Das gestrige TV-Duell war nichts weiter als ein öffentlich-rechtlich orchestriertes Schauspiel. Anstatt eines kontroversen, offenen Wettstreits der Ideen bekam das Publikum in den ersten Sekunden eine fast schon peinliche Darbietung gegenseitiger Freundlichkeiten serviert – geeint in einem einzigen Ziel: die Verteufelung der AfD. Friedrich Merz und Olaf Scholz standen in diesem Moment nicht als politische Gegenspieler auf der Bühne, sondern als treue Verwalter eines Status quo, der sich um jeden Preis gegen jegliche Opposition abzuschirmen versucht.
Scholz gegen Merz / Das TV-Duell / ZDFheute Nachrichten YouTube
Im weiteren Verlauf der Debatte wurde zwar der Anschein eines inhaltlichen Dissenses erweckt, das blieb aber eine rhetorische Pflichtübung, mehr nicht. Der vorhersehbare Schlagabtausch diente lediglich dazu, Differenzen zu simulieren, wo längst Einigkeit herrscht. Besonders aufschlussreich war jedoch das zentrale Bekenntnis beider Kandidaten: die unverhandelbare, kategorische Absage an jegliche Zusammenarbeit mit der AfD. Man demonstrierte Haltung – nicht gegenüber realpolitischen Herausforderungen, sondern gegenüber einem gemeinsamen Feindbild.
Doch der Wähler, der sich nicht für dumm verkaufen lässt, sieht, was hier gespielt wird. Wer den Umfragen Glauben schenkt, kann nur zu einem logischen Schluss kommen: Diese beiden Männer, die sich als Konkurrenten ausgeben, werden am Ende doch eine Koalition eingehen – eine, die sie während des Wahlkampfs mit aller Kraft zu kaschieren suchen. Dass dieser Wettstreit aber am Ende auf eine Koalition hinauslaufen wird, war von der ersten Minute an offensichtlich.
Scholz im Selbstgespräch
Olaf Scholz präsentierte sich im TV-Duell als Meister der Schuldzuweisungen, während er sich rhetorisch in Selbstgesprächen verlor. Merz dagegen konfrontierte ihn immerhin mit Zahlen und Fakten. Gestern Abend haben wir beim TV-Duell einen Kanzler erlebt, dem man beim Verwischen der Spuren zuschauen konnte. Für alle Missstände seiner Regierungszeit hatte er Schuldige, also imaginäre Pappkameraden, mitgebracht, die er im Studio rhetorisch aufbaute. Überlebensgroß stand da Putin, der durch den Überfall auf die Ukraine für die ökonomische Stagnation verantwortlich sei.
„Ich habe die Ukraine nicht überfallen. Ich habe die Gaslieferungen nicht eingestellt.“
— Max Roland (@maxroland20) February 9, 2025
Dieser Moment im #TVDuell sagt alles über Scholz. Kleingeistig, patzig, ohne Verantwortungsgefühl. Er sollte nicht mal Präsident eines Kleingartenvereins sein. pic.twitter.com/GCiO6Fj5aG
Die illegale Migration gehe auf das Konto schläfriger EU-Bürokraten. Der Aufstieg der AfD (deren Stärke sich in seiner Amtszeit verdoppelt hat) als rechtspopulistische Partei sei ein weltweites Phänomen. Und für die zerfallende Infrastruktur in Deutschland zeichne die FDP verantwortlich, die auf eine „Ideologie“ der Schuldenbegrenzung setze. Der Lindner war’s.
Nur einer ist unschuldig wie ein Opferlamm: der Kanzler. Nur einer hat den Durchblick: Der Kanzler.
Olaf Scholz fand sich selbst überzeugend. Er war ein ums andere Mal ganz seiner eigenen Meinung. Was Scholz den Zuschauern bot, war weniger ein Duell als vielmehr eine ausgefeilte Vorführung dessen, was Linguisten als „Rabulistik“ bezeichnen – die hohe Kunst der Verdrehung von Verantwortung und Führung. Wer ihn sprechen hörte, bekam den Eindruck, er befinde sich gar nicht in einer Debatte mit Friedrich Merz, sondern in einem angeregten Monolog mit sich selbst.
Der Gedanke, dass seine Kritiker recht haben könnten, kam Scholz dabei kein einziges Mal. Er hatte sich mit Unfehlbarkeit gepanzert. Da stand einer auf der Kommandobrücke der Selbstgerechtigkeit und war nicht bereit, sie zu verlassen.
