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Machtmissbrauch in deutschen Behörden
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Tagesschau / Stephan Kramer; KI / Generiert /Kulisse

Macht, Intrigen, Kontrolle: Stephan Kramer und die dunkle Transformation des Verfassungsschutzes

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Hinter Stephan Kramers Kreuzzug gegen die AfD offenbart sich eine Behörde im Ausnahmezustand die gegen die Grundprinzipiender Demokratie verstößt.
Zusammengefasst

Noch nie war der Verfassungsschutz als Behörde, die dem Innenministerium unterstellt ist, so mächtig und omnipräsent in der politischen Debatte wie in den vergangenen Jahren. Mitunter treibende Kraft dieser Transformation: Stephan J. Kramer, Präsident des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz – ein Mann, der sich durch medienwirksame Entscheidungen und eine kompromisslose Haltung gegenüber der AfD zum Meister eines neuen Selbstverständnisses des Inlandsgeheimdienstes aufgeschwungen hat. Doch wie Apollo News nun berichtet, lauert hinter der „glanzvollen“ Fassade ein System von Intrigen, Machtmissbrauch und interner Erosion, das seinesgleichen sucht.

Kramer und die AfD: Ein persönlicher Kreuzzug

Kramer hat Geschichte geschrieben – gleich mehrfach, allerdings nicht im positiven Sinne. Als Erster erklärte er einen AfD-Landesverband zum Prüffall (2018), stufte einen Verband als Verdachtsfall ein (2020) und ließ die AfD schließlich als „gesichert rechtsextrem“ klassifizieren (2021). Nun plädiert er offen für ein Parteiverbotsverfahren. Seine Entscheidungen haben die politische Landschaft verändert, den Verfassungsschutz in die Schlagzeilen katapultiert und der medialen Debatte neue Begriffe geliefert, insbesondere durch seine kontroverse Äußerung, in der er AfD-Wähler als „braunen Bodensatz“ bezeichnete. Doch hinter diesem Kreuzzug steht weniger ein neutraler Beamter als vielmehr ein ideologisch gefestigter Akteur, der die Behörde nach seinem Willen umformt. Dennoch vermochten solche Vorfälle seinem politischen Einfluss keinen nachhaltigen Schaden zuzufügen.

Screenshot / Tagesschau

Sein Einfluss ist durch politische Rückendeckung abgesichert – allen voran durch Innenminister Georg Maier und Ministerpräsident Bodo Ramelow. Mit dieser Unterstützung hat Kramer eine Autonomie erlangt, die ihm erlaubt, auch zweifelhafte Entscheidungen weitgehend unangefochten durchzusetzen.

Zerfall im Inneren: Mitarbeiterflucht und Führungsvakuum

Kramers Führungsstil hinterlässt in seiner Behörde Spuren. Seit 2019 haben mindestens 20 Mitarbeiter den Thüringer Verfassungsschutz verlassen, etwa ein Fünftel der Belegschaft. Schlüsselpositionen wie die Leitung des Referats Rechts- und Linksextremismus sind seit Jahren vakant. Eine Berufseinsteigerin führt das Referat inzwischen interimsweise – ein Posten, den kein erfahrener Mitarbeiter freiwillig übernimmt. Berichte von Jähzorn, rätselhaften Belegen für angeblichen Extremismus, erratischen Anweisungen, Bedrohungen, Mobbing und Intrigen zeichnen ein Bild einer Behörde im Ausnahmezustand. Kramer scheint sich jedoch unbeirrt zu behaupten und liefert weiterhin Ergebnisse, die seinen politischen Förderern nützen.

Auf Anfrage von Apollo News habe sich Kramer nicht zu den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen geäußert.

Geheimnisse und Verrat

Die Liste der Vorwürfe gegen Kramer ist lang. Ein internes Schreiben des Thüringer Innenministeriums aus dem Jahr 2019, das Apollo News vorliegt, skizziert ein düsteres Bild: Es besteht der Verdacht, Kramer habe streng vertrauliche Informationen weitergegeben und damit die beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht verletzt. Der Verdacht eines „schweren Dienstvergehens“ und sogar eines „ernsthaften Sicherheitsrisikos“ steht im Raum. Ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet – mit wenig Konsequenzen.

Screenshot / Ein Auszug aus dem Schreiben des Thüringer Innenministeriums / Apollo News

Die Verbindung Kramers zur Rockerszene und die Teilnahme an fragwürdigen Veranstaltungen werfen zusätzliche Fragen auf. Hierbei ist Folgendes besonders pikant: Als ein Mitarbeiter versuchte, belastendes Material publik zu machen, wurden die investigativen Journalisten des MDR, Axel Hemmerling und Ludwig Kendzia, zu Kramers Handlangern. Sie lieferten die Quelle direkt an den Behördenleiter aus. Kramer leitete die betreffenden Chatverläufe an das Innenministerium weiter. Wenig später war der Mitarbeiter nicht mehr im Dienst des Amtes für Verfassungsschutz tätig. Ein eklatanter Bruch journalistischer Ethik – und eine Machtdemonstration Kramers, die unbehelligt blieb.

