Aufgrund des nachfolgenden X-Posts wurde ich von einem anonymen Troll über eine staatliche Meldestelle wegen vermeintlicher „Majestätsbeleidigung“ zu Lasten von Robert Habeck angezeigt.
In wirtschaftlicher Hinsicht ist Habeck, nach allem, was er die letzten Jahre nicht geleistet und verbrochen hat, ein wirtschaftspolitischer Schwachkopf und eine intellektuelle Zumutung für jeden denkenden Menschen.
— Markus Haintz (@Haintz_MediaLaw) January 2, 2025
Habeck stellte keinen Strafantrag
Natürlich war ich interessiert, ob Robert Habeck selbst Strafantrag gestellt hat oder sein SO-DONE-Abmahnanwalt Brockmeier. Ich bin aber nicht davon ausgegangen.
In einem amüsanten Telefongespräch mit dem polizeilichen Sachbearbeiter wurde mir dann mitgeteilt, dass solche Verfahren eigentlich nur dann an die Betroffenen zur Stellungnahme weitergeleitet werden, wenn ein Strafantrag vorliegt (was nicht stimmt, da die Staatsanwaltschaft selbst ermitteln kann). Diesen Strafantrag finde er aber momentan nicht. Dies lag daran, dass es keinen gab. Der Polizist ging offenkundig davon aus, was sich auch aus der Akte ergibt, dass der Post strafbar ist. Das ist bemerkenswert, da diese Bewertung immerhin von einem Kriminaloberkommissar im gehobenen Dienst vorgenommen wurde.
„Die Bezeichnung ´Schwachkopf´ stellt dabei eine Beleidigung dar. Es wurde in NRW unter dem Aktenzeichen […] eine Strafanzeige gefertigt.“
Dennoch war es ein angenehmes Telefonat.
Ein Mitarbeiter von Herrn Habeck teilte Mitte März 2025 mit, dass Herr Habeck in dieser Angelegenheit keinen Strafantrag stellen möchte.

E-Mail-Verkehr zwischen Kriminaloberkommissar und Mitarbeiter von Robert Habeck (Hervorhebung durch den Verfasser)
Da das Verfahren als „Majestätsbeleidigung“ (§§ 185, 188 StGB) geführt wurde, war ein Strafantrag auch nicht nötig. Herr Habeck hat der Strafverfolgung aber auch nicht widersprochen, was er hätte tun können, § 194 Abs. 1 Satz 4 StGB. Dann hätte das Ermittlungsverfahren allein deshalb eingestellt werden müssen. Taktisch wäre das im Übrigen auch schlauer gewesen, Herr Habeck, dann hätte die Staatsanwaltschaft keine Begründung für die Einstellung schreiben müssen und die Zulässigkeit der Äußerung wäre jedenfalls formal noch nicht „geklärt“ gewesen.
Staatsanwaltschaft: „Hervorgehobenes Verfahren politisch motivierter Hasskriminalität im Internet“
Ein Oberstaatsanwalt/eine Oberstaatsanwältin gab den Fall dann intern zur rechtlichen Prüfung weiter, wenngleich er/sie auch selbst hätte erkennen können, dass meine Äußerung zulässig ist.
Um folgende Aussage ging es:
„In wirtschaftlicher Hinsicht ist Habeck, nach allem, was er die letzten Jahre nicht geleistet
und verbrochen hat, ein wirtschaftspolitischer Schwachkopf und eine intellektuelle
Zumutung für jeden denkenden Menschen.“
Eine Staatsanwaltschaft sollte sofort erkennen, dass eine solche Aussage unabhängig vom weiteren Kontext zulässig ist, weil sich dieser bereits aus der Aussage ergibt. Sei es drum, der Fall wurde weitergegeben und eine Staatsanwältin hat sich die Mühe gemacht, ihn zu prüfen.

Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Köln, Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime, Seite 19 (Hervorhebung durch den Verfasser)
Ich wurde zur Stellungnahme aufgefordert. Folgende Stellungnahme habe ich abgegeben:
„Schon jetzt wird darauf hingewiesen, dass eine erkennbar evident zulässige Meinungsäußerung vorliegt, weshalb angeregt wird, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren schleunigst und halbwegs gesichtswahrend einstellt.“
Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft



Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Köln, Hervorhebungen durch den Verfasser.
Fazit
Wenngleich übermotivierte Internet-Trolle schnell mal zu Meldeportalen greifen und Polizisten Aussagen als strafbar werten, die es ersichtlich nicht sind, prüft die Staatsanwaltschaft dann doch noch etwas genauer, wenn auf der Gegenseite jemand ist, der sich gegen schwachsinnige Strafanzeigen zur Wehr setzt.
Diese Einstellungsverfügung bedeutet im Übrigen nicht, dass damit geklärt ist, dass man Robert Habeck in jedem Kontext als „Schwachkopf“ bezeichnen darf. Angesichts seines politischen Wirkens in den letzten Jahren wird das zwar wahrscheinlich als Machtkritik zulässig sein, 100 % verlassen würde ich mich darauf aber nicht.

Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Köln, Hervorhebungen durch den Verfasser.
Die Bezeichnung als „Schwachkopf“ ohne jeden Kontext könnte durchaus von einigen Staatsanwaltschaften als potenziell strafbare Schmähkritik bewertet werden, bei der nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern nur die Herabwürdigung des Gegenübers im Vordergrund steht. Auch außerhalb einer Schmähkritik könnten übermotivierte Staatsanwaltschaften zu dem Schluss kommen, dass die pauschale Bezeichnung als „Schwachkopf“ ohne jeden Kontext zu einem Überwiegen des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen und damit zu einer Strafbarkeit der Äußerung führen könnte.