Die Bundesregierung steht vor einem Scherbenhaufen. Während Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eine Asylwende versprochen hatte, offenbaren neue Daten ein dysfunktionales System der Migrantenkontrollen, bei dem Sicherheitsbedenken systematisch ausgehebelt wurden.
Besonders brisant: Das Auswärtige Amt (AA) überging wiederholt Warnungen der Bundespolizei vor fragwürdigen Einreisen afghanischer Staatsbürger. Dieser Artikel beleuchtet die Missstände, hinterfragt die Verantwortung der politischen Führung und fordert Konsequenzen für ein Verfahren, das nicht nur chaotisch, sondern gefährlich ist. Eine investigative Recherche von Tim Röhn, veröffentlicht in der »Welt am Sonntag«, deckt die gravierenden Missstände auf.
Exklusiv: Regelmäßig empfahlen Sicherheitsbeamte, Papiere von afghanischen Migranten erneut zu prüfen. Oft ignorierte das Auswärtige Amt die Bedenken. WELT AM SONNTAG liegen erstmals Zahlen zu dem Dokumenten-Chaos vor. https://t.co/mZhWnByPvc
— Tim Röhn (@Tim_Roehn) May 10, 2025
Daraus ergibt sich eine dringende Forderung nach Konsequenzen für ein Verfahren, das nicht nur von Chaos, sondern auch von Gefahren geprägt ist, während die Verantwortung der politischen Führung zunehmend in den Fokus rückt.
Ein Programm im Chaos: Die Aufnahme von Afghanen
Seit der Machtübernahme der Taliban evakuierte die Bundesregierung über 34.881 Afghanen, darunter ehemalige Bundeswehr-Ortskräfte und besonders gefährdete Personen, über Pakistan nach Deutschland.

Zusammengenommen ist mehr als 48.000 Personen eine Einreiseerlaubnis gewährt worden.
„Insgesamt wurden mehr als 48.000 Zusagen ausgesprochen, die Programme kosteten mehr als 182 Millionen Euro.“
»Tim Röhn / WeLT«
Die Umsetzung war allerdings alles andere als präzise. Rund 2.500 Afghanen mit Aufnahmezusage harren derzeit ohne Einreisedatum in Islamabad aus. Die Gründe sind ein Mix aus politischem Kalkül, bürokratischer Willkür und einem eklatanten Missmanagement. Besonders auffällig ist, dass der Einreisestopp vor der Bundestagswahl aus reinem Wahlkampfkalkül verhängt wurde. Dies zeigt, wie migrationspolitische Entscheidungen von kurzfristigen parteipolitischen Interessen durchsetzt sind. Doch während die Öffentlichkeit über Zurückweisungen an den Grenzen diskutiert, bleibt ein zentrales Problem unbeachtet: die mangelhafte Überprüfung der Einreisenden, die sämtliche Sicherheitsbedenken ignoriert!
Die Bundespolizei schlug Alarm – und wurde ignoriert
Neue Daten zeigen, dass Beamte allein bei den fünf Charterflügen im Jahr 2025 in 59 Fällen die deutsche Botschaft in Islamabad kontaktierten, um Afghanen aufgrund „unzureichender Dokumentenlagen oder sicherheitsrelevanter Erkenntnisse“ nicht einreisen zu lassen. Das Ziel bestand darin, eine erneute Prüfung der Papiere und Identitäten zu erwirken. Das Auswärtige Amt ließ sich jedoch nicht beirren. In 34 Fällen durften die Afghanen trotz Polizeibedenken nach Deutschland fliegen.
„Die Entscheidung über die Einreise liegt allerdings letztlich beim Auswärtigen Amt (AA). Und das ließ sich in vielen Fällen nicht beirren. Von der Bundespolizei hieß es, man habe ‚lediglich davon Kenntnis, dass 25 Beförderungen nicht zugestimmt worden sei. Entsprechend durften trotz der Bedenken der Polizisten 34 Afghanen nach Deutschland reisen.“
»Tim Röhn / WeLT«
Die Konsequenzen wurden bei der Einreisekontrolle in Leipzig, Berlin und Hannover sichtbar. Elf Urkundendelikte wurden festgestellt und Strafanzeigen gestellt. Die Staatsanwaltschaften schweigen zu den Ermittlungen. Diese Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs. Im Vorjahr forderten Polizeibeamte bei 18 Charterflügen in 90 Fällen eine erneute Überprüfung. Das AA folgte nur in der Hälfte der Fälle, 45 Afghanen wurde die Einreise verweigert. Die andere Hälfte reiste ein, ungeachtet der Warnungen.
Ein bürokratischer Albtraum
Die Überprüfung der afghanischen Dokumente in Islamabad obliegt den Dokumenten- und Visumberatern (DVB) der Bundespolizei. Diese melden Fälschungen oder Unregelmäßigkeiten an die Botschaft, die wiederum das AA informiert. Offenbar bleibt im Dunkeln, was mit diesen Informationen geschieht. Immer wieder staunten Beamte über Passagierlisten, auf denen Personen standen, die nach ihrer Einschätzung nicht hätten einreisen dürfen. Dieses Informationsvakuum zeugt von einer eklatanten Missachtung polizeilicher Expertise. Manuel Ostermann, stellvertretender Vorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft, spricht Klartext:
„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesaußenministerin a. D. haben offenkundig die Expertise der Bundespolizisten schlicht ignoriert.“
»Manuel Ostermann / WeLT«
Er fordert einen Untersuchungsausschuss, um das „skandalöse Verfahren“ lückenlos aufzuklären. Eine berechtigte Forderung, wenn man bedenkt, dass die Sicherheit der Bundesrepublik auf dem Spiel steht.
