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Olaf Scholz im Sommerinterview
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Screenshot / ARD Sommerinterview / ARD-Mediathek

Scholz im Sommerinterview: Kein Zeichen von Einsicht – Kurs bleibt unverändert

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Morgens um 6:00 Uhr in Deutschland
Michael Wendler
Boris Pistorius
Bundeskanzler Scholz zeigte im ARD-Sommerinterview wenig Selbstkritik angesichts der desaströsen Europawahlergebnisse und der Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Obwohl er leichte Versäumnisse in der sog. Coronapandemie anerkannte, war seine zentrale Botschaft eindeutig: Weiter so.
Zusammengefasst

Im ARD-Sommerinterview blieb Scholz vage und verfehlte die Gelegenheit, die Bürger zu beruhigen und einen klaren Plan für die kommenden Monate zu präsentieren. Die Probleme im Land häufen sich: Die Wirtschaft stagniert, die Migrationskrise bleibt ungelöst und der Streit um den Bundeshaushalt eskaliert. Das Interview thematisierte die miserablen Wahlergebnisse der SPD bei der Europawahl und die daraus resultierenden Rufe nach Neuwahlen. Scholz verteidigte die SPD als essenziell für die Demokratie in Krisenzeiten und betonte die Aufgabe, nun für bessere Wahlergebnisse zu kämpfen.

Corona: Scholz spricht sich für Aufarbeitung aus

Ein weiteres Thema des Interviews war der Umgang mit der Coronakrise. Scholz‘ Einschätzung nach haben die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen bis heute eine polarisierende Wirkung, weshalb es jetzt an der Zeit sei, das Thema nicht einfach abzuhaken, sondern eine umfassende Diskussion darüber zu führen. Er gesteht ein, dass einige der ergriffenen Maßnahmen möglicherweise nicht die richtigen gewesen seien. Scholz lässt durchblicken, dass die Regierung dennoch richtig gehandelt hat, indem er darauf hinweist, dass ihre Maßnahmen dazu beigetragen haben, die Zahl der Todesfälle und schweren Krankheitsverläufe zu begrenzen.

„Es hat ein paar Entscheidungen gegeben, die drüber waren, also warum man zu bestimmten Zeiten nicht draußen spazieren gehen konnte, wenn man eine Maske trug und niemandem begegnet im Wald, das hab ich nicht verstanden.“

Olaf Scholz / ARD Somerinterview (Minute 10:25)

Scholz beschreibt die Pandemie als einen „großen Einbruch“ für das Land und verweist darauf, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Einschränkungen beträchtlich waren, jedoch durch massive finanzielle Unterstützung abgefedert wurden. Er betont die Wichtigkeit, aus der Situation zu lernen und gemeinsam Wege zu finden. Zusätzlich spricht er sich für Bürgerräte zur Aufarbeitung aus, in denen nicht nur Experten und Abgeordnete, sondern auch Bürger mitwirken können, weil er diese Form für besonders „sympathisch“ hält.

Verpasste Chancen

Neben der Wohnungspolitik wurde im Interview auch das Thema Bürgergeld diskutiert. Scholz gab zu, dass die Ampelkoalition ihre Ziele beim Neubau von Wohnraum verfehlt hat. Er äußerte, dass es inakzeptabel ist, dass nicht jeder aufgrund hoher Mieten überall wohnen kann. Der Kanzler kündigte eine Reihe von Maßnahmen an, darunter den Verzicht auf mehrere Bauvorschriften. Auf die Frage nach einer möglichen Reform des Bürgergeldes geriet Scholz ins Stocken. Er begrüßte es zwar, dass dieses Thema nun diskutiert wird, blieb aber vage: „Wir werden die Treffsicherheit des Bürgergeldes erhöhen.“ Über konkrete Anpassungen wollte er jedoch nicht sprechen. 

Auch die Haushaltsplanung für das nächste Jahr ist ein Streitpunkt innerhalb der Koalition. Besonders SPD, Linke und Grüne drängen auf höhere Investitionen und lehnen Einsparungen im Sozialbereich ab. Scholz drückte seine Zuversicht aus, dass er diesen finanzpolitischen Balanceakt bewältigen kann, und sagte: „Wir werden den Sozialstaat verteidigen.“

Eines der drängendsten Themen, das viele Menschen im Land umtreibt, wurde im ARD-Sommerinterview jedoch nicht angesprochen: die Migrationskrise. Die Migration von Hunderttausenden jedes Jahr nach Deutschland beeinflusst viele Lebensbereiche, darunter die Kriminalitätsrate, das Gerechtigkeitsempfinden und nicht zuletzt den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Besorgt zeigte sich der Kanzler vielmehr über die Wahlerfolge rechtsextremer Parteien in Europa, die nach der Parlamentswahl in Frankreich und den bevorstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen möglicherweise schwerwiegende Konsequenzen haben könnten.
Ein Ministerpräsident von der AfD „wäre erst mal sehr bedrückend“, sagte Scholz, zeigte sich aber zuversichtlich, dass die anderen Parteien sich zusammenfinden würden. Die Landesverbände der SPD haben die Aufgabe, selbst über ihre Verhältnisse zu möglichen Bündnissen wie etwa mit Sahra Wagenknecht zu entscheiden. Eine Kooperation mit der AfD sei definitiv ausgeschlossen.

Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht kritisierte nach dem Sommerinterview den Bundeskanzler jedoch deutlich. Sie bemängelte, dass er das „katastrophale Europawahlergebnis der Ampel“ und die hohe Unzufriedenheit im Land nicht berücksichtigte.

„Scholz hat die Botschaft der Wähler nicht verstanden“

Sarah Wagenknecht / WELT

Die Tatsache, dass der deutsche Kanzler zögert, klare Prioritäten zu setzen und diese öffentlich zu verteidigen, ist einer der Gründe dafür, dass sich in den letzten Monaten viele Wähler von seiner Partei abgewandt haben. Dennoch hegt der Kanzler keinerlei Zweifel daran, dass er selbst der nächste Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten sein soll. Obwohl Scholz in aktuellen Beliebtheitsumfragen deutlich hinter seinem Verteidigungsminister und Parteifreund Boris Pistorius liegt, ist er überzeugt, die Unterstützung seiner Parteigenossen zu haben. „Wir gehen gemeinsam nach vorn“, sagte Scholz im Interview mit Blick auf seine Partei, „übrigens auch in die nächste Bundestagswahl, um sie zu gewinnen.“

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

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