Es gibt Augenblicke, in denen man sich fragt, ob sich Deutschlands Politiker in ihrer Selbstfindung nicht längst verloren haben. Ein solcher Moment dürfte die jüngste Farce um die Abschiebung afghanischer Schwerstkrimmineller sein, denen offenbar Handgeld mit auf den Weg gegeben wurde. Dieser Geldbetrag amüsiert die Taliban offensichtlich nicht nur, sondern spielt ihnen sogar direkt in die Hände.
Die Geschichte beginnt wie so viele aus dem politischen Tollhaus Deutschland mit einem gut gemeinten, aber völlig weltfremden Ansatz: Man wolle verhindern, dass die aus Deutschland abgeschobenen afghanischen Straftäter nach ihrer Rückkehr in die Armut abrutschen. Also entschied man, den Männern je 1000 Euro Handgeld zu überreichen. Der Gedanke dahinter? Eine noble Geste, um sicherzustellen, dass die Betroffenen in ihrer Heimat nicht verarmen. Zur Einordnung: Der durchschnittliche Jahreslohn in Afghanistan liegt laut des UNDP-Deutschlandbüros bei gerade einmal umgerechnet 451,32 Euro. Diese Idee ist so herrlich naiv und blauäugig, dass sie eigentlich nur in der deutschen Politik ihren Ursprung haben kann.
Wo das Geld nach der Einreise landet
Doch was geschah mit dem großzügig verteilten Geld? Wenn man dem Afghanistan-Kenner Reinhard Erös glauben darf, hat sich das Taliban-Regime sofort auf diese Windfall-Profits gestürzt und die Gelder konfiziert. Erös, der das Land wie seine Westentasche kennt und regelmäßig mit den Taliban verhandelt, teilt gegenüber Focus mit, dass er vermutet, die 1000 Euro pro Person werden direkt nach der Einreise abgenommen. Na, das war doch eigentlich zu erwarten, oder?
Jetzt stehen wir vor dem Trümmerhaufen dieser großzügigen Geste, und die Taliban reiben sich die Hände. Wahrscheinlich lachen Sie sich ins Fäustchen und amüsieren sich königlich über diese deutsche Regierung. Dass man laut Erös in Afghanistan darüber spricht, dass Politiker wie Annalena Baerbock und Nancy Faeser nicht einmal für ein Bürgermeisteramt geeignet wären, ist dabei fast schon das Sahnehäubchen auf dieser bitteren Torte.
Man stelle sich das vor: Während in Deutschland jede Handlung bis ins kleinste Detail rechtlich geprüft und gerechtfertigt werden muss, lachen die Taliban über eine Aktion, die „das mit Abstand Dümmste war, was in der deutschen Afghanistan-Politik der vergangenen Jahre umgesetzt wurde“, wie Erös es ausdrückt. Es ist fast schon rührend, wie hierzulande noch immer an das Gute im Menschen geglaubt wird – sogar, wenn dieser Mensch ein verurteilter Straftäter ist, der in einem Land wie Afghanistan auf eine Gesellschaft trifft, die von einem Terrorregime kontrolliert wird.
Die Politik schiebt die Verantwortung ab
Aber es wird noch besser. Während in Afghanistan das Geld längst weg ist und vermutlich zur Finanzierung von weitaus weniger humanitären Projekten genutzt wird, versuchen die Politiker in Deutschland, sich aus der Verantwortung zu winden. Da wird der Schwarze Peter munter hin und her geschoben. Nancy Faeser zum Beispiel rechtfertigt das Handgeld als „übliches Vorgehen“ bei Abschiebungen.
„Das soll quasi die Sicherheit der Maßnahme sozusagen absichern.“
Nancy Faeser / ZDF
Verantwortlich für die Zahlung sei zudem laut Berichten eine „überzogene Rechtsprechung“. Ja, Sie haben richtig gelesen: Die deutschen Gerichte haben hier offenbar entschieden, dass Straftäter das Geld bekommen sollten. Die Höhe des Taschengeldes war zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht festgelegt. In der Regel sind Handgelder auch um ein Vielfaches niedriger und liegen eher bei 50 als bei 1000 Euro. Die Zahlung von 1000 Euro erfolgte dann auf Empfehlung des sogenannten Gemeinsamen Zentrums zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR), einer Einrichtung, die 2017 gegründet wurde und unter der Aufsicht des Innenministeriums steht. Natürlich sind Bund und Länder beteiligt, und natürlich gibt es niemanden, der wirklich Verantwortung übernehmen will. Denn in Deutschland hat die Verantwortungslosigkeit längst System: Jeder tut, was er kann, um die Verantwortung abzuwälzen. Und wenn man sie dann doch mal übernehmen müsste, wiegelt man ab.
Deutliche Kritik von CDU-Vertretern
In Hessen zeigt sich Innenminister Roman Poseck (CDU) „mehr als ärgerlich“, dass überhaupt Handgeld gezahlt wurde. Von den sechs aus Hessen abgeschobenen Straftätern hätten immerhin nur drei die Zahlung erhalten – was offenbar als kleiner Erfolg gefeiert wird. Poseck fordert nun eine Überprüfung der Rechtsprechung. Doch wer glaubt, dass dies zu irgendeiner ernsthaften Veränderung führen wird, der dürfte genauso naiv sein wie die Idee, Handgeld an afghanische Straftäter zu zahlen. Wie der Stern berichtet, kritisierte Lena Düpont von der CDU das Signal als problematisch, da es die Grundsätze von Recht und Ordnung infrage stelle. Unterstützung für freiwillige Rückkehrer sei akzeptabel, aber nicht für verurteilte Straftäter, die abgeschoben werden. Auch auf 𝕏 sorgt das umstrittene Handgeld für hitzige Diskussionen. CDU-Politiker Christoph Ploß zeigt sich empört und bezeichnet die Praxis als „inakzeptabel“.
Und so steht Deutschland einmal mehr als der naive Weltverbesserer da, der mit besten Absichten völlig danebenliegt. Man könnte fast Mitleid haben, wenn es nicht so tragikomisch wäre. Während also in Deutschland weiter diskutiert und beraten wird, lacht die Terrorgruppe. Und wer könnte es Ihnen verdenken? Schließlich passiert es nicht jeden Tag, dass eines der reichsten Länder der Welt sich selbst so der Lächerlichkeit preisgibt?