Erster Teil einer Serie zu unkonventionellem Denken: Stellen Sie sich vor, Sie ertrinken gerade in einem Schwimmbad. Der Bademeister springt zu Ihnen ins Wasser, packt sie professionell im Rautekgriff und Sie wähnen sich in Sicherheit. Da plötzlich fällt einige Dutzend Meter neben Ihnen ein weiterer Mensch ins Becken. Der Bademeister lässt Sie los und schwimmt zu dem neuen Gefährdeten. Er lässt diesem professionelle Hilfe angedeihen und zieht ihn heraus, während Sie fröhlich mit dem weitermachen, woran Sie vorher gerade waren: Ertrinken!
Beginnen wir mit ein paar Gleichnissen
So oder so ähnlich wie im obigen Beispiel müssen sich Asylbewerber fühlen, die in Deutschland angekommen sind. Man hat ihnen Hilfe zugesichert, man hat Ihnen Schutz versprochen. Doch dann kamen immer mehr und immer mehr, und es gibt offenbar nicht mehr genug Bademeister für alle. Anstatt die ersten, die man aufgenommen hat, ordentlich auf die Beine zu stellen (Wohnung, Job, Spracherwerb, Bildung, #Integration) und ihnen die Freiheit (das Glück!) der Selbstverwirklichung zu schenken, nimmt man immer mehr und mehr und mehr, bis die Versprechen von Schutz und Hilfe höchstens noch zu Schmutz und Schimpfe reichen.
Gefällt Ihnen mein Baywatch-Bild nicht? Dann transponieren wir das Ganze in die Reisebranche, in der ich drei Jahrzehnte tätig war. Dort gilt das Grundprinzip der Prospektwahrheit: was ein Reiseveranstalter in seiner Werbung verspricht, muss er auch einhalten bzw. erfüllen. Er darf nicht 400 Einzelzimmer verkaufen, wenn es nur 40 gibt, und die restlichen 360 Reisenden in Strandzelten unterbringen. Er darf nicht 800 Sitzplätze für eine Boeing 727-100 mit 131 Sitzen verkaufen. Er darf nicht überbuchen.
Was ist Asyl und wie viele Menschen suchen es?
Asyl bedeutet wörtlich „unberaubt Bleiben“. Es steht für „Heim und Schutz“. Im Grundgesetz für die BRD, Artikel 16a heißt es „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge definiert das #Asylrecht als Schutz der Menschenwürde, des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit, der Freiheit und anderer grundlegender Menschenrechte. Das ist gut so, und ein wichtiges Erbe unserer Geschichte. Aber wie viele Menschen könnten von diesem Recht Gebrauch machen wollen?
Laut dem Global Trends Report vom UNHCR waren Ende 2022 weltweit über 108 Millionen Menschen auf der Flucht. Sich zuspitzende Krisen und Kriege, zunehmend autoritärere Maßnahmen und Regimes führen zu stetiger Steigerung dieser Zahl. Das ist furchtbar. Das kann so nicht weitergehen. Das muss verbessert werden. Menschen brauchen das Recht und die faktischen Rahmenbedingungen, um dort, wo sie leben, auch bleiben zu können. In einer idealen Welt muss niemand fliehen, jeder Umzug erfolgt ausschließlich freiwillig. Aber unsere Welt ist nicht ideal. Sie hat mindestens 108 Millionen Menschen aus ihren jeweils angestammten Gebieten vertrieben, die aktuell nicht wissen, wo sie unterkommen sollen.
Kann Deutschland alle 108 Millionen aufnehmen?
Gehen wir einmal davon aus, dass die Zahl vollständig ist und sich seit 2022 nicht erhöht hat. Stellen wir uns weiter vor, Deutschland würde nun über 108 Millionen der bedauernswerten Menschen, die auf der Flucht sind, aufnehmen und ihnen Asylrecht gewähren. Was würde dadurch mit Deutschland geschehen? Zunächst einmal würde die Bevölkerungszahl sich von 84 Millionen auf 192 Millionen mehr als verdoppeln.
