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ZDF | NRW Landtag

Im Landtag: ZDF-Angestellter berichtet von Einschüchterung und politischem Druck

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Beispiele aus dem Redaktionsalltag belegen, dass heikle Themen bewusst unterdrückt werden, wenn sie nicht ins politische Narrativ passen. Statt unabhängiger Berichterstattung erlebt die Öffentlichkeit eine gelenkte Informationspolitik.
Zusammengefasst

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) steht erneut in der Kritik – und das aus gutem Grund. Andreas Halbach, langjähriger ZDF-Journalist und Redakteur des investigativen Politmagazins Frontal, hat im Kulturausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags ein düsteres Bild der Zustände in seinem Sender gezeichnet. Seine Aussagen, untermauert durch konkrete Beispiele, legen offen, wie interne Machtstrukturen, Einschüchterung und politische Rücksichtnahmen die journalistische Freiheit aushebeln. Es ist ein Signal der Warnung, das nicht nur das ZDF, sondern das gesamte System des ÖRR betrifft und eine Medienlandschaft offenbart, die systematisch der Konfrontation mit unbequemen Wahrheiten ausweicht.

Ein Insider packt aus: Repression statt Reform

Halbach trat im Landtag als Sachverständiger auf, eingeladen von der FDP im Rahmen der Debatte über den Medienänderungsstaatsvertrag und deren Antrag, den Rundfunkbeitrag langfristig zu senken.

»Screenshot | Landtag NRW – Hier gehts zur Videoaufzeichnung«

Er machte von Anfang an klar, dass er nicht als Verteidiger seines Arbeitgebers spricht. »In seiner Stellungnahme« vom 29. August 2025 erklärte er, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend unter dem Vorwurf stehe, einseitig zu berichten oder politischen Mehrheiten nahe zu sein. Lange habe er diese Kritik für übertrieben gehalten, doch seine eigenen Erfahrungen hätten ihn eines Besseren belehrt.

„In der öffentlichen Wahrnehmung steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk zunehmend unter dem Vorwurf der Einseitigkeit oder Nähe zu politischen Mehrheiten. Lange habe ich solche Kritik für unbegründet gehalten. Doch aus eigener Erfahrung erkenne ich inzwischen strukturelle Defizite, etwa beim Beschwerdemanagement oder beim Schutz redaktioneller Unabhängigkeit.“

»Andreas Halbach | Stellungnahme«

Seine Vorwürfe sind brisant: Interne Kritik wird nicht nur ignoriert, sondern aktiv unterdrückt. Halbach berichtete von einem Kollegen beim WDR, der nach 23 Jahren Dienstzeit fristlos gekündigt wurde, weil er Missstände ansprach. Ein anderer ZDF-Mitarbeiter wurde nach kritischer Äußerung strafversetzt. „Ja, die gibt’s“, antwortete Halbach »laut Nius« auf die Frage, ob es Einschüchterungsversuche gebe. Diese Beispiele sind kein Klatsch aus der Gerüchteküche, sondern dokumentierte Fälle, die ein Klima der Angst offenbaren. Wer wagt, den Mund aufzumachen, riskiert seine Karriere.

„Ich habe Fälle recherchiert im WDR und im ZDF. Der Kollege hat intern Kritik geübt und hat nach 23-jähriger Mitarbeit die fristlose Kündigung erhalten.“

»Andreas Halbach | NIUS«

Machtstrukturen wie im Mittelalter

Besonders scharf kritisierte Halbach die Rolle der Intendanten: „Die Allmacht der Intendanten muss infrage gestellt werden.“ Die Leitordnung der Sender gibt Intendanten und Chefredakteuren das letzte Wort, in Streitfällen, bei Beschwerden, überall. Halbach zog einen treffenden Vergleich:

„Das erinnert mich wirklich an Machtstrukturen in der katholischen Kirche, wo der Bischof das letzte Wort hat.“

»Andreas Halbach | NRW Landtag«

Diese patriarchale Struktur erstickt jede Form von internem Widerspruch. Beschwerden von Journalisten versickern in den Chefetagen, ohne dass es ernsthafte Mechanismen gibt, sie weiterzuverfolgen. Das Ergebnis: ein System, das Reformen blockiert und Kritiker mundtot macht.

