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Collage einer fiktiven Szene aus einem Gerichtssaal
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Shutterstock / Strack_Zimmermann / Juergen Nowak

Beleidigung von Strack-Zimmermann? Strafverfahren gegen Rentner aus Kempten eingestellt

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„Ich muss mich ernsthaft fragen: wie psychisch krank ist diese Frau?" Für diese Frage, die, je nach Kontext, durchaus als Meinungsäußerung gewertet werden kann, musste sich ein Rentner vor Gericht verantworten. Ein Gastbeitrag von Haintz legal.
Zusammengefasst

Das Ergebnis vorweg: Das Verfahren gegen unseren Mandanten wurde gegen Zahlung einer Geldauflage von 800 € gemäß § 153a II Strafprozessordnung eingestellt. So weit, so gut.

Es ist inzwischen bekannt, siehe hierzu vor allem diesen HAINTZ.media-Beitrag, dass Marie-Agnes Strack-Zimmermann sowohl echte als auch angebliche Beleidigungen geschickt zu einem Teil ihrer Strategie für ein neues Geschäftsmodell gemacht hat. Hierfür hat sie die SO DONE UG beauftragt, deren Geschäftsführer der Rechtsanwalt Alexander Brockmeier ist, mit der gezielten Suche nach Beleidigungen gegen die Politikerin. Die gesammelten Daten werden an Brockmeier weitergeleitet, der dann Strafanzeigen und Strafanträge in ihrem Namen stellt und massenhaft zivilrechtliche Abmahnungen verschickt.

Aufgrund dieser fragwürdigen Praxis kommt es auch vermehrt zu Strafverfahren wegen Bagatellen, wie kürzlich in Kempten. Strack-Zimmermann, die in der Öffentlichkeit als streitbare Politikerin bekannt ist, erstattete eine Strafanzeige gegen unseren Mandanten, der auf 𝕏 unter einem ihrer Beiträge kommentierte: „Ich muss mich ernsthaft fragen, wie psychisch krank ist diese Frau?“.
Die Frage unseres Mandanten bezog sich auf einen 𝕏-Post von Strack-Zimmermann, in dem diese sich in Bezug auf die Sprengung des Kachowka-Stausees in der Ukraine im Sommer 2023 wie folgt äußerte: „[…] Dieses Regime will niemals verhandeln. Mit Putins Russland wird es keinen Frieden geben.“

Die Staatsanwaltschaft sah die hierauf erfolgte Frage nach dem psychischen Zustand von Strack-Zimmermann durch unseren Mandanten als strafbar an und leitete aufgrund der Strafanzeige inklusive Strafantrag Ermittlungen ein. Die Kriminalpolizei wurde nun aktiv und konnte den Verfasser des umstrittenen Kommentars ermitteln – einen 68-jährigen Rentner. Gegen ihn wurde ein Strafbefehl über 30 Tagessätze wegen Beleidigung erlassen, gegen den er Einspruch einlegte. 

Streit um Meinungsfreiheit: Kemptener Amtsgericht entscheidet über Äußerung

Die Verhandlung fand schließlich am 21. August 2024 am Amtsgericht Kempten statt. Die Verteidigung argumentierte, dass es sich um eine zulässige Meinungsäußerung im Rahmen eines politischen Diskurses handelte, die durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt ist. Sie betonte, dass die Äußerung keine Ehrkränkung darstellt und Politiker mehr Kritik einstecken müssten als durchschnittliche Bürger.

Die Staatsanwaltschaft sah dies anders und stufte die Äußerung als Schmähkritik ein, da die betreffende Politikerin als „psychisch krank“ bezeichnet worden sei. Im Laufe der Verhandlung wurde eine Zeugin vernommen, die sich unter anderem zur Identifizierung des Beschuldigten äußerte. Sie gab an, seine Telefonnummer über Google recherchiert und eine schriftliche Vorladung verschickt zu haben, allerdings ohne Erfolg. Eine Vernehmung habe bis zu diesem Zeitpunkt nicht stattgefunden. In diesem Zusammenhang wurde von der Verteidigung darauf hingewiesen, dass Juristen mittlerweile gezielt nach vermeintlichen „Ehrverletzungen“ im Internet suchen, um diese zivilrechtlich zu verfolgen. In solchen Fällen erhalten die Betroffenen häufig eine finanzielle Entschädigung, während die Kanzlei ein entsprechendes Honorar erhält. Der Staatsanwalt bestätigte diese Praxis aus eigener Erfahrung und erläuterte, dass in Zivilverfahren oft eine Entschädigung von 500 Euro an die angeblich Geschädigte gezahlt wird, während die Anwaltskosten bei etwa 700 Euro liegen.