Könnten die – laut Bundesfinanzministerium – 15 Millionen Nettosteuerzahler außer den 69 Millionen Menschen, die sie jetzt bereits mitfinanzieren, auch noch 108 Millionen weitere Menschen ernähren? Also insgesamt 192 Millionen Menschen, die von der Arbeit von 15 Millionen Menschen leben sollen, geht sich das aus? Kann jeder deutsche Nettosteuerzahler zusätzlich zu sich selbst weitere 12 Menschen durchfüttern? Vielleicht. Vielleicht kann er das wirklich. Deutsche sind zäh, sparsam, solidarisch und bescheiden, wenn es drauf ankommt. Ich habe großes Vertrauen zu den Deutschen. Ich glaube, sie würden das schaffen.
Ist es verantwortungsvoll, alle 108 Millionen aufzunehmen?
Natürlich will ein mitfühlender Mensch jedem helfen, der in Not ist. Überall, auf der ganzen Welt, jederzeit. Aber was haben die aufgenommenen Geflüchteten dann konkret zu erwarten? Kann ihre Grundversorgung gedeckt werden? Können irgendwelche Integrationsleistungen oder Bildungsleistungen erbracht werden? Kann die Sicherheit und der Schutz der Asylwerber vor Gefahr und Gewalt sichergestellt werden? Gibt es ausreichend Wohnraum, Sozialhelfer, Administrationsbeamte, Juristen, Polizisten und Feuerwehrleute dafür? Meine Meinung: nein, das alles gibt es nicht. Und es kann auch nicht mir nichts, dir nichts aus dem Boden gestampft werden.
Die 108 Millionen Neuankömmlinge müssten also zusammenrücken. Sie könnten keine so hohen Erwartungen mehr an ihre Versorgung, ihren Schutz und ihre Möglichkeiten der Selbstverwirklichung stellen, wie es sein sollte. Man würde sie vielleicht in Zeltstädte stecken – mit dem Nachteil, dass das im deutschen Winter ganz schön kühl sein kann. Man würde sie vielleicht in Schlafsälen unterbringen, zum Beispiel durch Beschlagnahme der vielen leerstehenden Gebäude in Deutschland. Man würde ihnen vielleicht ausreichende, aber rationierte und nicht frei auswählbare Ernährung anbieten. Möglicherweise etwas von diesem neuen Synthetikfleisch oder insektenbasierte Proteinriegel mit Haselnussgeschmack. Unzumutbar? Naja, immer noch besser als gefoltert oder getötet zu werden oder zu verhungern.
Aber was wird aus denen, die schon da sind?
Laut Angaben des Bundesinnenministeriums befinden sich aktuell etwa 3,2 Millionen Geflüchtete in Deutschland (davon ca. 1,1 Millionen aus der Ukraine). Diese Menschen sind nach Deutschland gekommen und haben um Heim und Schutz gebeten. Natürlich gibt es immer Luft nach oben, aber im Großen und Ganzen sind sie – menschheitsgeschichtlich betrachtet – sehr gut untergebracht und versorgt. Sie genießen außer rein physischem Schutz vor Gewalt und Gefahr auch einen durchaus zumutbaren Lebensstandard. Aber jetzt schon ächzen viele Kommunen bereits unter der großen Last, suchen verzweifelt nach Wohnraum und anderen Ressourcen.
