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Bürgergeld im Visier: Lindners und Linnemanns radikale Reformpläne

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Finanzminister Christian Lindner (FDP) erklärt das Bürgergeld nach nur 18 Monaten für teilweise gescheitert und fordert Einsparungen bei den bedürftigen Menschen, um diese Gelder in die Wirtschaft zu investieren. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hingegen will das Bürgergeld für über 100 000 Menschen ganz streichen, da er ihnen mangelnde Arbeitsbereitschaft vorwirft. Diese Forderungen sorgen für starke Kritik innerhalb der eigenen Parteien und für politischen Zündstoff in der Ampelkoalition.
Zusammengefasst

Mit seiner Forderung, den aus seiner Sicht sogenannten „arbeitsunwilligen Bürgergeld-Empfängern“ die Grundsicherung zu entziehen, erntet CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann heftigen Widerspruch aus der eigenen Partei.

Nach Angaben der Welt kritisierte der Vize-Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, Linnemann scharf: „Die Forderung von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann geht an der Wirklichkeit vorbei.“ Er fügte an, dass viele, die für die Jobcenter nicht erreichbar sind, unter psychischen Problemen zu leiden haben. „Sie dem Hunger auszusetzen, ist nicht mit dem christlichen Menschenbild vereinbar.“ Linnemann hatte zuvor den Funke-Medien gegenüber geäußert, dass die Statistik nahelege, „dass eine sechsstellige Zahl von Personen grundsätzlich nicht bereit ist, eine Arbeit anzunehmen.“ In diesem Fall müsse der Staat davon ausgehen, dass derjenige nicht bedürftig sei.

Arbeitsverpflichtung für Bürgergeld – Ausnahmen vorgesehen

Linnemann schloss auch ukrainische Flüchtlinge ein, die Bürgergeld beziehen und bemängelt das Fehlen von Arbeitsanreizen, für Alleinerziehende und Pflegepersonen sieht er jedoch Ausnahmen vor.

„Die Ukrainer verteidigen auch unsere Freiheit. Aber wenn es eine Leistung gibt, ist sie mit einer Gegenleistung verbunden. Dazu zählt, eine Arbeit aufzunehmen.“

Linnemann / Tagesschau

In der Diskussion über die stark gestiegenen Kosten für das Bürgergeld beabsichtigt die Bundesregierung längst, die Regelungen zu verschärfen, um mehr Empfänger zur Arbeitsaufnahme zu bewegen. Längerer Arbeitsweg soll künftig als zumutbar gelten. Das Ablehnen zumutbarer Arbeit wird mit größeren Leistungskürzungen bestraft, und auch Schwarzarbeit soll zu Kürzungen führen. FDP-Chef Christian Lindner äußerte sich gegenüber BILD: Das Bürgergeld hat nicht alle Erwartungen erfüllt. Die nächste große Sozialreform muss kommen, denn damit können wir Milliarden Euro für Investitionen gewinnen.“ Das heißt im Klartext: Lindner fordert Einsparungen bei der Unterstützung für bereits benachteiligte Menschen, um diese Mittel in Infrastrukturprojekte und wirtschaftliche Investitionen umzuleiten. Lindner stellt sich damit gegen die Position von SPD und Grünen.

Ziel der Lindner-Reformen ist es, das Bürgergeld als eine sog. Solidarleistung für Bedürftige und nicht als bedingungsloses Grundeinkommen zu definieren. Lindner bringt die laufende Diskussion in der Kanzler-SPD erneut ins Rampenlicht. Nachdem SPD, Grüne und FDP sich auf eine minimalistische Reform des Bürgergeldes geeinigt hatten, die zusätzliche Sanktionen für Verweigerer vorsieht, ließ SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich gegenüber dem Spiegel wissen, dass der Bundestag eine umfassendere Lösung vorlegen wird: „Was wir im Bundestag zum Bürgergeld beschließen, wird mehr und anderes umfassen, als die Regierung vorgeschlagen hat.“ Auch bei anderen Themen hat Mützenich laut BILD wiederholt gegen die Ampel-Beschlüsse opponiert, was Lindner dazu veranlasste, ihn als größte Bedrohung „für die Stabilität der Bundesregierung“ zu bezeichnen.

