Die USA haben der Ukraine erneut militärische Unterstützung zugesichert: Neben der jüngsten Freigabe von ATACMS-Langstreckenraketen sollen bald auch Anti-Personen-Minen geliefert werden. Laut Berichten der Washington Post und der BBC markiert dies eine Kehrtwende in der Politik des noch amtierenden Präsidenten Joe Biden. Ursprünglich hatte er sich gegen den Einsatz solcher Minen ausgesprochen. Die Entscheidung fällt wenige Monate vor der Amtsübergabe an den Republikaner Donald Trump und wird als Reaktion auf die verschärfte Lage im Donbas gedeutet.
Die Minen sollen laut BBC so konzipiert sein, dass sie sich nach einer festgelegten Zeit selbst zerstören oder durch limitierte Batterieladung entschärft werden. Diese Technologie soll sie von den russischen Minen unterscheiden, die ohne solche Mechanismen auskommen und häufig wahllos Schaden anrichten. Ukrainische Militärs hätten zugesichert, die Waffen nur in dünn besiedelten Gebieten einzusetzen, und die Verwendung auf die Ostfront zu beschränken.
Internationale Ächtung und Kontroverse
Der Einsatz von Anti-Personen-Minen ist international heftig umstritten. Die Ottawa-Konvention von 1999, die von über 160 Staaten unterzeichnet wurde, verbietet deren Einsatz, Herstellung und Weitergabe. Die USA und Russland gehören jedoch nicht zu den Unterzeichnern, so die BBC. Russland hat den Einsatz solcher Minen auf den besetzten Gebieten in der Ukraine intensiviert, was die ukrainische Gegenoffensive erheblich erschwert hat.
„Shipping antipersonnel land mines to Ukraine is also potentially controversial, though among a different group: More than 160 countries have signed an international treaty banning their use,“/
„Die Verschiffung von Antipersonenminen in die Ukraine ist ebenfalls potenziell umstritten, wenn auch in einer anderen Gruppe: Mehr als 160 Länder haben einen internationalen Vertrag über das Verbot ihres Einsatzes unterzeichnet“, so die Washington Post.
Trotzdem habe Kiew die Lieferung dieser Waffen seit Beginn des Krieges gefordert.
Russische Offensive: Unterstützung aus Nordkorea
Die militärische Lage im Donbas bleibt angespannt. Russische Truppen rücken zunehmend auf wichtige logistische Knotenpunkte der Ukraine vor, wie das Institute for the Study of War (ISW) berichtet. Russland hat 2024 bislang sechsmal so viel Territorium erobert wie im Vorjahr und kontrolliert nun rund 110.649 Quadratkilometer ukrainisches Gebiet.
„Russian forces are currently advancing throughout eastern Ukraine, and Ukrainian officials have recently warned about the possibility of an imminent Russian offensive operation in Zaporizhia Oblast.“
„Die russischen Streitkräfte sind derzeit in der gesamten Ostukraine auf dem Vormarsch, und ukrainische Beamte haben vor kurzem vor einer bevorstehenden russischen Offensivoperation in der Oblast Saporischschja gewarnt.“
Institute for the Study of War
Zusätzlich erhält Moskau Unterstützung von etwa 11.900 nordkoreanischen Soldaten, wie der südkoreanische Geheimdienst (NIS) berichtet. Diese seien bereits im Kampf gegen ukrainische Truppen im Einsatz. Zudem liefere Nordkorea schwere Geschütze, darunter Mehrfachraketenwerfer und Panzerhaubitzen. Die Kooperation der beiden Länder basiert auf einem umfassenden Sicherheitsabkommen, das in diesem Jahr ratifiziert wurde.
Neue Eskalation droht?
Russland hat angekündigt, auf die jüngsten Angriffe mit ATACMS-Raketen entsprechend zu reagieren. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow kritisierte, dass nicht die Ukraine, sondern deren westliche Unterstützer die Verantwortung für diese Angriffe tragen. „Dies ist eine qualitativ neue Runde der Spannungen und eine qualitativ neue Situation in Bezug auf die Beteiligung der USA an diesem Konflikt“, sagte Peskow.
Die Lieferung der Minen hat das Potenzial, die Spannungen weiter zu verschärfen. Die Ukraine betont ihre Abhängigkeit von westlicher Unterstützung. Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte vor dem Parlament, dass sein Land ohne die Hilfe der USA den Krieg kaum gewinnen könne. Sollte diese Unterstützung nach einem möglichen Machtwechsel in Washington wegbrechen, sei die Ukraine dennoch entschlossen, weiterzukämpfen: „Es wird nicht genug sein, um zu überleben.“
Debatte in Deutschland über Taurus-Lieferung
In Deutschland sorgt die militärische Entwicklung in der Ukraine ebenfalls für politische Diskussionen. Die Freigabe von ATACMS-Raketen hat die Debatte über die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper neu entfacht.
Der deutsche Taurus-Marschflugkörper hat das Potenzial, Moskau zu erreichen, der einzige innerhalb dieser Waffengattung, wie Markus Haintz auf 𝕏 schreibt. „Deshalb ist es propagandistisch extrem gefährlich, dieses Waffensystem zu liefern. Es braucht nur ein paar Fanatiker auf beiden Seiten, die die Waffen auf Moskau abfeuern und in Moskau einschlagen lassen. […] Fernab jeder Diskussion über Legitimität von Verteidigung und Angriff ist das propagandistischer Wahnsinn. […] So eskalieren Kriege.“
FDP und Union befürworten die Lieferung des Marschflugkörpers. Als Teil der Ampelregierung stimmte die FDP noch dagegen, will nun aber eine neue Abstimmung ansetzen.
„Deutschland sollte #Taurus liefern“, schreibt der FDP-Politiker Marco Buschmann auf 𝕏:
Der Bundestag könnte somit erneut abstimmen, doch die Entscheidung liegt letztlich beim Sicherheitsrat der Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz, der gegen eine Lieferung ist. Die Grünen wollen einer Lieferung nicht gegen den Willen der SPD zustimmen.
Sahra Wagenknecht richtet bei Maischberger deutliche Worte in Richtung Robert Habeck und Friedrich Merz, die im Falle ihrer Kanzlerschaft, Taurus-Marschflugkörper liefern würden: „Wenn wir einen Weg gehen, der uns mehr und mehr zur Kriegspartei macht und wir haben ja immer mehr Schritte [in diese Richtung …] Herr Merz sagt, er will ein Ultimatum stellen und danach Taurus liefern. [Wir gehen also] sehr strikt einen Weg, der uns zu einem Krieg mit Russland führt und ich halte das für eine hochgefährliche Strategie und ich finde, Leute, die das machen, sind Hasardeure.“
Sahra Wagenknecht bei Maischberger