Würden zu diesen 3,2 Millionen Menschen nun weitere 108 Millionen Menschen kommen, dann würden die, die bereits hier sind, und denen Deutschland ein Versprechen gegeben hat, auf sehr viel verzichten müssen. Sie würden vielleicht auch in die Zeltstädte, Industriehallen-Schlafsäle oder andere Notunterkünfte umsiedeln müssen. Sie würden möglicherweise ebenfalls die Insekten-Laborfleisch-Riegel essen müssen. Und es gäbe vielleicht nicht mehr genug Polizeikräfte, um ihre körperliche Unversehrtheit zu schützen, nicht mehr genug Juristen, um ihnen zu ihren Rechten zu verhelfen, nicht mehr genug Sozialarbeiter, um ihnen auch nur minimale Integrationsmaßnahmen zu ermöglichen. Sie würden vom Leben auf der Grundlage deutschen Standards zu einem Leben im Slum zurückstecken müssen.
Als Beleg dafür, dass wir jetzt schon auf dem Weg zu genau den Zuständen sind, vor denen ich warne, möchte ich folgendes Video einer Migrantin anführen, die Opfer sexueller Gewalt wurde und darin ein strukturelles Problem erkennt:
Prospektwahrheit in der Asylpolitik!
Deutschland hat jenen Geflüchteten, die es bereits aufgenommen hat, und allen voran den Frauen unter ihnen, ein Versprechen gegeben. Es hat sich dazu verpflichtet, sie in mehrfacher Hinsicht zu schützen. Kann es das nicht leisten, bricht es sein Versprechen. Dann sind die Geflüchteten in der Rolle des eingangs erwähnten Ertrinkenden, der vom Rettungsschwimmer alleingelassen wird, um stattdessen jemand anderen zu retten (oder auch nicht).
Überfrachtet sich Deutschland so sehr, dass es seinen bereits im Land befindlichen Gästen logistisch nicht einmal mehr das Minimum an Menschenwürde ermöglichen kann, ist es nichts anderes als eine Honigfliegenfalle, die Menschen in Armut und Elend stürzt und auf Dauer darin fesselt. Es hätte dann gelogen, und den Geist des im Grundgesetz verankerten Asylrechtes ausgehöhlt. Asyl ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit am Tisch. Asyl ist Verantwortung und Verpflichtung gegenüber dem Gast. Wer Schutz verspricht, muss Schutz auch bieten können!
Remigration zum Schutz Geflüchteter?
Vielerorts hört man lautstark die Forderung nach #Remigration zum Schutz der „autochtonen Bevölkerung“, der „Biodeutschen“, des „deutschen Volkes“. Aber nirgendwo habe ich bisher eine Forderung nach Remigration zum Schutz der Asylrechte gelesen! Dabei liegt es doch auf der Hand, dass es nicht im Interesse der Geflüchteten sein kann, das Land so zu überfrachten, dass jeder, der jetzt schon da ist, künftig sein Bett und seinen Suppentopf mit 36 (!) anderen teilen muss. Dass es nicht im Interesse von Asylberechtigten und bereits in Deutschland befindlichen Asylwerbern liegt, immer noch mehr Mitbewerber im Kampf um die schwindenden Hilfsressourcen der niedergehenden deutschen Wirtschaft zu haben. Dass es den Interessen der Heimatvertriebenen zuwiderläuft, wenn „Asyl“ nur noch heißt: hier hast Du zwei Quadratmeter Boden, mach was draus und finde Dich zurecht!“.
Wer Schutz verspricht, muss Schutz auch bieten können. Der Bademeister, der den Rautekgriff löst und den ersten Ertrinkenden zugunsten des nächsten Ertrinkenden im Stich lässt, handelt verantwortungslos und falsch. „Niemand kann mehr Recht übertragen, als er selbst hat“, sagen die Juristen. „Niemand darf mehr versprechen, als er erfüllen kann“, sagt der Reiseveranstalter-Verhaltenskodex. „Niemand darf mehr Schutz versprechen, als er bieten kann“, sage ich.
Und ich ergänze: Remigration liegt im besten Interesse der Geflüchteten im Land, ebenso wie der akut lebensgefährdeten Vertriebenen anderswo. Denn wenn jene, die kein Asyl mehr benötigen (oder es nie wirklich benötigt haben!), heimkehren, dann kann Deutschland irgendwann einmal auch wieder daran denken, neuen Schutz zu versprechen.
