In diesen Wochen darf sich der geneigte Rap-Fan freuen, denn die Dokumentation „Stans“ über das Leben des Musikers Eminem wird auch in Deutschland zu sehen sein. Den Soundtrack kann man, wenn man es gar nicht abwarten kann, bereits jetzt hören. Dieser beginnt mit dem titelgebenden Song „Stan“, der von einem Fan handelt, der immer wieder Briefe an sein Hip-Hop-Idol schreibt, während Eminem jedoch nicht antwortet. Vom Schreiben besessen, steigert sich Stan, so heißt der überwältigte Knabe, immer weiter hinein, bis es am Ende in einer Katastrophe endet. Ich denke, ich werde meine Frau überreden, mit mir die Dokumentation anzusehen.
Apropos Frau: Dieser Tage gab der SPIEGEL bekannt, dass ihr langjähriges Talkshow-Gesicht, die vormals stellvertretende Chefredakteurin Melanie Amann, das Nachrichtenmagazin verlassen wird. Damit endet eine Ära des persönlichen Stans, Stichwort Eminems Song, vom ehemaligen Vizekanzler Robert Habeck, über den Amann einst meinte, er habe „ein gewaltiges Charisma, dem man sich als Journalistin nicht so leicht entziehen“ könne. „Es muss gelingen, ihm trotzdem kritisch und neutral, nüchtern zu begegnen und nicht zu denken, was ist das für ein wahnsinnig netter, interessanter, menschlicher Gesprächspartner“, so die Ex-SPIEGEL-Mitarbeiterin »bei einer Veranstaltung.«
Lassen wir mal die offenkundig persönliche Zuneigung Frau Amanns bezüglich Habeck außen vor: Wie um alles in der Welt kommt eine Journalistin dazu, sich zu einem derart kruden Statement hinreißen zu lassen? Merkt sie gar nicht, dass sie gerade damit die selbst beschworene „neutrale und nüchterne“ Herangehensweise an einen Spitzenpolitiker konterkariert? Und überhaupt, was glaubt die Frau aus Bonn, inwieweit ihre private Meinung über das Charisma von Robert Habeck irgendjemanden interessieren würde?
Der SPIEGEL ist „intern transparent“
Was den gemeinen Bürger auf jeden Fall interessiert hat, war ihre restriktive Haltung während der sogenannten Corona-Pandemie. Hier galt Amann als Befürworterin rigider Maßnahmen und argumentierte stets gegen noch so kleine Lockerungen, wie sie etwa in aller Zaghaftigkeit von der FDP gefordert wurden. Diese Haltung drückte sie auch als Mitglied der SPIEGEL-Chefredaktion aus. Interne Chatprotokolle des Mediums, die 2024 »von Nius veröffentlicht wurden«, zeigen, dass Amann in der Redaktion eine unbarmherzige Linie gegen Corona-kritische Stimmen vertrat. Sie soll Teil einer Gruppe gewesen sein, die plante, das E-Mail-Postfach einer ehemaligen Kollegin zu durchsuchen, die verdächtigt wurde, einen kritischen Artikel über den Virologen Klaus Stöhr geleakt zu haben. Amann bezeichnete Stöhr in diesen Chats als „Corona-Verharmloser“. Davon abgesehen, dass man erst einmal darauf kommen muss, Stöhr diese Vokabel zu verpassen, macht ein derartiges Verhalten vor allem den stalinistischen Führungsstil von Frau Amann deutlich. Kritisches Denken, das eigentlich zur DNA eines jeden Journalisten gehören sollte, ist für Habecks persönlichen Stan absolut keine Option.
