Die Europäische Union will zur Bundestagswahl 2025 den „Virus der Desinformation“ ausrotten – oder zumindest die Wähler präventiv „impfen“, damit sie nicht auf „falsche Narrative“ hereinfallen. In bester Orwell’scher Tradition präsentiert sich das Brüsseler Demokratie-Labor als wohlmeinender Hüter der Wahrheit – ausgestattet mit hochtrabenden „Leitlinien“ und einer bemerkenswerten Naivität in puncto Interessenkonflikten.
Der Digital Services Act: Die EU-Kommission greift durch
Grundlage des EU-Vorstoßes ist der Digital Services Act (DSA), jener regulatorische Koloss, der Digitalplattformen wie Facebook, 𝕏 und TikTok verpflichtet, systemische Risiken bei Wahlen zu ermitteln und wirksame Maßnahmen zu ergreifen. „Illegale Hassrede“, „Online-Belästigung“ und natürlich „Desinformation“ stehen dabei auf der Abschussliste. Doch es stellt sich eine zentrale Frage: Wer legt eigentlich fest, was als Desinformation gilt? Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton betonte, dass der DSA gewährleisten soll, dass Technologien im Dienste der Menschen und der Gesellschaften stehen.
„Mit dem Gesetz über digitale Dienste ist Europa der erste Kontinent mit einem Gesetz zur Bewältigung systemCorreischer Risiken auf Online-Plattformen, die sich in der Praxis negativ auf unsere demokratischen Gesellschaften auswirken können. 2024 ist ein wichtiges Jahr für Wahlen. Deshalb nutzen wir mit den heutigen Leitlinien in vollem Umfang alle Instrumente, die das Gesetz über digitale Dienste bietet. So stellen wir sicher, dass die Plattformen ihren Verpflichtungen nachkommen, dass sie nicht missbraucht werden, um unsere Wahlen zu manipulieren, und wir wahren zugleich das Recht auf freie Meinungsäußerung.“
Thierry Breton / Europäische Kommission
Auf dem Papier agiert die Bundesnetzagentur unter Klaus Müller (Grüne) als deutscher Hüter des DSA. Tatsächlich soll Müller gemeinsam mit der EU-Kommission Gespräche mit den großen Plattformen führen – eine Formulierung, die so viel Raum lässt wie ein leerstehendes Brüsseler Bürogebäude. Währenddessen erhalten die sozialen Netzwerke nicht nur Richtlinien, sondern auch kreative Vorschläge zur Erziehung der Bürger.
„Impfmaßnahmen“ gegen die sogenannte Desinformation
Die EU-Kommission empfiehlt „psychologische Impfstoffe“ gegen Fehlinformation. Die Strategie erinnert an das Training von Immunzellen: Ein bisschen Desinformation hier, ein wenig Manipulation dort, alles in abgeschwächter Form natürlich. In Online-Spielen und Videos sollen Bürger „resilient“ gemacht werden – ein Vorhaben, das kaum plakativer in paternalistischer Selbstgerechtigkeit daherkommen könnte.
Die Wissenschaft bietet – wie immer, wenn politische Vorhaben abgesichert werden müssen – den nötigen Unterbau. Zwei Studien werden als Kronzeugen aufgeführt. In der Cambridge-Studie Psychological Inoculation against Misinformation: Current Evidence and Future Directions vergleichen Forscher die Verbreitung von Desinformation mit einem Virus und die Immunisierung durch „aufgeklärte Interventionen“ mit einem sogenannten „Impfstoffs gegen Fehlinformationen“. Die zweite Studie Psychological inoculation improves resilience against misinformation on social media kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass eine „psychologische Impfung“ die Widerstandsfähigkeit gegen Fehlinformationen in den sozialen Medien stärken könnte.
Dass derartige Vergleiche beliebte Metaphern für akademische Großprojekte sind, spielt keine Rolle. Hauptsache, die Analogie sitzt.
Der eigentliche Coup? Eine dieser Studien wurde laut Nius von Google Jigsaw finanziert – einer Tochter des Silicon-Valley-Riesen Alphabet. Dass sich die EU-Kommission auf Analysen stützt, die von einem Unternehmen bezahlt wurden, das selbst zur regulierten Branche gehört, fällt offenbar nur jenen auf, die noch in der Lage sind, das Offensichtliche zu erkennen: Interessenkonflikte scheinen hier Teil der Lösung zu sein.
