Haintz.Media

Bild:
Merz und "So Done"
Quelle:
KI-generiert (Merz) sowie Screenshot von www.sodone.de

Nein, Merz hat nicht „fast 5000 Strafanträge“ wegen Beleidigung über „So Done“ gestellt

Bild:
Quelle:

Beitrag teilen:

Mehr aus der Kategorie:

Uni cancelt Dozenten
Habeck Geldsegen Gericht
Strack-Zimmermann am Landgericht
Nach WamS-Bericht: Nicht nur die "alternativen" Medien tun sich keinen Gefallen, wenn sie ohne jede Faktengrundlage behaupten, Merz habe „fast 5000 Strafanträge“ bzw. „tausende Strafanträge“ wegen Beleidigung gestellt. Das sind Fake News, die sogar strafbar sein könnten. Auch „hunderte Strafanträge“ (Mainstream-Berichte) halte ich für höchst unwahrscheinlich.
Zusammengefasst

In der Welt am Sonntag (WamS) vom 7. Dezember 2025 wird berichtet, dass Bundeskanzler Friedrich Merz Strafanträge wegen Beleidigung über das – uns bestens bekannte – privatwirtschaftliche Meldeportal „So Done“ gestellt haben soll. So weit, so nachvollziehbar.

Die WamS beginnt dann damit, zu spekulieren, dass Merz hunderte Strafanträge gestellt haben „muss“.

Welt am Sonntag, 7. Dezember 2025, Seite 2

Schon das halte ich für äußerst unwahrscheinlich. Hätte die WamS hierzu verlässliche Informationen, dann stünde im Artikel nicht „muss“, sondern „hat“. Über die strafrechtlichen Akten lassen sich sehr wohl jedenfalls Mindestzahlen belegen, da die Strafanträge häufig über Sammelstrafanzeigen gestellt wurden.

Laut der WamS habe das Abgeordnetenbüro von Merz die Vorgänge weitgehend bestätigt, was letztlich nur eine geschickte Formulierung der „Welt am Sonntag“ ist, jedenfalls betreffend der Anzahl der Strafanträge. Das Abgeordnetenbüro von Merz sprach davon, dass dieser „einige Beleidigungen“ gegen seine Person verfolgen ließ.

Ich gehe von einer zweistelligen Anzahl aus. Das Büro von Merz dürfte schlau genug sein, die Zahlen grob zu kennen und nicht von „einigen Beleidigungen“ zu sprechen, wenn es tatsächlich hunderte Strafanträge gewesen sein sollten.

Welt am Sonntag, 7. Dezember 2025, Seite 2

Zwar wird später im Text Rechtsanwalt Jannik Rienhoff zitiert, der nach eigenen Angaben 10 Personen mit ca. 30 Ermittlungsverfahren vertritt bzw. vertreten hat. Allerdings bezieht sich dies nach dem Wortlaut des WamS-Artikels nicht auf 30 Verfahren mit 10 Beschuldigten in Bezug auf den heutigen Bundeskanzler Friedrich Merz.

Bei dieser Formulierung ist zunächst aufgrund des Wortlauts von Folgendem auszugehen: Mein Anwaltskollege vertritt (wohl) insgesamt etwa 10 Personen mit 30 Ermittlungsverfahren im Bereich „Majestätsbeleidigung“ (§ 188 StGB).

Hierbei ist eben (zumindest) auch ein Mandant dabei, dessen Ermittlungsverfahren auf einen Strafantrag von Friedrich Merz zurückgeht. Wie ich gestern bereits mitgeteilt habe, halte ich es statistisch gesehen für ausgeschlossen, dass sich bei einem Anwalt 30 Merz-Fälle anhäufen, während wir in unserer Kanzlei keinen einzigen haben, obwohl wir hunderte „So Done“-Fälle rechtlich betreuen.

Welt am Sonntag, 7. Dezember 2025, Seite 3

Den nachfolgenden Satz aus der Berichterstattung der „Welt am Sonntag“ interpretierten eine Vielzahl von alternativen Medien, Politikern und Social-Media-Nutzern dahingehend, dass Merz (bis zu) 4999/5000 Strafanträge gestellt hat. Diese Interpretation ist nachweislich falsch.