Screenshot / Ein Auszug aus dem Schreiben des Thüringer Innenministeriums / Apollo News

Die politische Waffe „Prüffall“ und fragwürdige Gutachten

Im Jahr 2018 inszeniert Kramer ein politisches Schauspiel, das ebenso ambitioniert wie fragwürdig ist: die Einstufung der AfD als Prüffall. Diese Entscheidung, so monumental wie scheinbar willkürlich, wird in einer Pressekonferenz verkündet. Überaus kunstvoll – oder dreist, je nach Perspektive – agiert Kramer in der Pressekonferenz selbst. Minutenlang rezitiert er aus einem Essay des linken Soziologen Andreas Kemper, dessen fragwürdige Quellen und falsche Zitate über Björn Höcke weithin bekannt sind. Dabei gibt Kramer das Gelesene als seine eigene Analyse aus. 

Besonders bemerkenswert ist Kramers Umgang mit den internen Abläufen: Das zuständige Fachreferat wird schlichtweg ignoriert. Es erfährt erst aus der Presse von der Entscheidung, während Journalisten zuvor offenbar bestens informiert waren. Ein verantwortlicher Referatsleiter bezeichnet diese Vorgehensweise in einer E-Mail als bewusste Ausgrenzung.

Screenshot / Ein Auszug aus dem Schreiben des Thüringer Innenministeriums / Apollo News

Doch dies war nur der Auftakt einer Farce, die den Begriff der Sachlichkeit ad absurdum führt. Die Materialsammlung, die Kramer als Basis für seine Entscheidung heranzieht, bleibt ein Rätsel. Sie bestehen aus eigenmächtig zusammengestellten Dokumenten und undurchsichtigen Quellen, deren Herkunft Kramer den Fachreferaten hartnäckig verschweigt. Insider berichten, dass die Sammlung beim Bundesamt für Verfassungsschutz eher Belustigung als ernsthafte Auseinandersetzung hervorrief. „Lacher, bis heute“, sei das treffende Resümee, wie aus internen Berichten hervorgeht. Kein Wunder, dass die Sammlung in der Bundesbehörde keine offizielle Verwendung fand.

Die Krönung dieses beispiellosen Alleingangs bildet das juristische Nachspiel: Das Verwaltungsgericht Weimar erklärt die Verkündung des Prüffalls für rechtswidrig. Doch Kramer triumphiert dennoch, zumindest politisch. Seine Strategie wird bundesweit übernommen, und er festigt damit seine Position. Die Ironie, dass sein persönliches „Meisterstück“ trotz juristischer Blamage zur Blaupause wird, bleibt nicht unbemerkt. So manövriert sich Kramer von einer Panne zur nächsten – und triumphiert dennoch in einer Welt, in der Recht und Ordnung offenbar nur Nebensache sind.

Kramers Machtspiel: Rechtsstaatlichkeit auf der Strecke

Im März 2021 lässt Stephan Kramer erneut seine Interpretation von Verfassungsschutzarbeit in die Annalen einfließen und stuft die AfD als „gesichert rechtsextrem“ ein – dieses Mal mit einem strategischen Feinschliff. Ein 600-seitiges Gutachten, sorgfältig orchestriert und mit breiter interner Einbindung, soll Fehler der Vergangenheit ausbügeln. Die Verfasser? Fachleute mit einem gewissen Renommee. Doch der Anschein von Professionalität bröckelt, sobald ein 30-seitiges Ergänzungsgutachten erscheint. Darin wird auf unangenehme juristische Fallstricke hingewiesen: die Indemnität, die Abgeordnete für Äußerungen im Rahmen ihrer Tätigkeit schützt, und die Auslegung mehrdeutiger Aussagen im Sinne der Meinungsfreiheit.

Doch anstatt sich den rechtlichen Herausforderungen zu stellen, greift Kramer durch. Das Ergänzungsgutachten wird kurzerhand verboten, die brisante Frage der Indemnität – eine potenziell verheerende Schwachstelle – wird ignoriert. Insider berichten, Kramer habe dies mit dem Argument abgetan, „dem Gegner keine Argumente liefern“ zu wollen. Dass er hier eine Oppositionspartei offen als „Gegner“ bezeichnet und die verfassungsrechtliche Dimension schlichtweg ausklammert, spricht Bände über sein Verständnis von Rechtsstaatlichkeit. Dies ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass der Thüringer Verfassungsschutz sich als Instrument der wehrhaften Demokratie versteht.

