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Strack-Zimmermann "Beleidigung" vor Gericht
Ein Beitrag von Markus Haintz
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Das Landgericht Stuttgart verurteilte ihn am 29. September wegen Volksverhetzung zu 35 Tagessätzen. Polat reicht es, er wandert aus und teilt in einem Video seine Beweggründe hierfür mit.
Zusammengefasst

Das Landgericht Stuttgart hat unseren Mandanten in der Berufungsinstanz zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen wegen Volksverhetzung verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen in einem Interview, welches auf YouTube veröffentlicht wurde, durch die Äußerung „Die einen haben Gleise gebaut, die anderen die Zäune, die Baracken, die Duschen, ja, in Dachau, Auschwitz usw.“, den Holocaust verharmlost zu haben (§ 130 Abs. 3 StGB).

Unser Mandant soll durch den Vergleich der Corona-Maßnahmen mit der Ermordung und Verschleppung von Juden durch die Nationalsozialisten beides als vergleichbares Unrecht dargestellt haben und dies soll auch geeignet gewesen sein, den öffentlichen Frieden zu stören.

Der Anregung der Verteidigung in der Hauptverhandlung das Verfahren nach § 153 a StPO einzustellen, stimmte die Staatsanwaltschaft nicht zu, da „der Fall dafür nicht geeignet sei“.

Der Staatsanwalt beantragte in seinem Plädoyer eine Geldstrafe von 55 Tagessätzen. Wobei er, der auch den Erlass des Strafbefehls beantragt hatte, die 90 Tagessätze aus dem Strafbefehl für angemessener hielt. 

Die Verteidigung wies in ihrem Plädoyer darauf hin, dass durch einen Vergleich nicht gleichzeitig ein Verharmlosen im Sinne des § 130 Abs. 3 StGB vorliegt. Dies wird aber immer wieder von Staatsanwälten und Richtern behauptet. 

Dabei wurde auf die Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 14.04.2025 (1 ORs 1 SRs 34/24) hingewiesen. Das OLG hat klargestellt, dass „nicht jeder sprachliche Vergleich mit dem Holocaust schematisch zu dem Ergebnis führe, dass dies ein Verharmlosen der NS-Verbrechen darstellt“. 

Unter anderem verwies die Verteidigung auch auf das Urteil des OLG Braunschweig vom 07.09.2023 (1 ORs 10/23), der vergleichbar mit dem hiesigen Fall ist. Dort ging es um das Tragen des Judensterns, welches das Gericht als Vorstufe für die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung einordnete und dies nach dem Wortlaut des § 130 Abs. 3 StGB für eine Strafbarkeit nicht genüge. Sowohl im dortigen als auch in unserem Fall fehlte der Bezug auf eine Völkermordhandlung, „der in § 6 VStGB bezeichneten Art“, welcher aber Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 130 Abs. 3 StGB ist.

Außerdem führte die Verteidigung aus, dass in der Hauptverhandlung keinerlei Feststellungen dazu getroffen wurden, dass die Äußerung tatsächlich geeignet war, den öffentlichen Frieden im Sinne des § 130 Abs. 3 StGB zu stören. Unser Mandant hatte in diesem Interview weder ausdrücklich noch konkludent zur Verherrlichung von Gewalt aufgerufen. Es gab auch keinerlei kritische Kommentare bzw. Reaktionen darauf. 

Selbstverständlich beantragte die Verteidigung Freispruch.

Dies alles schien das Gericht jedoch nicht zu interessieren. Es verurteilte unseren Mandanten zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen. Die Richterin führte In der mündlichen Urteilsbegründung aus, dass es sich in diesem Fall um ein Gleichsetzen der Corona-Maßnahmen mit den damaligen NS-Verbrechen, handelte. Die Äußerung sei auch aufgrund der aufgeheizten Situation während der „Corona-Pandemie“ geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören. 

Aufgrund der „geringen“ Geldstrafe von 35 Tagessätzen für eine angebliche Holocaustverharmlosung, die normalerweise mit ca. 70-90 Tagessätzen bestraft wird, erweckt dieses Urteil den Eindruck, dass es nur darum ging, zu verurteilen. Von den 90 Tagessätzen laut Strafbefehl und den 40 Tagessätzen aus der 1. Instanz, verblieben nur noch 35 Tagessätze, die man auch mit einer Einstellung gegen Zahlung einer Geldauflage hätte ausgleichen können. Dann wäre unser Mandant nicht verurteilt worden. Aber möglicherweise hat die Staatsanwaltschaft diese Einstellung auch aufgrund dessen abgelehnt …

Der FitPol-Betreiber Polat hat sich zu dem Fall auf seinem Instagram-Profil zu Wort gemeldet und die Beweggründe für seine geplante Auswanderung mitgeteilt:

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Viktoria Dannenmaier

Viktoria Dannenmaier ist Rechtsanwältin bei Haintz Legal und fungiert ab und an als Gastautorin für HAINTZ.media, wo sie von den Fällen berichtet, die sie für die Kanzlei vor Gericht betreut.

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