Scholz hatte seine Chance – und versagt
Wer nicht vorm inneren Auge die Bilder seines Scheiterns ablaufen ließ – die abgeschalteten Kernkraftwerke, die Jobverluste in der Autoindustrie, die gestiegenen Preise und die Unsicherheit vieler öffentlicher Plätze, auch jenseits blutiger Attentate –, könnte meinen, da tritt ein wortgewaltiger Politiker auf, der eine Chance verdient hätte. Aber die hatte Scholz eben schon. Die Hoffnung wird bei ihm durch die Tatsachen seiner Amtszeit widerlegt. Bei einem Kanzler schaut man nun mal nicht auf die Lippen, sondern auf die Hände. Und dieser Kanzler steht in seiner Bilanz mit leeren Händen da, was ihm erst am Wahlsonntag letztendlich dämmern wird.
Die Umfragewerte zeigen es klar: Der amtierende Kanzler ist abgewählt. Vermutlich wird er anschließend Monate brauchen, um zu verstehen, warum das Volk seine Großartigkeit nicht in gleicher Weise zu schätzen weiß wie er. Scholz trat gestern Abend auf wie einer, der mit Beförderung rechnet, wo in Wahrheit doch die Abberufung droht. Die Entlassungsurkunde ist bereits ausgestellt und wartet nur noch auf die Unterschrift des Souveräns. Leider stellt Merz mit seiner Brandmauerhaltung quasi eine Art rettenden Anker dar, um der SPD in der kommenden Periode innerhalb einer Koalition einen Regierungsanspruch zu ermöglichen.
Friedrich Merz, der Faktenchecker
Friedrich Merz wusste um die faktische Unterlegenheit eines Olaf Scholz. Er, dem die Rolle als Duellpartner zugewiesen war, hatte deswegen ein leichtes Spiel. Immer wieder rief er die Fakten in den Zeugenstand – die drei Millionen Arbeitslosen, die 50.000 insolventen Betriebe und die 300.000 Industriearbeitsplätze, die das Land verloren hat. Seine Gegenrede war ein 90-minütiger Faktencheck, der nur ab und zu durch Emotionalitäten unterbrochen wurde. Merz hatte sich emotional im Griff und ließ sich auch durch die Rempeleien des anderen – „doof“, „lächerlich“ – nicht aus der Ruhe bringen.
„Deutschland ist im dritten Jahr der Rezession. Drei Millionen Arbeitslose bei 700.000 unbesetzten Stellen. 50.000 Unternehmen sind in ihrer Amtszeit in Deutschland in die Insolvenz gegangen. Aber Sie, Herr Scholz, sprechen davon, es gebe keine Deindustrialisierung. Mit welcher… pic.twitter.com/vAg63HHF2B
— Friedrich Merz (@_FriedrichMerz) February 9, 2025
Eines muss man Scholz an dieser Stelle jedoch tatsächlich zugestehen: Er ist in der Lage gewesen, einen politischen Gegner wie Merz in einem halbwegs akzeptablen Licht erscheinen zu lassen. Ohne sein Engagement wäre der Eindruck von Merz‘ Schwächen kaum zu ertragen, geschweige denn, dass man ihm irgendeine Form von Erfolg zugestehen könnte. Scholz hat es geschafft, den politischen Raum so weit zu verformen, dass sogar der sonst so unbeholfene Merz halbwegs plausibel wirken konnte.
Merz, der Meister der leeren Worte
Merz blieb seiner Linie treu – Angriff ist seine einzige Form der Verteidigung, und das TV-Duell wurde gnadenlos auf diese Weise geführt. Mit der Raffinesse eines Zirkusartisten und der Coolness eines selbsternannten Staatsmanns hat Merz es geschafft, sich strategisch zu positionieren und gleichzeitig der öffentlichen Meinung ein Bild von sich zu verkaufen, das er weder verdient noch wirklich ist. Mit seinem künstlichen Lächeln und einem nach außen hin ruhigen Auftreten, das mehr an ein pathetisches Versagen als an eine echte Führungsqualität erinnerte, schleimte sich Merz in die Rolle des vermeintlich besonnenen Politikers.
Das Thema Migration, der altbewährte politische Marktplatz, bot ihm erneut die Bühne, um Scholz zu attackieren. Merz, der die Migranten als Feindbild wieder und wieder ins Visier nahm, warf der Bundesregierung vor, nicht genug gegen „illegale Zuwanderung“ zu tun.
Stark. #KanzlerDuell pic.twitter.com/GYELK30Awo
— Anabel Schunke (@ainyrockstar) February 9, 2025
Das Thema der Finanzierung der Bundeswehr brachte ihn dann in eine unangenehmere Lage, als Scholz die Union des Sparens auf Kosten der Bürger anprangerte – eine anklagende Bemerkung, die Merz ziemlich hilflos zurückließ. Doch plötzlich, als wäre es das ganz große rhetorische Meisterstück, plädiert Merz für eine Lockerung der Schuldenbremse – ein taktischer Schachzug, der vermutlich eher der Verzweiflung als der Genialität entsprang, weil die Union auf ihre eigene Sparpolitik keine überzeugende Antwort hatte. Das ist der Moment, in dem die Union von „Freiheit und Verantwortung“ in ein Loch der Unverantwortlichkeit fällt.