„Die einzelnen Fälle sind in einem Dokument der von Merz beauftragten Anwaltskanzlei sauber durchnummeriert – bis hoch zu Strafantrag 4999.“

Welt am Sonntag, 7. Dezember 2025, Seite 3

Auch hierbei handelt es sich um eine geschickte und suggestive Formulierung der „Welt am Sonntag“.

Interessant wäre hier zu wissen, mit welcher Nummerierung die Merz-Strafanträge angefangen haben. Diese Unterlagen müssen der WamS vorliegen. Entfallen auf Merz die Strafanträge mit etwa den Nummern 4987 bis 4999 oder vielleicht die mit 4735 bis 4999? Ich halte eine dreistellige Anzahl über einen Sammelstrafantrag durch Merz für ausgeschlossen.

Es wäre journalistisch sauber und auch gegenüber Bundeskanzler Merz fair, hier die Karten auf den Tisch zu legen. Wie das geht, siehe weiter unten in diesem Beitrag.

Wenn Friedrich Merz, wie von der WamS berichtet, den Strafantrag mit der Nummer 4999 (im Jahr 2023) unterzeichnet hat, dann bedeutet das zunächst mal nur, dass das Meldeportal zuvor 4998 andere Strafanträge wegen vermeintlicher und tatsächlicher Beleidigungen per KI (soweit ersichtlich jedenfalls zumeist) von der Social-Media-Plattform 𝕏 gefiltert hat.

Es steht zu vermuten, dass auch im Fall Merz eine Liste mit mutmaßlichen Beleidigungen vorgelegt wurde. Ich gehe aber davon aus, dass diese Liste ziemlich kurz war und sich die Zahl der Strafanträge im unteren 2-stelligen Bereich bewegen dürfte. Für eine vermeintlich dreistellige Anzahl von Merz-Anzeigen fehlen schlicht Belege und auch der Artikel der WamS liefert diese nicht.

Tatsächlich handelt es sich bei der Nummerierung um diejenige, die sowohl von „So Done“ als auch von „So Done legal“, der Anwaltskanzlei des „So Done“-Gesellschafters Rechtsanwalt Alexander Brockmeier, genutzt wird, um die Strafanzeigen/Strafanträge in einem Aktenablagesystem fortlaufend zu sortieren.

Die Nummern auf der Liste der Strafanträge von „So Done“ entsprechen dabei den Aktenzeichen der Anwaltskanzlei „So Done legal“, was mir aus unzähligen Akten bekannt ist. Anbei nur ein bekanntes Beispiel.

Unserer Mandantin wurde sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich vorgeworfen, Strack-Zimmermann als „Alte weisse Bestie“ betitelt zu haben. Der Fall hat in der Strafantragsliste von Brockmeier die Nummer 1847/23.

Dieselbe laufende Nummer findet sich auch in der zivilrechtlichen Abmahnung an unsere Mandantin durch Rechtsanwalt Brockmeier. „AB“ steht dabei offenkundig für den Sachbearbeiter Alexandr Brockmeier.

P.S.: Zivilrechtlich haben wir hier gegenüber Strack-Zimmermann eine negative Feststellungsklage eingereicht, worauf sie gerichtlich anerkannt hat, dass unsere Mandantin sie als „Alte weiße Bestie“ bezeichnen darf.



Nachfolgend zeige ich am Fall von Mareile Ihde auf, wie das Nummerierungssystem bezüglich der Strafanträge von „So Done“ in der Praxis funktioniert. Tausende Merz-Strafanträge lassen sich hiermit nicht in Einklang bringen, Hunderte sind ziemlich unwahrscheinlich.

Praxisbeispiel „Höllenaufsicht“: Sammelstrafanträge von So Done

Wir vertreten 4 Mandanten in 5 Ermittlungsverfahren aufgrund von Strafanträgen der Referentin der Grünen in Nordrhein-Westfalen für Kommunikationsstrategie, Mareile Ihde.

Auf 𝕏 ist Ihde bekannt unter dem 𝕏-Profil „Höllenaufsicht“. Am 25. Dezember 2023 veröffentlichte sie dort eine Liste mit Strafanträgen, die sie vermeintlich erst am 30. Juni 2024 zur Kenntnis genommen hat.

https://x.com/Hoellenaufsicht/status/1739376600334913815

Ich habe sie und ihren Anwalt Brockmeier daraufhin wegen falscher Verdächtigung angezeigt. Aktuell läuft hier ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Köln gegen Ihde, welches ausgesetzt ist, bis die Ermittlungsverfahren gegen unsere Mandanten aufgrund dieser Anzeigen abgeschlossen sind.