Screenshot / Thüringer VS

Statt juristischer Reflexion folgt auf die Kritik persönlicher Machtmissbrauch: Der Autor des Hauptgutachtens erhebt schwere Vorwürfe gegen Kramer. Der Behördenleiter habe ihm aus nichtiger beruflicher Differenz körperliche Gewalt angedroht – ein bemerkenswerter Ansatz zur Personalführung, der jedoch erneut folgenlos bleibt.

Kampf gegen die AfD: Auf dem Weg zum Parteiverbot

In seinem unermüdlichen Vorstoß gegen die AfD zeigt Kramer wenig Zurückhaltung. Mit einem weiteren wohlüberlegten Zusatzgutachten stellt er der Thüringer AfD eine „kämpferisch-aggressive“ Bestrebung gegen die Verfassung zur Last – ein Begriff, der nicht zufällig gewählt wurde, sondern exakt der rechtlichen Grundlage für ein Parteiverbot entspricht. Trotz wiederholter Niederlagen vor Gericht lässt Kramer nicht locker.

Screenshot / Ein Auszug aus dem Schreiben des Thüringer Innenministeriums / Apollo News

Das Ganze nimmt eine neue Wendung, als die Waffenbehörden in der Angelegenheit vor das Landesverwaltungsamt in Weimar zitiert werden. Aus vertraulichen Quellen erfährt Apollo News, dass ein Jurist des Verfassungsschutzes bei dieser Gelegenheit eingesteht, dass die für die AfD so brisante Frage der Indemnität – also der verfassungsrechtlichen Schutzklausel für Abgeordnete – erneut völlig ignoriert wurde. Die rechtliche Problematik der Indemnität wird von Kramer folglich ein weiteres Mal unbeachtet gelassen und unbegründet beiseitegeschoben. Dabei hängt von dieser Frage unter anderem die Rechtmäßigkeit der gesamten politischen Haltung gegenüber der AfD ab. Kramer zeichnet das Bild eines Behördenchefs, der mutwillig die rechtlichen Grundfesten des Staates außer Acht lässt, um seine politischen Ziele durchzusetzen.

„Quis custodiet ipsos custodes?“

„Wer überwacht die Kontrolleure?“

Decimus Junius Juvenalis

Der Staat im Staate

Stephan Kramer hat den Verfassungsschutz in Thüringen in eine politische Waffe verwandelt. Seine Entscheidungen sind weniger das Produkt rechtsstaatlicher Abwägungen als vielmehr das Ergebnis persönlicher Überzeugungen und strategischer Zielsetzungen. Die Behörde, die er führt, ist innerlich zerrüttet, doch Kramer bleibt unangreifbar. Seine Gegner in der Behörde wurden systematisch ausgeschaltet, kritische Stimmen zum Schweigen gebracht.

Kramers Fall ist eine Mahnung, wie leicht rechtsstaatliche Institutionen zu Werkzeugen individueller Macht werden können, wenn sie nicht durch unabhängige Kontrolle begrenzt werden. Der Verfassungsschutz, ursprünglich gedacht als Hüter der demokratischen Ordnung, ist in Thüringen zu einem Symbol für deren Aushöhlung geworden. Die Ironie, dass ausgerechnet eine Institution, die gegen Extremismus kämpfen soll, selbst kaum extremer sein könnte, ist kaum zu überbieten.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

Eine Antwort

  1. Spätestens seitdem die US Geheimdienste mit der Mafia und später mit Nazis zusammengearbeitet haben ist dort der Wurm drin.

    Das Spiel ist stets ‚Kasperl und das Krokodil‘: auf der Bühne sind sie feindlich, aber es ist derselbe Spieler, der sie bedient.

    Mit der ‚Auflösung‘ der Stasi kamen neue Methoden und Mitarbeiter hinzu. Es ging nie darum, deren Methoden aufzudecken und zu verhindern, sondern darum, das Brauchbare zu übernehmen und selbst zu praktizieren. Das wurde in den 90ern geübt mit den Scientologen als Ankersekte: während man sie unter Mithilfe der Kirchen öffentlich verteufelte, arbeitete man mit ‚Aussteigern‘ und kopierte die Methoden. Mit 9/11 wurde dann das Krokodil gewechselt: nun war es der Islam. Später fand der Spieler, dass er auch das Kasperl wechseln könnte: so kam die AfD hinzu, und der Spieler wurde zum Zuschauer, der nur noch die beiden Lebendpuppen beaufsichtigt, anstatt nur Marionetten zu bespielen: so werden mehrere Theater gleichzeitig möglich:

    AfD gegen Islam, und Füllmich als Reichsbürger Honeypot aus dem Arsenal alter Erfahrungen aus den 90ern. Es läuft prima im Sinn der Absichten: binäre Entscheidungen sind lange antrainiert im Westen. Nicht vorgesehen: andere Spieler als die des Puppenspiels – nicht die geringeren Übel.

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