Das ganze Duell war letztlich von Merz’ Überheblichkeit geprägt – statt klarer, inhaltlicher Angriffe setzte er auf Zurückhaltung und spöttische Bemerkungen. Ein Taktieren, das in den meisten Punkten die Schwächen der Regierung entblößte, ohne ihm selbst einen nachhaltigen Schaden zuzufügen. In Momenten, in denen er etwas mehr Leidenschaft hätte zeigen können, setzte er auf stoische Ruhe – ein Stilmittel, das ihm half, Scholz in gewissem Maße bloßzustellen, aber bei wirtschaftlichen oder sozialen Fragen eher ins Leere griff.
Was Merz in der Migrationsdebatte ablieferte, war ein Paradebeispiel für politische Doppelmoral und Unverantwortlichkeit. Er sprach von scharfen Maßnahmen, aber gleichzeitig entzog er sich konsequent der Verantwortung, was diese in der Realität für die Menschen und das Land wirklich bedeuten würden. Seine Versprechungen? Ein Sammelsurium leerer Wahlkampfphrasen, die den Anschein erwecken, als wären sie das Resultat tiefgreifender politischer Überlegungen, dabei aber genauso substanzlos sind wie eine leere Hülse. Merz bleibt letztlich, was er immer war: Ein Politiker, der weiß, dass das Showgeschäft nur dann funktioniert, wenn man genug redet. Und so redet er – auch wenn nichts dahintersteckt.
Die Abrechnung kommt – am Wahltag
Das „TV-Duell“ war ein ernüchternder Spiegel des katastrophalen Zustands, in dem sich Deutschland derzeit befindet. Merz und Scholz boten dem Zuschauer ein Kanzlerduell, das vor allem die groteske Kluft zwischen politischer Rhetorik und der harten Realität verdeutlichte. Merz, der sich als ruhiger Stratege inszenierte, bleibt ein Meister der leeren Worte. Und dann gibt es Scholz, dessen Aussagen die Tragweite der Krise in Deutschland noch weiter verstärken. Es ist erschreckend, mit welcher Selbstverständlichkeit er den desolaten Zustand des Landes leugnet. Scholz fordert, die wirtschaftliche Lage rosig zu sehen und weigert sich, die Verantwortung für die Missstände zu übernehmen. Seine Behauptung, die restriktivste Migrationspolitik in der Geschichte vorangetrieben zu haben, wirkt in diesem Kontext geradezu zynisch.
Am Wahlabend wird Scholz vermutlich zum ersten Mal klar, dass die Erzählungen, die er sich selbst aufgebaut hat, nicht mehr mit der Realität zu vereinbaren sind. Wenn die Stimmen ausgezählt sind, wird er sehen, dass es nicht das Volk ist, das versagt hat – sondern er. Ein politischer Tiefpunkt, der die Perspektivlosigkeit der aktuellen Regierung und die gefährliche Richtung, in die dieses Land geführt wird, auf erschreckende Weise aufzeigt.
2 Antworten
Das TV-Duell: und nächste woche mit ERNIE und BERT, die per laser-
schwert gegeneinander antreten……. MÖGE die MACHT mit dir sein!
Leider sind es sehr viele Idioten, denn 80 Jahre Gehirnwäsche mit Schuldkult, GEZ-Erpressung, Lücken- und Lügenmedien sind ein großer Erfolg des Gegners [1]. Das muss man klar und deutlich sehen.
Trotzdem sehe ich die AfD derzeit „nur“ als das kleinstmögliche Übel für den 23. Februar. Begründung unvollständig im Kommentar von 19:01 Uhr:
haintz.media/artikel/deutschland/wirtschaftsforderungen-der-afd-ein-schritt-in-die-richtige-richtung/#comment-1349
Noch schärfere Zensur, hier die Tagesnachrichten mit den aktuellen Anti-AfD-Maßnahmen:
https://auf1.tv/nachrichten-auf1/nachrichten-auf1-vom-10-februar-2025
Erinnerung:
„Friedrich Merz: Der gefährlichste Kanzleranwärter der BRD-Geschichte.“
Dossier bei aufgewacht-magazin.de
[1] ya.ru
„Here Is Germany“ „Wir kamen nicht als Befreier“ „Reconquista_Germanica“ site:archive.org