Moralisch fragwürdiges Handeln stellt für die Journalistin des Jahres 2018 offenkundig kein Neuland dar. So wirft ausgerechnet die linke taz »in einem sehr lesenswerten Stück« Amann mangelnde Transparenz in ihrer Berichterstattung sowie Mietwucher vor. Konkret geht es um ihre geschäftliche und persönliche Verbindung zum Wohnungsunternehmer Florian Wichelmann, über den der SPIEGEL 2022 positiv berichtete, ohne Amanns Beziehung – sie sind seit Jahren befreundet – zu ihm offenzulegen. Diese Artikel stellten Wichelmann als „Wohltäter“ dar, obwohl andere Medien bereits über fragwürdige Geschäftspraktiken seines Unternehmens berichtet hatten, etwa die Vermietung von Wohnungen über Airbnb unter einem falschen Profil. Besonders pikant: Zwar wurde der Artikel nicht von ihr selbst verfasst, wohl aber von zwei Praktikantinnen, die zu dem Zeitpunkt unter dem von Amann geleiteten Ressort arbeiteten.
Der SPIEGEL selbst reagiert auf die Kritik der taz, die unter anderem auch horrende Mieten umfasst, mehr als sonderbar. So habe Amann ihre Beziehung zu Wichelmann intern transparent gemacht. Unabhängig, ob dies korrekt ist oder nicht, ist es kaum vorstellbar, dass Praktikanten einen kritischen Text im auflagenstärksten deutschen Nachrichtenmagazin verfassen, ohne dass die Chefin ihn gegenliest und mögliche kritische Passagen über ihren Freund Wichelmann unterbindet. Es ist schon erstaunlich, dass Frau Amann gern gesehener Gast bei Lanz und Co. war, sich aber niemand die Mühe gemacht hat, auch nur einmal eine kritische Frage bezüglich ihres fragwürdigen Immobiliengeschäfts zu stellen. Beispielsweise entschied ein Gericht, dass die Zimmermiete in Amanns Wohnung im Prenzlauer Berg mit mehr als 40 Prozent über dem Mietspiegel deutlich überhöht war. Nebenbei bemerkt ist „intern transparent“, wie der SPIEGEL die Kommunikation nannte, überhaupt nicht transparent. Denn welchen Sinn hat es, wenn zwar die Kollegen im Haus von den persönlichen Verflechtungen zwischen den beiden wissen, nicht aber die Leser?
Amann war „nie ein schüchternes Häschen“
Nachdem ihr Vertrag als stellvertretende Chefredakteurin nicht verlängert wurde, hat Amann nun angekündigt, nach Harvard zu gehen. Allerdings wird sie dort nicht als Dozentin tätig werden, wie ihr Idol Habeck es in Zukunft in Berkeley sein wird, nein, sie bekommt ab Oktober 2025 ein zehnmonatiges „Policy Fellow“-Stipendium an der Harvard University im Rahmen des „John F. Kennedy-Gedächtnis“-Programms. Das Stipendium, finanziert unter anderem vom Deutschen Akademischen Austauschdienst und dem Bundesministerium für Forschung, umfasst 65.000 US-Dollar sowie Sozialleistungen und Reisekostenerstattungen. Anders gesagt: Der Steuerzahler kommt dafür auf.
Es beschleicht das unangenehme Gefühl, dass es das mit Frau Amann noch nicht gewesen sein dürfte. Sie ist 47, hat also noch einiges vor sich in ihrem Leben, was ich ihr im Privaten auch absolut wünsche. Jedoch sehe ich Habecks Stan eher hinter der Bühne, wahlweise neben dem ehemaligen Vizekanzler als seine neue Herzdame, die das Charisma des Mannes aus Lübeck über den viel zitierten grünen Klee lobt. Man darf nur hoffen, dass es sich nicht um den heimischen Sauerklee handelt, dieser ist nämlich leicht giftig.
Die Geschichte von Eminems Stan geht übrigens nicht gut aus, was wir selbstredend Frau Amann nicht wünschen. Auch wenn die Journalistin ihren Job als stellvertretende Chefredakteurin beim SPIEGEL verloren hat, wird die Dame uns erhalten bleiben. Zu sehr hat sie ihr Gesicht in die Talkrunden dieses Landes gepresst, zu sehr spricht sie den stalinistischen Geist der Staats- und Habeckverliebten an, als dass ARD und ZDF auf sie verzichten würden. Laut dem SPIEGEL-Archiv, »weiß die taz«, war Amann ja „nie ein schüchternes Häschen“ gewesen. Daher dürfen wir uns auf weitere Entgleisungen der moralisch fragwürdigen Vermieterin freuen.