90 Tagessätze für eine Beleidigung von Strack-Zimmermann?

In einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Pforzheim forderte die Staatsanwaltschaft eine bemerkenswert hohe Geldstrafe. Im Zentrum stand eine Äußerung, die als Beleidigung nach § 185 StGB gewertet wurde: Der Kommentar auf der Plattform 𝕏, der sich, laut Staatsanwaltschaft, auf Frau Strack-Zimmermann bezog, lautete:

„Ein Mann in einem hässlichen Frauenkörper! Die sollte dringend eine Geschlechtsumwandlung vornehmen!“

Diese Aussage wurde als beleidigend eingestuft, was zur Erstattung einer Strafanzeige durch Rechtsanwalt Alexander Brockmeier, der SO DONE legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, führte.

Der Adhäsionsantrag

Zusätzlich zur strafrechtlichen Verfolgung reichte der Rechtsanwalt der Geschädigten, Herr Brockmeier, einen Adhäsionsantrag ein, wonach er die Unterlassung der Äußerung, eine Geldentschädigung von nicht unter 500 € für Frau Strack-Zimmermann und die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten forderte.

Bei einem Adhäsionsverfahren handelt es sich um ein Verfahren vor einem Strafgericht, im Rahmen dessen das Opfer zivilrechtliche Ansprüche gegen den Mandanten von HAINTZ.legal geltend macht.
Nachdem die Verteidigerin darauf aufmerksam gemacht hatte, dass der Mandant bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, wurde der Antrag auf Unterlassung zurückgenommen. Die übrigen Forderungen, aus diesem Antrag, blieben jedoch weiterhin bestehen.

Die Verhandlung

Am Tag der mündlichen Verhandlung erschien Rechtsanwalt Brockmeier nicht persönlich, offenbar aufgrund einer Panne.

In der Verhandlung selbst entschied das Gericht dann, von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag nach § 406 Abs. 1 S. 3 StPO abzusehen, da dieser als unbegründet erachtet wurde, nachdem die Verteidigung des Mandanten von HAINTZ.legal ausgeführt hatte, dass eine Geldentschädigung nur bei schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen gerechtfertigt sei und diese hier offensichtlich nicht vorliege.

Verhandlungsverlauf und Plädoyers

In ihrem Plädoyer setzte die Staatsanwältin keinen Schwerpunkt auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze zur Meinungsfreiheit. Umso mehr erregte ihr Antrag Aufsehen: Sie beantragte tatsächlich eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen für eine einfache Beleidigung nach § 185 StGB. Das ist ein skandalöses Vorgehen, da diese hohe Geldstrafe vollkommen unverhältnismäßig ist. Auf diese Diskrepanz wies auch die Verteidigung in ihrem Plädoyer hin. Schließlich erhält man nicht einmal für eine Körperverletzung nach § 223 StGB eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen.

Die Verteidigung wies zudem nachdrücklich auf die übliche Bandbreite bei Beleidigungen hin, die üblicherweise zwischen 10 und 20 Tagessätzen liegt. Die Staatsanwaltschaft selbst konnte ihren Antrag auf diese unangemessen hohe Geldstrafe weder nachvollziehbar begründen noch stützen.

Urteilsverkündung

Das Gericht ließ sich zumindest bei der Höhe der Strafe nicht von der Staatsanwaltschaft beeinflussen und verhängte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen. Dennoch wird auch diese Strafe von der Verteidigung als zu hoch kritisiert, da sie die üblichen Maßstäbe für einfache Beleidigungen überschreitet. In der Argumentation jedoch folgte das Gericht weitgehend der Linie der Staatsanwaltschaft und ließ die detaillierten Ausführungen der Verteidigung zur Reichweite der Meinungsfreiheit unbeachtet.

Kostenentscheidung im Adhäsionsverfahren

Bezüglich der Kosten des Adhäsionsverfahrens entschied das Gericht zugunsten des Mandanten: Diese wurden gemäß § 472a Abs. 2 StPO Frau Strack-Zimmermann auferlegt, da der Adhäsionsantrag als unbegründet erschien.