Im Anschluss an den Prozessauftakt im April 2024 vor dem Oberlandesgericht Stuttgart im sogenannten „Reichsbürger-Prozess“ hat der Sender RTL in der Nachrichtensendung „Das Nachtjournal“ unverpixelte Aufnahmen der Angeklagten ausgestrahlt.
In der Folge hat HAINTZ legal im Namen unseres Mandanten Marco v.H. eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Karlsruhe beantragt, welche das Gericht am 05.06.2024 erlassen hat. Mit dieser Entscheidung wurde es untersagt, das Bildnis unseres Mandanten öffentlich zu verbreiten.
HAINTZ media hat über den Vorgang berichtet.
Daraufhin legte RTL Widerspruch gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung ein. Dieser Widerspruch blieb jedoch erfolglos, da das Landgericht Karlsruhe die einstweilige Verfügung nach einer mündlichen Verhandlung am 9.10.2024 bestätigte (LG Karlsruhe, Urteil vom 09.10.2024, Az. 22 O 6/24). Demnach ist es RTL untersagt, das Foto unseres Mandanten, zumindest in unverpixelter Form, zu veröffentlichen.
Das Landgericht Karlsruhe erkannte den Unterlassungsanspruch unseres Mandanten als begründet an. Das Gericht führte aus, dass die Verbreitung des Fotos gegen das berechtigte Interesse unseres Mandanten gemäß § 23 Abs. 2 KUG verstoße, da eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts sowie seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung vorliege.
Unser Mandant wäre durch die Veröffentlichung des Fotos nicht nur im Kollegen-, Freundes- und Bekanntenkreis, sondern auch von beliebigen Dritten identifizierbar, da die RTL-Sendung bundesweit ausgestrahlt wurde.
Obwohl Straftaten zum Zeitgeschehen gehören und es die Aufgabe der Medien ist, darüber zu berichten, muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Das BVerfG hat bereits im Jahre 1973 ausgeführt, dass eine „Namensnennung, Abbildung oder sonstige Identifikationen des Täters nicht immer zulässig“ ist (BVerfG NJW 1973, 1226).
Vor allem ist die Unschuldsvermutung zu beachten, die bis zur rechtskräftigen Verurteilung gilt. Diese würde unterlaufen werden, wenn trotz eines eventuellen Freispruchs an dem Kläger, durch die Veröffentlichung seines unverpixelten Fotos, „etwas hängenbleibt“.
Das BVerfG hat 2009 klargestellt, dass „bis zu einem erstinstanzlichen Schuldspruch […] insoweit oftmals das Gewicht des Persönlichkeitsrechts gegenüber der Freiheit der Berichterstattung überwiegen“ wird (BVerfG NJW 2009, 3357).
Das Landgericht Karlsruhe berücksichtigte bei der Abwägung zwischen der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch die Herkunft des Fotos. Dieses stammte nicht aus der Hauptverhandlung, sondern aus der Ermittlungsakte. Unser Mandant hatte nicht damit zu rechnen, dass das im Ermittlungsverfahren aufgenommene Polizeifoto in die Öffentlichkeit gelangt. Zudem ist zu beachten, dass unser Mandant keine Person des öffentlichen Lebens darstellt.
Das LG Karlsruhe kam bei der Abwägung also zu dem Ergebnis, dass eine Veröffentlichung eines unverpixelten Fotos in diesem Fall nicht erlaubt ist.
Gegen dieses Urteil kann RTL Berufung einlegen.
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