Willst Du nur granteln, oder hast Du auch eine Lösung?
Ich bemühe mich immer, ein Thema erst dann anzusprechen, wenn ich auch einen Lösungsansatz mitliefern kann. In diesem Fall drängt sich auf den ersten Blick auf:
- a) Erstellung eines detailgenauen, bundesweiten „Inventars“ verfügbarer Ressourcen für Asylpolitik und Ermittlung der tatsächlichen Hilfskapazität Deutschlands auf kommunaler Ebene, ohne ideologisches Wunschdenken, auf Basis harter Zahlen und Fakten (Wohnraum, personelle Ressourcen, finanzielle Ressourcen, Nahrungsmittelsicherheit etc).
- b) Prüfung, wie viele der solcherart ermittelten „realen Asylplätze“ derzeit unberechtigt oder unnötig belegt sind (weil z.B. die Lage im Herkunftsland keinen Asylgrund mehr hergibt, oder weil der eine oder andere abgelehnte Asylwerber nach Hause geleitet werden kann).
- c) Remigration aller nicht oder nicht mehr Schutzbedürftigen (außer Härtefälle nach Einzelfallprüfung, zB. In Deutschland geborene gut integrierte Kinder).
- d) Nutzung der freigewordenen Plätze für besseren Ausgleich zwischen den Kommunen.
- e) Herstellung von Transparenz durch täglich aktualisierte Asyl-Dashboards (z.B. gegliedert in „Asylanträge heute gestellt“ / „Asylanträge Gesamtstand“ (bewilligt / abgelehnt) / „heute remigriert“ / remigriert gesamt“) samt Angabe des Platzleerstandes oder der eventuellen Überbelegung, mit dem Zweck der Erhöhung der Akzeptanz tatsächlichen politischen Asylrechts durch die Bevölkerung.
- f) Strenge Grenzkontrollen (Binnengrenze oder Außengrenze, je nach besserer Praktikabilität), um den Überblick zu wahren und gesetzeskonformes Management im Interesse der Asylberechtigten, die schon hier sind, zu ermöglichen.
- g) Dann, und erst dann, eventuelle Neuaufnahmen im Rahmen der unter (a) ermittelten Leistungsgrenzen Deutschlands.
Und erzählt mir jetzt bitte nicht, dass man das logistisch nicht auf die Reihe bekommen kann. Bei Corona gingen flächendeckende Gentests und stündlich aktualisierte Dashboards – warum sollte eine Ermittlung der Aufnahmekapazität Deutschlands im Asylwesen nicht möglich sein? Der technische Stand ist zweifellos da; wenn auch der politische Wille da ist, dann findet sich ein Weg. Sollte die Bundesregierung Schwierigkeiten in der Umsetzung haben: ich kenne da ein Team findiger Programmierer aus der Reisebranche (ehemalige Mitarbeiter meines Unternehmens), die schon – ganz ohne Steuergelder – größere und komplexere Datenverwaltungsprobleme gelöst haben als dieses!
Mein Fazit des Asylthemas
Ich weigere mich, alle Geflüchteten in einen Topf zu werfen und habe auch sonst nichts übrig für Pauschalisierungen. Aber es tut mir in der Seele weh, dass Deutschland durch pure Selbstüberschätzung nicht nur seine eigenen Möglichkeiten überschätzt, sondern auch Menschen, die nichts dafür können, in eine Honigfalle lockt. Wer Schutz verspricht, muss Schutz auch bieten können. Die Asylberechtigten, die bereits im Land sind, müssen Vorrang gegenüber Neuankömmlingen haben. Man kann nicht dasselbe Pferd zwei Menschen hintereinander schenken. Tut man es doch, dann gehört es dem, dem es zuerst geschenkt wurde. Ältere Rechte gehen vor.
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Kluger Artikel