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Deutscher Karikaturenpreis geht an Anti-AfD-Karikatur mit Erschießungskommando

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Zwei Figuren knien vor bewaffneten AfD-Männern. Die Jury feiert den geschmacklosen Witz als absolut preiswürdig.
Zusammengefasst

In einer Zeit, in der politische Debatten sowieso schon durch hysterische Vergleiche vergiftet werden, hat der Deutsche Karikaturenpreis 2025 erneut bewiesen, dass Satire nicht nur unterhält, sondern auch als moralischer Knüppel dient.

Der Hamburger Zeichner »Piero Masztalerz«, der seine eigene Website unter der Domain »schöne Scheiße« betreibt und vielfach ausgezeichnet wurde, räumte mit seiner Arbeit „Abwarten“ den Hauptpreis ab, den „Geflügelten Bleistift in Gold“.

»Deutscher Karikaturenpreis | Facebook«

Der mit 4.000 Euro dotierte Preis markiert den Höhepunkt einer Veranstaltung, die seit einem Vierteljahrhundert gezeichnete Kommentare zur gesellschaftlichen Lage ehrt. Die Jury, bestehend aus sogenannten Experten, die sich in einer Zeremonie im Theater Bremen trafen, feierte das Werk als Akt der Aufklärung, doch bei genauerer Betrachtung entpuppt es sich als Symptom einer tieferen Krise: der Bereitschaft, abweichende Stimmen mit den Schatten der Vergangenheit zu übermalen, um den Status quo zu schützen.

Masztalerz, der für Publikationen wie das Satiremagazin »Eulenspiegel«, die »Lübecker Nachrichten«, den »Spiegel« und »viele weitere« arbeitet, nutzt hier den Bleistift, um ein Szenario zu entwerfen, das die Grenzen zwischen Warnung und Panikmache verwischt.

Die Szene, die polarisiert: Uniformen, Fesseln und ein letzter Dialog

Die Karikatur „Abwarten“ malt ein Bild, das sofort ins Mark trifft, wobei es bei kühler Analyse seine manipulative Kraft offenbart. Zwei gefesselte Zivilisten, ein Mann und eine Frau, knien vor einer Mauer, umgeben von der Kälte einer drohenden Hinrichtung. Sie werden abgeführt von Männern in dunklen Uniformen, die mit Armbinden versehen sind, auf denen „AfD“ prangt. Dies ist eine Anspielung, die an die Hakenkreuzbinden der NS-Zeit erinnert und damit eine direkte Linie zur historischen Schreckensherrschaft zieht. Der Mann äußert in der Rolle des Reumütigen: „Vielleicht hätten wir mehr für den Erhalt der Demokratie tun sollen!“ Die Frau verkörpert die passive Haltung, indem sie erwidert: „Jetzt warte doch erstmal ab!“

»schoenescheisse«

Dieser Dialog soll den Kern der Kritik einfangen: eine Gesellschaft, die zusieht, wie ihre Werte erodieren, und erst handelt, wenn der Strick bereits um den Hals liegt.

Masztalerz entwirft hier keine Satire, sondern eine moralische Anklageschrift, die sich als Kunstwerk tarnt. Die Szene, in der Bewaffnete kniende Menschen fesseln, ist keine kreative Provokation. Sie ist eine visuelle Entgleisung, eine Ästhetisierung politischer Gewalt. Sie instrumentalisiert Symbole von Erschießungskommandos, um politische Gegner zu entmenschlichen und ihnen die Rolle des Opfers abzusprechen. Anstatt das pluralistische Denken anzuregen, wird Spaltung kultiviert. Diese Art von Bildsprache vergiftet die Debatte, weil sie Opposition nicht mehr als Teil des Diskurses zeigt, sondern als Feindbild, das vernichtet gehört.

Das Lob der Jury als Spiegel der Elite: Mut oder bloße Selbstbestätigung?

»Die Jury des Preises«, die ihre Entscheidung am 2. November 2025 verkündete, schwärmte von der Arbeit als „bitter-ironische Reflexion über Wegsehen und Mitschuld“. Sie fuhr fort:

„Es ist der wohl bitterste Witz der neueren Geschichte und der Gegenwart, dass viele Autokraten durch mehr oder weniger freie Wahlen an die Macht gekommen sind. Piero Masztalerz treibt mit dem Entsetzen darüber Scherz. Das ist ebenso mutig wie nötig und in seiner Klarheit absolut preiswürdig.“

»mdr«

Diese Worte, formuliert von »einer Gruppe, die den Preis seit 2000 verleiht«, zunächst allein von der „Sächsischen Zeitung“ in Dresden, seit 2016 gemeinsam mit dem „Weserkurier“, klingen wie ein Manifest für das Establishment.