Correctiv und Co.: Wer entscheidet über die Wahrheit?
Im Kampf gegen Desinformation sollen die sozialen Netzwerke eng mit Faktencheckern, Wissenschaftlern und NGOs kooperieren. Ein Name fällt dabei auffallend oft: das European Fact-Checking Standards Network (EFCSN), in dem auch die Deutsche Presse-Agentur (dpa) und das Medienportal Correctiv sitzen. Beide Medienhäuser genießen großzügige staatliche Förderung: Die dpa erhielt über 2,3 Millionen Euro, Correctiv sogar 2,5 Millionen Euro.
Die EU schlägt also vor, dass Medien, die mit Steuergeld gefördert werden, darüber entscheiden, was wahr und was falsch ist. Die Illusion eines neutralen, „unabhängigen“ Wahrheitsmonopols mutiert so zur Satire. Denn dass ausgerechnet staatlich alimentierte Institutionen jene sein sollen, die die „Desinformationsverbreitung“ unterbinden, spricht Bände über das neue Selbstverständnis demokratischer Systeme.
Die Grünen: Desinformation als Straftatbestand
Wenig überraschend springen die Grünen in Deutschland auf diesen Zug auf – und beschleunigen ihn. Wie Apollo berichtet, will die Partei laut Wahlprogrammentwurf die „systematische Verbreitung von Desinformation im Auftrag eines fremden Staates“ strafrechtlich verfolgen. Was Desinformation genau ist? Geschenkt! Das bleibt so unklar wie die Grenzen zwischen moralischem Eifer und staatlicher Kontrolle.
Unter dem Deckmantel der Bekämpfung von „Hass und Hetze“ sollen Strafverfolgungsbehörden außerdem weitere digitale Befugnisse erhalten. Dass der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags klarstellt, Hass sei an sich nicht strafbar, solange er keine juristischen Grenzen wie Volksverhetzung überschreitet, scheint niemanden zu stören. Für die Grünen ist das öffentlich-rechtliche Fernsehen ohnehin das Nonplusultra: Als „unabhängige Medien“ sollen ARD und ZDF die Bürger durch die gefährlichen Desinformations-Landschaften lotsen.
„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist eine tragende Säule unserer Demokratie. Damit er uns angesichts einer veränderten Medienwelt auch in Zukunft erhalten bleibt, müssen wir ihn stärken und reformieren.“
Die Grünen / Reformvorschläge für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Faesers Anti-Desinformations-Behörde: Ein Fall für absurde Widersprüche
Damit der Kampf gegen „ausländische Informationsmanipulation“ weiter an Fahrt gewinnt, baut Innenministerin Nancy Faeser die „Zentrale Stelle zur Erkennung ausländischer Informationsmanipulation“ (ZEAM) auf. Die Ähnlichkeiten zum US-amerikanischen „Global Engagement Center“ (GEC) sind kein Zufall. Auch dort begann der Kampf gegen ausländische Propaganda – und endete schließlich in der Zensur von Inlandsinformationen.
Faesers Behörde wird angeblich ohne Beteiligung des Verfassungsschutzes arbeiten. Ein schönes Versprechen, das von Haldenwang, Chef des Verfassungsschutzes, souverän widerlegt wird: „Und der Verfassungsschutz liefert seine Erkenntnisse zu, er ist also mit beteiligt.“ Was genau die ZEAM also tut, bleibt unklar. Ein kafkaesker Aufbauprozess, der Bürokratie und Intransparenz perfektioniert.
Phoenix / YouTube / Vorstellung des Verfassungsschutzberichts
Die „neue Demokratie“ unter Kontrolle
Die sogenannte Impfkampagne gegen Desinformation, die bewusste Manipulation gesellschaftlichen Verhaltens, die behördlichen Großprojekte und die neue Strafandrohung für vage definierte „Fehlinformation“ zeigen eine beunruhigende Entwicklung: Der Staat und seine supranationalen Institutionen mutieren zum Wahrheitsministerium. Unter dem Vorwand, die Demokratie zu schützen, wird die Kontrolle über den Informationsfluss immer enger.
