Diese Maßnahme, die als Vorbereitung auf mögliche Konflikte interpretiert werden könnte, wirft Fragen über das Gleichgewicht zwischen nationaler Sicherheit und dem Risiko einer Eskalation auf.
Ein außergewöhnlicher Schritt in Krisenzeiten
Inmitten der anhaltenden Konflikte in der Ukraine und der von russischer Seite gemeldeten Pläne Frankreichs, möglicherweise bis zu 2.000 Truppen in die Ukraine zu entsenden, hat die US-Armee einen bemerkenswerten Schritt unternommen. Am 20. März veröffentlichte die US Army Publishing Directorate die ALACRAT 017/2024, eine Verfügung, die die Reaktivierung von im Ruhestand befindlichen Soldaten unter dem „Army Retiree Recall Program“ betrifft. Dieses Programm erlaubt es, pensionierte Soldaten in Zeiten nationaler Not wieder in den aktiven Dienst zu rufen.
Die Veröffentlichung zitiert den Executive Order 13223 unter den Referenzen, einen Erlass von Präsident George W. Bush vom 14. September 2001, der die Bereitstellungsreserve der Streitkräfte aktivieren und bestimmte Befugnisse an den Verteidigungsminister sowie den Minister für Verkehr delegieren kann.
Was bedeutet die Reaktivierung für Ruheständler?
Das 18-seitige PDF-Dokument der ALARACT (All Army Activities) enthält eine Folie mit dem Titel „Directorate of Military Personnel Management“, die erläutert, was unter einer Reaktivierung zu verstehen ist. Ein zurückgerufener Ruheständler ist demnach ein pensionierter Soldat, der aus der Ruhestandsreserve oder der Ruhestandsliste gemäß den Gesetzesparagraphen 10 USC 688/688a, 12301(a) oder 12301(d) in den aktiven Dienst berufen wird und in seinem oder ihrem Ruhestandstatus dient. Die Genehmigung für eine solche Reaktivierung liegt beim Assistant Secretary of the Army für Manpower und Reserve Affairs.
Die Verordnung bezieht sich auch auf „Friedenszeitenoperationen“ und erwähnt, dass das letzte Mal im Mai 2020 im Zuge der COVID-Pandemie Ruheständler reaktiviert wurden, als Freiwillige aus den Reihen von 800.000 Reservisten und pensionierten Soldaten gesucht wurden. Auch während des Desert Storm, am 9/11 und während der Operation Iraqi Freedom wurden bereits Ruheständler reaktiviert.
Zwischen internationaler Spannung und nationaler Vorsorge
Die Entscheidung, das „Army Retiree Recall Program“ zu aktivieren, spiegelt die angespannte globale Sicherheitslage wider. Während die USA und ihre Verbündeten sich auf mögliche Eskalationen vorbereiten, stellt die Reaktivierung von Ruheständlern einen wichtigen Schritt dar, um die Bereitschaft und Resilienz der Streitkräfte zu stärken. Es unterstreicht auch die Bedeutung, die pensionierten Soldaten in der Struktur und Strategie der US-Armee zukommt.
Im Juli 2023 verabschiedete President Joe Biden, die Aktivierung von 3.000 Reservisten und 450 aus den Individual Ready Reserves für die Operation Atlantic Resolve, falls ein schnelles Eingreifen nötig werde. Dies zeigt, dass die USA weiterhin alle verfügbaren Ressourcen mobilisieren, um auf die dynamischen Herausforderungen der internationalen Sicherheitslage zu reagieren.
Ein Balanceakt zwischen Abschreckung und Eskalation
Die Reaktivierung von im Ruhestand befindlichen Soldaten durch das US-Militär könnte unbeabsichtigt oder beabsichtigt die internationalen Spannungen verschärfen und als Signal einer Kriegsvorbereitung, insbesondere aus russischer Perspektive, interpretiert werden. Solch ein Schritt birgt das Risiko, als Eskalation wahrgenommen zu werden, was die Befürchtungen vor einem möglichen dritten Weltkrieg verstärken könnte. In einer Zeit, in der diplomatische Bemühungen und Verhandlungen von größter Bedeutung sind, könnten solche militärischen Maßnahmen als kontraproduktiv angesehen werden und das bereits fragile Gleichgewicht der internationalen Beziehungen weiter destabilisieren.