Weitere Details hierzu in meinem YouTube-Video vom 24. November 2025. Das Ermittlungsverfahren gegen Rechtsanwalt Brockmeier wurde eingestellt. Bezüglich dieser Einstellung werden wir gegenüber der Staatsanwaltschaft Münster aber noch Stellung nehmen.

Ihde hat auch in der Vergangenheit schon Strafanträge gestellt. Auf sie entfallen etwa die fortlaufenden Aktenzeichen 2103–2141 (aus 2023) von „So Done“. Das Aktenzeichen 2110/23 bezieht sich auf einen Mandanten von Haintz legal.

„So Done“ hat die KI zumindest noch ein weiteres Mal für Ihde angeworfen und dabei die Strafanträge mit den Aktenzeichen 5872–5924 (aus 2023) aufgelistet, die sie vermeintlich erst am 30.06.2024 zur Kenntnis genommen haben will, aber bereits am 25.12.2023 auf 𝕏 gepostet hat.

Von den vermeintlich fast 5000 Strafanträgen von Friedrich Merz kann man daher schon mal die fortlaufenden Nummern 2103–2141 (aus 2023) abziehen.

Natürlich werde ich mir jetzt nicht die Mühe machen, Hunderte von So-Done-Strafanzeigen mit laufender Nummer unter 4999 (für das Jahr 2023) aufzulisten, die uns vorliegen. Es sollte genügen, einige der fortlaufenden Nummern der deutschen Anzeigenmeisterin Strack-Zimmermann als Beleg anzuführen, die nach eigenen Angaben etwa 2000 Strafanträge gestellt hat, soweit bekannt alle über So Done.

2024 gingen die Strafanträge über „So Done“ schon deutlich zurück. „So Done“ hat nach unserer Kenntnis 2024 kein Aktenzeichen, das bis 4999 geht. Für 2025 ist uns kein einziger „So-Done“-Fall bekannt.

Es gab tausende Strafanträge, aber nicht von Merz, sondern von Strack-Zimmermann

Es ist offenkundig, wer bei den „So-Done“-Strafanzeigen Platz 1 belegt.

Hier nur 3 Beispiele von Massenstrafanträgen der FDP-Politikerin. Alle diese Strafanträge fallen unter die Nummern 1–4999 (2023), die von vielen Medien viel zu leichtfertig Friedrich Merz zugeordnet wurden. Ich könnte noch weitere Beispiele bringen, aber diese 3 sollen genügen.

Strack-Zimmermann-Anzeigen mit den Nummern 96 bis 199 (aus 2023)

Strack-Zimmermann-Anzeigen mit den Nummern 1792 bis 2039 (aus 2023)

Strack-Zimmermann-Anzeigen mit den Nummern 2818 bis 3070 (aus 2023)

Ab 2024 beginnt die Zählung der Aktenzeichen dann erneut bei 0, soweit ersichtlich.

Strack-Zimmermann-Anzeigen mit den Nummern 2342 bis 2360 (aus 2024)

Es sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass die Strafanzeigen ursprünglich über die Kanzlei Brockmeier, Faulhaber, Rudolph gestellt wurden, bei der Alexander Brockmeier ebenfalls Gesellschafter ist. Seit der Gründung von „So Done legal“ wurden die Strafanzeigen über diese neue Kanzlei erstellt, deren alleiniger Gesellschafter Brockmeier ist.

Üble Nachrede gegen Merz? Unterlassungsansprüche?

Die leichtfertige und falsche Berichterstattung vieler Medien über die vermeintlich 5000 Strafanzeigen von Friedrich Merz könnte zum Bumerang werden. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass Merz hier Abmahnungen ausspricht. Täte er dies, hätte er mit Sicherheit eine Menge Unterlassungsansprüche, die er gerichtlich – völlig zu Recht – durchsetzen könnte.

Übermotivierte Staatsanwaltschaften könnten durchaus auch auf die Idee kommen, Ermittlungsverfahren wegen übler Nachrede (§ 186, 188 StGB) zulasten des Bundeskanzlers einzuleiten. Merz müsste diesbezüglich keine Anzeige erstatten, er dürfte solchen Ermittlungen lediglich nicht aktiv widersprechen (vgl. § 194 (1) S. 4 StGB).