Die Europäische Union und ihre Partner – Wissenschaftler, NGOs und staatlich geförderte Medien – entwerfen eine beispiellose Architektur des Informationsmanagements. Fest steht: Der Geist der „freien Meinungsbildung“ bekommt hier eine ordentliche Dosis Desinfektionsmittel – und das, natürlich wie immer, zu unserem Besten.
2 Antworten
Zu
„Wer legt eigentlich fest, was als Desinformation gilt?“
Bereits diese Frage ist tendenziell irreführend, also ebenfalls desinformativ für die Masse der braven Mitläufer und Mittäter. Weil die Frage suggeriert, es könnten kleine Gruppen (mit viel Macht) Begriffe kurzfristig mit Bedeutungsinhalt füllen wie sie lustig sind. Also ohne natürlichen, völkisch dominierten Sprachwandel.
Die geltende und gültige Bedeutung IST bereits durch die Sprache als vorsätzliche Irreführung festgelegt. Die Vorsilben De- und Des- stehen für Gegenbegriffe (Bsp.: Desintegration, Destabilisierung).
Bürger- und volksnah ausgedrückt — also ohne journalistisch-juristische Haarspaltereien wie Täuschung ( arglistig / unarglistig ), Verdunklung, Heimtücke, Manipulation, Framing, … — ist Desinformation das Gegenteil von Information, also Verdummung, Verarschung, Verblödung und Lüge.
Das Mantra mit dem „modernen“ Bildungssprachwort Desinformation ist Desinformation im Deckmäntelchen angeblicher Aufklärung bzw. Anti-Desinformation. Denn das „kleine, gemeine Bürgerlein“ soll tief beeindruckt und emotionalisiert das glauben, was es immer glauben soll:
Nämlich, daß die „hohen, hochgebildeten Tiere“ mit ihren „schützenden Händen“ da etwas sehr Wichtiges und Richtiges für das Volk tun.
Das beeindruckend klingende Mantra will offensichtlich und offenkundig die scheinmoralisch legitime, also die täuschende und DESINFORMIERENDE Durchsetzung der sogenannten, bis jetzt noch nicht im StGB vorkommenden „Hasskriminalität“.
Zitat:
„Wie schön: Damit kann quasi j e d e Meinung des Gegenübers, die nicht der eigenen entspricht und missfällt, mal kurz als falsche oder bösartige Aussage oder Hassrede verdammt werden.
Es kommt also nüchtern betrachtet im Wesentlichen darauf an, wer die Definitionshoheit und damit zusammenhängend die Verfügung über Steuergelder besitzt. Wer beides hat, kann eben z. B. behaupten: Trans*frauen sind Frauen. Und: Es gibt natürlich auch gebärende Männer und zeugende Frauen. Und Leute, die das nicht so sehen, sind, tja, Hassredende.“
Quelle:
https://sciencefiles.org/2024/07/19/zum-gruenen-faschismus-eine-kurze-zerlegung-der-desinformations-und-hate-speech-fetischisten/
Es ist eine seltsame Zwangsneurose zu meinen, man müsse Menschen vor unerwünschten Informationen ’schützen‘. Dieses Verständnis setzt das Menschenbild voraus, dass alles, was gehört wird, auch geglaubt wird, und eine binäre Programmierung
Wenn es aber etwas gibt, das notwendig für lernen und denken ist, dann ist es die eigenständige Prüfung des Gehörten, sprich das Verstehen, und Verstehen bedeutet, eine Argumentation nachvollziehen zu können, die nicht die eigene ist!! Das bedeutet nicht, sie sich zu eigen zu machen, aber wie soll man etwas widerlegen, was man nicht verstehen, ja nicht einmal hören darf??!
Reizthema trans: Es gibt Menschen, die sich im falschen Körper fühlen, das gab es immer schon. Aber niemand hat einen Anspruch, dass sein inneres Empfinden von allen anerkannt wird – toleriert ja, aber nicht akzeptiert. Wenn jemand andere wegen innerem Frausein für bescheuert hält, ist das sein Recht. Aber weder darf er dem die gefühlte Fraulichkeit verbieten noch der ihm, dass er es für bescheuert hält. Was ist so schwer daran, unterschiedliche Sichten bestehen zu lassen, auch wenn sie nicht kompatibel sind??
Heute scheint jeder zum Missionar der eigenen Sicht geworden, die er der Menschheit aufzwingen will.