Linnemann bezeichnete die geplante Bürgergeld-Reform der Ampelregierung als ungenügend. Es sei ein positiver Schritt, dass die Ampel eine Reform des Bürgergeldes anstrebe, so Linnemann.

„Aber wir brauchen einen grundsätzlichen Politikwechsel – hin zu einer neuen Grundsicherung.“

Linnemann / Tagesschau

Kritik an den Plänen

Lindners und Linnemanns Standpunkte stehen im Gegensatz zu den Positionen von SPD und Grünen, die diese Äußerungen scharf kritisieren. Beide Parteien warnen davor, soziale Ausgaben gegen andere Projekte auszuspielen, und bevorzugen stattdessen die Aufnahme von Krediten. 

Dagmar Schmidt, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, erinnerte daran, dass die Union das Bürgergeld im Bundestag gemeinsam aus guten fachpolitischen Gründen beschlossen hat. Zuletzt habe sie allerdings ausschließlich durch populistische Zwischenrufe auf sich aufmerksam gemacht. Das Bürgergeld ist die Grundsicherung für Arbeitssuchende im Gegensatz zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

„Es hilft ganz sicher nicht, Bürgergeld-Empfänger in einer willkürlich gegriffenen Größenordnung als faul zu diffamieren – und mit einer verfassungswidrigen kompletten Streichung der Leistung zu drohen“

Dagmar Schmidt / Tagesschau

Bürgergeld-Ausgaben: Milliarden Euro – Verschiebungen bei ausländischen Beziehern

Wie die Berliner Zeitung berichtet hat Deutschland rund 5,6 Milliarden Euro für Kinder und Jugendliche im Bürgergeld ausgegeben, wie eine Antwort des Bundessozialministeriums auf eine Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten René Springer zeigt. Ende 2023 bezogen etwa 1,8 Millionen Minderjährige Bürgergeld, was einen Anstieg im Vergleich zu 2010 darstellt, als es noch 1,67 Millionen waren. Die Gesamtausgaben für Bürgergeld beliefen sich im letzten Jahr auf 42,6 Milliarden Euro.

Das Verhältnis zwischen deutschen und ausländischen Minderjährigen im Bürgergeld hat sich stark verändert. Während 2010 noch 1,37 Millionen Deutsche und 304 000 ausländische Minderjährige Leistungen erhielten, liegt das Verhältnis Ende 2023 bei 907 000 deutschen und 894 000 ausländischen Beziehern. Die größte Gruppe unter den ausländischen Minderjährigen stammt aus der
Ukraine (262 000), gefolgt von Syrien (203 000), EU-Ländern (131 000) und Afghanistan (80 000).

Die Ausgaben für ausländische Minderjährige sind von 670 Millionen Euro auf etwa 3,3 Milliarden Euro gestiegen, während die Zahlungen für deutsche Empfänger von rund 2,6 Milliarden auf 2,3 Milliarden Euro gesenkt wurden. Springer kritisierte die erheblichen Kostensteigerungen und forderte eine „Migrationswende“ sowie eine Beseitigung der Anreize zur Migration in die Sozialsysteme.

Fazit

Es ist alarmierend, dass der Fokus der politischen Debatte zunehmend auf Sparmaßnahmen und Kürzungen liegt statt auf der Frage, wie man den Bedürftigen effektiv helfen und gleichzeitig die Integration in den Arbeitsmarkt fördern kann. Carsten Linnemann und Christian Lindner haben klare Signale gesetzt, dass sie im Kontext der Sozialpolitik auf harte Einschnitte setzen wollen, um finanzielle Mittel für andere Investitionen freizusetzen. Diese Haltung scheint wenig Rücksicht auf die vielfältigen Herausforderungen und realen Probleme der Bürgergeld-Empfänger zu nehmen. Eine Reduktion der Sozialleistungen und die Einführung strenger Sanktionen riskieren, Menschen, die ohnehin schon am Rand der Gesellschaft stehen, weiter zu isolieren und zu destabilisieren.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

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