Immer wieder macht Ostermann auf sicherheitspolitische Herausforderungen im Zusammenhang mit der Migration aufmerksam. Er spricht in diesem Zusammenhang nicht mehr von Einzelfällen, sondern von einem strukturellen Problem und folglich von einer Sicherheitskrise, die eng mit einer nicht ausreichend gesteuerten Migrationspolitik verknüpft sei. Seine Forderung: Abschiebungen in Herkunftsländer wie Afghanistan müssen konsequenter umgesetzt werden, sofern dies rechtlich möglich ist.
Wieder ein Messerangriff.
— Manuel Ostermann (@M_Ostermann) June 15, 2024
Wieder wahllos ein Opfer.
Wieder ein Afghane.
Die Migrationskrise ist vielmehr eine Sicherheitskrise.
Abschieben nach Afghanistan- sofort!
Kein Einzelfall, sondern mittlerweile Regelfall.https://t.co/H5n8sx2iVu
Politische Verantwortung
Das Auswärtige Amt unter der neuen Leitung von Johan Wadephul (CDU) hüllt sich in Schweigen. Auf Anfragen, wie die Zahlen bewertet werden, ob künftig stärker auf Polizeieinschätzungen gehört wird und was mit den in Islamabad wartenden Afghanen geschieht, gibt es nur vage Antworten. Das Ministerium beteuert, nur Personen mit abgeschlossenem Visumverfahren und Sicherheitsüberprüfungen würden eingeflogen. Reisedokumente würden kurz vor Abflug erneut geprüft, Unklarheiten entweder geklärt oder die Weiterreise zurückgestellt.

Doch die Realität spricht eine andere Sprache. Die Ignoranz gegenüber polizeilichen Warnungen wirft ein Schlaglicht auf die Machtstrukturen im deutschen Asylsystem. Warum behält das AA die letzte Entscheidungsgewalt, wenn es die fachliche Expertise der Sicherheitsbehörden missachtet? Diese Frage führt unweigerlich zu einer größeren: Wessen Interessen werden hier eigentlich vertreten? Die der Bundesbürger, die auf sichere Grenzen hoffen, oder die einer politischen Elite, die ihre Agenda durchdrückt, koste es, was es wolle?
Ein System am Limit
Friedrich Merz steht vor einer Herkulesaufgabe. Seine versprochene Asylwende ist nicht nur ein bürokratisches Unterfangen, sondern ein politischer Drahtseilakt. Die Diskussionen um Grenzkontrollen zeigen bereits, wie tief die Gräben in der Gesellschaft sind. Das Chaos der Afghanistan-Aufnahmeprogramme offenbart ein noch größeres Problem, und zwar ein System, das weder effizient noch sicher ist. Wenn selbst die Bundespolizei, die mit der operativen Kontrolle betraut ist, übergangen wird, wie glaubwürdig ist dann die politische Rhetorik von „kontrollierter Migration“?
„Demnach wandten sich Beamte allein vor den fünf Flügen im Jahr 2025 im Blick auf 59 für die Einreise vorgesehene Personen an Mitarbeiter der deutschen Botschaft in der pakistanischen Hauptstadt und rieten dazu, eben jene Afghanen – anders als geplant – nicht an Bord des Fliegers zu lassen. […] Im Vorfeld der 18 Charterflüge aus Islamabad im vergangenen Jahr bat die Polizei deutsche Diplomaten nach Informationen dieser Redaktion bei 90 Afghanen um eine erneute Prüfung. Nach Kenntnissen der Polizeibehörde kam das AA der Empfehlung in der Hälfte der Fälle nach.“
»Tim Röhn / WeLT«
Das Ergebnis sind Millionen Euro für Programme, die nicht nur schlecht organisiert, sondern potenziell gefährlich sind. Die Missachtung von Sicherheitsbedenken, die fehlende Transparenz und die politische Instrumentalisierung der Einreiseprozesse sind ein Affront gegen die Bürger. Es ist Zeit, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Fazit: Ein Skandal, der Konsequenzen fordert
Die neuen Daten zum Afghanistan-Aufnahmeprogramm sind ein Weckruf. Sie zeigen ein System, in dem politische Willkür über Sicherheitsinteressen triumphiert. Die Bundesregierung muss endlich handeln. Die Entscheidungsgewalt des Auswärtigen Amts muss hinterfragt, die Expertise der Bundespolizei ernst genommen und die Verfahren transparent gestaltet werden.
Ein Untersuchungsausschuss, wie von Ostermann gefordert, ist längst überfällig. Denn eines ist klar: Ein Staat, der seine Grenzen nicht kontrollieren kann, verliert nicht nur die Kontrolle, sondern das Vertrauen seiner Bürger.