Unsicherheit und Instabilität sowohl in den betroffenen Gemeinschaften als auch in der breiteren Gesellschaft zunehmen würde.

Ohne Vernunft und Gerechtigkeit?

Mit ihrem radikalen Vorstoß hat Wagenknecht nicht nur das Asylrecht ins Visier genommen, sondern auch die Grundsätze von Vernunft und Gerechtigkeit, die sie einst selbst hochhielt. Diese Werte sollen auch den Namen ihrer neuen politischen Bewegung, des Bündnisses Sahra Wagenknecht für Vernunft und Gerechtigkeit (BSW), prägen.

Doch mit der Abschaffung des Asylrechts setzt Wagenknecht auch symbolisch einen Schlussstrich unter die Prinzipien, die im Namen ihrer Partei verankert sind. Es ist kaum zu übersehen, dass „Vernunft“ und „Gerechtigkeit“ in ihrer neuen migrationspolitischen Haltung keine Rolle mehr spielen. Stattdessen scheint ihre Partei BSW auf eine rücksichtslose Abschottungspolitik zu setzen, die wenig mit den sozialen und gerechten Zielen zu tun hat, die sie ursprünglich verfolgte.

Koalitionsfähigkeit mit der CDU und der AfD?

Wagenknechts jüngste politische Kehrtwende ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer bewussten politischen Strategie.

Durch die schrittweise Annäherung an die Positionen der AfD und der CDU scheint Wagenknecht bewusst die Möglichkeit einer zukünftigen Koalition mit diesen Parteien vorzubereiten. Eine Annäherung an die CDU könnte durch migrationspolitische Zugeständnisse erleichtert werden, während eine Koalition mit der AfD auf der gemeinsamen Ablehnung des Asylrechts basieren könnte. In diesem Szenario würde die BSW als bürgerliche Kraft auftreten, die sich von der radikalen Rhetorik der AfD distanziert, aber inhaltlich viele Gemeinsamkeiten aufweist. Dies könnte zu einem völlig neuen politischen Gefüge in Deutschland führen, in dem die etablierten Parteien zunehmend herausgefordert werden.

Ablenkung von der sozialen Frage

Ein zentrales Problem bei Wagenknechts neuer Migrationspolitik ist, dass sie die öffentliche Debatte von den eigentlichen sozialen Fragen ablenkt. Anstatt über Themen wie soziale Gerechtigkeit, Löhne, Renten oder die ungleiche Verteilung von Wohlstand zu sprechen, stellt sie Migration als das zentrale Problem dar. Diese Taktik erinnert stark an den Fokus, den Parteien wie Die Grünen oder Die Linke auf Fragen des Wokeismus legen – ein Phänomen, das Wagenknecht selbst heftig kritisiert hat.

Wagenknecht hatte in der Vergangenheit sowohl Die Grünen („gefährlichste Partei im Bundestag“) als auch Die Linke kritisiert, weil diese sich aus ihrer Sicht zu stark mit Themen wie Identitätspolitik und Wokeismus beschäftigen und dabei die soziale Frage aus dem Blick verlieren. Ironischerweise macht Wagenknecht nun denselben Fehler, den sie anderen vorwirft: Sie hebt Migration als zentrales Problem hervor und verschiebt die realen Herausforderungen – wie steigende Mieten, prekäre Arbeitsverhältnisse und soziale Ungerechtigkeit – nach hinten.  Durch diese Fokussierung trägt sie dazu bei, die Gesellschaft weiter zu spalten, anstatt die Ursachen für soziale Ungleichheit zu anzugehen.

Wagenknecht scheint bewusst die Bühne für mögliche zukünftige Koalitionen zu schaffen – offensichtlich mit der CDU oder, wie ihre migrationsfeindliche Rhetorik nahelegt, sogar mit der AfD. Was einst als Kampf für soziale Gerechtigkeit begann, hat sich nun in eine Strategie verwandelt, die Spaltung und Unsicherheit schürt, während die sozialen Probleme der Bevölkerung in den Hintergrund rücken.

Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der fixen Autoren von TKP wider. Rechte und inhaltliche Verantwortung liegen beim Autor.

Dejan Lazić, Sozialökonom und Wirtschaftsjurist, Hochschuldozent für Staats- u. Migrationsrecht (2002-2022), CEO einer internationalen Rechts- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft.

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Eine Antwort

  1. Derartige Artikel sind genau das, was die Propaganda beabsichtigt. Kritik an diesem Mainstreamtext, der im Dienste der Ampel und etablierten Parteien die einzig glaubwürdige politische Kraft in D. mit falschen Behauptungen zu diffamieren.
    Der/die ? Verfasser sollten mal vernünftig recherchieren und nicht mit Unterstellungen arbeiten. Sie sollten sich nur allein die letzte Pressekonferenz von Sahra
    Wagenknecht anhören. Da ist mitnichten von der Abschaffung des Asylrechts die Rede und eine Ablenkung von sozialen Themen ist auch nicht erkennbar. Viele weitere Antworten auch in der ihrer letzten Rede vor dem Bundestag.
    Einen solchen Beitrag hätte ich auf Ihrer Seite nicht erwartet.

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