Ich stehe nun wirklich nicht im Verdacht, ein Fan von Merz oder „So Done“ zu sein. Aber gerade deshalb war dieser Artikel dringend nötig, um darauf aufmerksam zu machen, dass Wunschdenken und politische Motivation weder saubere Recherche ersetzen noch dazu führen dürfen, dass derartige Fake News, die noch dazu strafbar sein könnten, millionenfach verbreitet werden.

Medienkritik

Angesichts dessen, dass wir Hunderte Veröffentlichungen zum Thema „So Done“ hatten, ist es verwunderlich, dass diese Recherchen gerade von den freien Medien komplett ignoriert wurden. Stattdessen wurde ein suggestiver Artikel der „Welt am Sonntag“ auf eine Weise „interpretiert“, die weder faktisch noch rechtlich korrekt ist.

Die alternativen Medien tun sich durch eine solche Berichterstattung keinen Gefallen. Ich habe darüber nachgedacht, ob ich konkret auf die jeweilige Berichterstattung eingehe. Ich habe mich dafür entschieden. Wenngleich ich in vielen der nachfolgenden Medien schon Interviews gegeben habe und durchaus auch häufig deren Beiträge teile.

Es sollte der Anspruch der Medien außerhalb des Mainstreams sein, solche falschen Beiträge zu vermeiden und auch zu korrigieren. Apollo News hat seinen Beitrag zum Thema inzwischen »angepasst«.

Die Artikel von »Nius«

der »Jungen Freiheit«

und dem »Deutschland-Kurier«

sind nach wie vor online.

Mainstream-Medien sprechen von „Hunderten Anzeigen“

Die Mainstreammedien berichten zurückhaltender in dieser Angelegenheit und sprechen weitestgehend übereinstimmend von „Hunderten Anzeigen“ durch Merz, was ich ebenfalls für eine gewagte These halte, die sich nach meinen obigen Recherchen nicht belegen lässt.

Ich werde diesbezüglich auch noch eine Presseanfrage an das Bundeskanzleramt stellen. „Hunderte“ würde zumindest 200 (eher 300) Strafanträge durch Merz bedeuten. Ich habe erhebliche Zweifel daran, dass dies der Fall war. Die „Welt“ bzw. „Welt am Sonntag“ sollten hierzu Belege liefern. Der bisherige Artikel zum Thema lässt diesen Schluss schlicht nicht zu.

https://www.bild.de/politik/inland/medienbericht-merz-hat-hunderte-anzeigen-wegen-beleidigung-gestellt-6935a42d11f914c89b855d3b

https://www.tagesspiegel.de/politik/als-kleiner-nazi-und-drecks-suffkopf-beschimpft-merz-stellte-als-fraktionschef-hunderte-strafanzeigen-wegen-beleidigung-15028333.html

https://www.focus.de/politik/deutschland/merz-stellte-hunderte-strafantraege-hausdurchsuchung-bei-behinderter-rentnerin_741479ff-959e-4983-9745-787b8c58ffdd.html

https://www.n-tv.de/politik/Merz-erstattete-als-Fraktionschef-Hunderte-Anzeigen-wegen-Beleidigung-id30115051.html

https://www.stern.de/news/bericht–merz-stellte-als-fraktionschef-hunderte-strafanzeigen-wegen-beleidigung-36937038.html

https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_101034306/merz-stellte-hunderte-strafantraege-auch-hausdurchsuchungen-folgten.html

https://www.fr.de/politik/bericht-zeigt-auf-merz-stellte-hunderte-strafanzeigen-zwei-fuehrten-zu-hausdurchsuchungen-94073121.html

https://www.welt.de/politik/deutschland/plus6931d59611f914c89b853254/vorwurf-politiker-beleidigung-hunderte-strafantraege-merz-ausuferndes-agieren-in-eigener-sache.html

Beitrag teilen:

Unterstützen Sie uns!

Helfen Sie mit, freien Journalismus zu erhalten

5

10

25

50

No posts found
Picture of Markus Haintz

Markus Haintz

Markus Haintz ist Journalist und Rechtsanwalt mit dem juristischen Schwerpunkt in den Bereichen Medien- und Äußerungsrecht. Journalistisch befasst er sich vor allem mit den Themen Meinungsfreiheit, Recht sowie Innen- und Außenpolitik.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

No posts found

Buch-Empfehlung

DasGeheimnisDerWeltstars