Am Ende der Verhandlung schlug die Richterin vor, das Verfahren gegen eine Geldauflage von 1.000 Euro einzustellen. Nach einer kurzen Unterbrechung, die zur Rücksprache mit dem Mandanten und dessen Hauptverteidiger, Frau Rechtsanwältin Dannenmaier genutzt wurde, einigte man sich schließlich auf eine verringerte Geldauflage von 800 Euro. Diese soll bis zum 15. September 2024 an den Hospizverein Kempten-Oberallgäu e.V. gezahlt werden. Das Verfahren wird nach § 153a Abs. 2 StPO eingestellt, sobald die Zahlung erfolgt ist. Die Kostenentscheidung wird nach der Verfahrenseinstellung getroffen.

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6 Antworten

  1. Verstehe ich das richtig: Frau Strack-Zimmermann hat im Grunde recht bekommen? Zwar kein Geld, aber der Kommentar des ursprünglich Beschuldigten, ist als rechtswidrig klassifiziert worden.

    1. Ja, so in etwa. Aber es war ein strafrechtlicher Termin, kein zivilrechtlicher. Man kann durchaus argumentieren, und wir tun das auch, dass es durchaus „psychisch krank oder auffällig“ sein kann, wenn jemand ständig eine militärische Eskalation befeuert.

      1. Eine Einstellung gegen eine Geldauflage von 800 € ist nicht nichts. Es erscheint als „verkürztes Urteil“ gegen den Angeklagten, dem der Angeklagte vielleicht auch deshalb zugestimmt hat, weil bei Fortsetzung des Strafverfahrens die Chancen auf einen Freispruch oder eine geringere Strafzahlung als zu gering eingestuft wurden?

        Und da der Sachverhalt (wie auch die Schuld des Angeklagten) somit bestätigt wurde – denn einen Unschuldigen 800 € zahlen zu lassen, geht ja nicht – kann Frau S.-Z. doch nun auch mit guten Erfolgsaussichten zivilrechtlich gegen den Angeklagten vorgehen?

        1. In einem Strafverfahren geht es zunächst mal darum, eine Verurteilung zu verhindern. Für ein (unterstelltes) zivilrechtliches Verfahren hat dieser Beschluss eher Vorteile, da man vom konkreten Fall argumentieren muss. Strack-Zimmermann kann kaum eine Geldentschädigung durchsetzen, wenn ein Strafgericht das ganze noch nicht einmal für so relevant hält, dass hier eine Verurteilung nötig ist.

  2. Sehr geehrter Herr Haintz!

    Kurz und bündig: Der Satz „Ich muss mich ernsthaft fragen, wie psychisch krank ist diese Frau?“ ist denklogisch KEINE Meinungsäußerung. Vielmehr handelt es sich um eine Tatsachenfeststellung über eine psychische Reaktion des Beklagten auf die Äußerung Strack-Zimmermanns, quasi ein Reflex des unbewussten Denkens („ich muss“), der objektiv wahr ist und hingenommen werden muss, weil er nicht widerlegt werden kann (Analogie: „Ich fühle mich schlecht“). Darüber hinaus geht an keiner Stelle des inkriminierten Satzes hervor, dass der Beklagte eine Wertung zum psychischen Gesundheitszustand Strack-Zimmermanns vorgenommen hätte. Denn die als Frage formulierte Wortfolge „wie psychisch krank“ kann schließlich auch zu dem Ergebnis führen, dass keine Beeinträchtigung vorliegt.

    Sie schreiben: „Die Staatsanwaltschaft sah dies anders und stufte die Äußerung als Schmähkritik ein, da die betreffende Politikerin als ‚psychisch krank‘ bezeichnet worden sei.“ Sollte das von der StA so vorgetragen worden sein, verletzt diese selbst die elementaren Denkgesetze der Logik.

    Deshalb wird ein beobachtender Dritter notwendigerweise zu dem folgenden Satz gezwungen: „Ich muss mich ernsthaft fragen, wie psychisch krank ist diese Staatsanwaltschaft?“

    Mir erschließt sich in keiner Weise, warum es zur wie auch immer begründeten Geldauflage von 800 Euro kommen musste. Deshalb wird ein beobachtender Dritter notwendigerweise auch zu dem folgenden Satz gezwungen: „Ich muss mich ernsthaft fragen, wie psychisch krank ist dieses Gericht?“

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