Hier feiert eine eng mit Mainstream-Medien verflochtene Instanz eine Karikatur, die eine Partei, welche in Umfragen immer mehr Zuspruch erhält, mit den Schergen des Totalitarismus gleichsetzt. Ist das Mut oder ist es der bequeme Reflex einer herrschenden Meinung, die Dissens als Gefahr brandmarkt? Die Jury ignoriert dabei, dass echte Demokratie gerade in der Vielfalt von Stimmen lebt und dass solche pauschalen Äquivalenzen nicht warnen, sondern spalten. Masztalerz‘ Werk wird so zum Vehikel für ein Narrativ, die politische Herrschaft als ewige Bedrohung inszeniert, um jede Kritik am System als Verrat zu diffamieren. Diese Haltung, die in deutschen Medien allgegenwärtig ist, dient nicht der Aufklärung. Sie dient der Perpetuierung einer einseitigen Sichtweise, die abweichende Wähler als Komplizen der Geschichte abstempelt.

Das Feld der Satiriker: Von Silber bis Publikumsliebling

Während Masztalerz den Goldton vorgibt, beleuchten die weiteren Preisträger die Breite des Feldes, das unter dem Motto „Jetzt seid ihr dran!“ antrat. Insgesamt vergab der Wettbewerb Preise im Wert von 11.000 Euro. 262 Künstler sowie Künstlerinnen reichten 1.208 Werke ein, eine Flut von Zeichnungen, die die aktuelle Lage sezieren.

»Deutscher Karikaturenpreis«

Philipp Sturm aus Leipzig sicherte sich den Silberpreis für „Jetzt seid ihr dran!“, eine Arbeit, die mit scharfer Präzision »auf generationelle Verantwortung mit den militärischen Herausforderungen dieser Zeit« abziele.
Katharina Greve, die bereits 2021 und 2024 mit Bronze glänzte, wiederholte ihren Erfolg und holte sich den dritten Platz. Der Newcomer-Preis, dotiert mit 1.000 Euro, ging an Robert Claus für „Taxi Mama an die Front“.
Den Publikumspreis, der auf Zuschauerstimmen basiert, gewann Mario Lars aus Gneven bei Schwerin mit „Casper David und Friedrich“, einer Hommage an romantische Maler, die in Zeiten der Digitalisierung verspottet werden. Die Auswahl ist ein Spiegel der Jury-Vorlieben: Wer Narrativen folgt, findet leichter Applaus als derjenige, der Machthaber in ihren eigenen Reihen karikiert.

Applaus für die Haltung

Der Preis endet nicht mit der Verleihung, er lebt weiter in der Öffentlichkeit. Eine umfangreiche Auswahl der eingereichten Karikaturen »soll in mehreren Städten präsentiert werden«, um das Publikum direkt zu konfrontieren.

Das Problem an Masztalerz’ „Abwarten“ liegt nicht nur in seiner Botschaft. Es liegt vor allem in der Selbstgewissheit, mit der er sie verkündet. Die Zeichnung ist ein Glaubensbekenntnis einer Gegenwart, die sich moralisch unangreifbar fühlt, und entspricht keineswegs einer Warnung vor einer möglichen Zukunft. Sie zeigt nicht, was geschehen könnte, sondern was nach Meinung des Künstlers längst geschieht, und erhebt diesen Blick zum allein gültigen Maßstab. Damit entzieht sich das Werk der Ambivalenz, die gute Satire braucht. Es ersetzt Zweifel durch Dogma, Mehrdeutigkeit durch Anklage. Anhand von Empörung wird das Bild zu einem Ritual politischer Reinwaschung. Wer es gutheißt, signalisiert Haltung, nicht Einsicht. Genau darin liegt die eigentliche Tragik dieses Preises: Er krönt ein Werk, das zwar laut ist, aber nichts riskiert, weil es nur ausspricht, was ohnehin beifallssicher ist. Dies ist kein Wagnis, sondern eine Pose des Mutes, die längst zur Routine verkommen ist.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

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