Halbachs Forderung ist klar: Er betonte, dass es ein Redaktionsstatut brauche, das die journalistische Unabhängigkeit schützt. Die gegenwärtige Situation des größten deutschen Fernsehsenders ohne ein solches Statut sei nach seiner Einschätzung demokratiegefährdend. Zwar hätten die ARD-Sender eigene Statuten, diese gälten jedoch als zahnlos. Ohne verbindliche Regelungen bleibe die innere Rundfunkfreiheit, also der Schutz vor ideologischer oder politischer Einflussnahme, ein leeres Versprechen.

Zensur im Alltag: Wenn die Wahrheit zu heikel ist

Halbachs Berichte aus dem Redaktionsalltag zeichnen ein Bild von Zensur und Selbstzensur. Ein besonders krasses Beispiel: eine Reportage über eine deutsche Familie, die trotz Zusage keine Sozialwohnung erhielt, weil diese kurzfristig einer Migrantenfamilie zugeteilt wurde. Die Familie lebte in einer verschimmelten Wohnung und stand lange auf der Warteliste. „Die waren natürlich sehr enttäuscht, haben Klartext geredet in O-Tönen“, erzählte Halbach. Doch die Verantwortlichen stuften den Beitrag als „zu heikel“ ein. Die Stimmen der Betroffenen wurden nie gesendet. Hier zeigt sich die klare Tendenz, dass unbequeme Wahrheiten, die nicht ins politisch korrekte Narrativ passen, im ÖRR keinen Platz haben.

Ein weiteres Beispiel ist die Affäre um die ehemalige RBB-Intendantin Patricia Schlesinger. Halbach bemerkte früh Unstimmigkeiten in der Kommunikation des Senders, doch seine Vorschläge für eine kritische Berichterstattung wurden abgeschmettert. „Da hieß es plötzlich, dass Recherchen gegen befreundete Sender nicht erwünscht seien“, berichtete er. Selbst als die Affäre längst öffentlich war, wurde ihm signalisiert, dass eine Berichterstattung unerwünscht sei.

»Jan A. Karon | X«

Dieses Verhalten zeigt nicht nur eine Loyalität gegenüber dem System, sondern eine regelrechte Konspiration, ein Schweigekartell, das kritische Stimmen erstickt.

Ein System am Scheideweg: Akzeptanz in freiem Fall

Halbach machte in seiner Stellungnahme deutlich, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit einem echten Akzeptanzproblem konfrontiert sei. Sinkende Einschaltquoten und eine zunehmende Distanzierung weiter Teile der Gesellschaft würden dies seiner Ansicht nach klar belegen.

„Denn das Akzeptanzdefizit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist real – sichtbar etwa in rückläufigen Einschaltquoten und in Teilen der Gesellschaft spürbarer Entfremdung.“

»Andreas Halbach | Stellungnahme«

Halbach schätzte ein, dass im ZDF die Kräfte des Stillstands deutlich stärker wirkten als der Wille zu Reformen, was er insgesamt als bedauerlich bewertete.

„Ich habe schon den Eindruck, dass die Beharrungskräfte des ZDF stärker sind als der Reformwille, und das finde ich insgesamt leider sehr bedauerlich“

»Andreas Halbach | NRW Landtag«

Die Öffentlichkeit spürt diese Krise. Der Vorwurf der Einseitigkeit ist kein Hirngespinst von „rechten Verschwörungstheoretikern“, es ist eine Realität, die durch Halbachs Aussagen im parlamentarischen Protokoll belegt ist. Doch die Reaktion der Medienlandschaft ist natürlich die bekannte Funkstille. Weder die öffentlich-rechtlichen noch die privaten Medien greifen das Thema auf – kein Brennpunkt, keine Talkshow, kein Aufschrei. Stattdessen schützt man sich gegenseitig wie in einem Klub, der seine Pfründe verteidigt. Dieses Schweigen ist nicht neutral, sondern Komplizenschaft.

Wo bleibt die Politik?

Die Politik, die eigentlich ein Korrektiv sein sollte, schaut ebenfalls weg. Besonders entlarvend ist das Verhalten von CDU und CSU. Beide Parteien kritisieren den ÖRR gelegentlich, aber wenn es darauf ankommt, ducken sie sich.

„Nach außen hin üben sie etwas Kritik – wenn es hart auf hart kommt, machen sie brav Männchen.“

»reitschuster«

Mit ihren Ministerpräsidenten hätten sie die Macht, den ÖRR zu reformieren, doch sie lassen die Chance verstreichen. Stattdessen wird der Status quo verteidigt, während das Vertrauen der Bürger weiter schwindet.

Auch andere Stimmen aus der Politik bleiben zaghaft. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fordert eine Fokussierung des ÖRR auf Kultur, Bildung und Information sowie eine Verschlankung der Strukturen.


„Wir frieren die Gebühren auf dem jetzigen Niveau bis auf Weiteres ein, damit endlich Druck entsteht, damit Reformen passieren.“


»Screenshot | CDU«

Der ehemalige FDP-Vizepräsident Wolfgang Kubicki ging weiter und sprach sich bei »WeLT« für eine Kündigung des Staatsvertrags aus. Diese Vorschläge bleiben allerdings ohne Konsequenzen, solange die politische Willenskraft fehlt.

Appell für Reformen

Halbach ist kein Systemgegner, sondern ein Reformwilliger. Als Journalist sei er nur seinem Gewissen, der Wahrheit und den Fakten verpflichtet, betonte er. Genau diese Autonomie fehlt im ÖRR. Die fehlende „innere Rundfunkfreiheit“, die Halbach in seiner Stellungnahme anspricht, ist ein Verstoß gegen die verfassungsrechtlich garantierte Rundfunkfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes. Ohne Schutz vor ideologischer oder politischer Einflussnahme bleibt der ÖRR ein Werkzeug der Mächtigen und stellt kein Fundament der Demokratie mehr dar.

Allerdings: Voraussetzung für Vertrauen und Akzeptanz ist die glaubwürdige Erfüllung des Funktionsauftrags – vor allem das Versprechen journalistischer Unabhängigkeit. Und genau hier sehe ich im gegenwärtigen Reformentwurf für die Rundfunkmodernisierung eine zentrale Leerstelle: Die „innere Rundfunkfreiheit“
findet keine Berücksichtigung.

»Andreas Halbach | Stellungnahme«

Die Zustände, die Halbach beschreibt, erinnern an die Verlogenheit autoritärer Systeme kurz vor ihrem Kollaps. Wenn Beschwerden ignoriert, Kritiker eingeschüchtert und unbequeme Themen unterdrückt werden, ist der ÖRR kein Korrektiv mehr. Er wird zur Krücke eines Systems, das seine Glaubwürdigkeit verspielt. Die Frage ist nicht mehr, ob das System krank ist, sondern wie lange es noch so weiterhinken kann, bevor es zusammenbricht.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

Eine Antwort

  1. Ich habe die ultimative Nagelprobe für heikle Themen gefunden.

    Das Rassenkrieg-Thema — egal, ob man sich „nur“ wagt es als Ermittlungshypothese zu diskutieren oder doch als Fakt — eignet sich universell und ganz generell zum Erkennen von Schwätzern bzw. denen, die wirklich an (demokratischem) Pluralismus, Hinterfragung, Streitkultur, Zusammenhalt und Koexistenz mit Andersdenkenden oder sogar besser Informierten interessiert sind.

    Wer dem Völkermord-Thema ausweicht — egal ob als Vermutung/These oder Fakt, der weicht erfahrungsgemäß auch bei allen anderen wichtigen Themen aus.
    „Ich will Gesundheit, Frieden und Gerechtigkeit.“
    Das behauptet jeder. Doch schon allein am Redewillen scheitern 99 Prozent, wenn es tief ans Eingemachte geht, weil es da zwangsläufig politisch unbequem wird.

    Link mit Dialogansätzen, die jeder sofort in seinem Umfeld testen kann, im heutigen Kommentar zur:
    https://haintz.media/artikel/deutschland/woran-unser-staat-krankt/#comment-2492

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