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Grüne Günstlingswirtschaft: Wenn Ministerien zur Versorgungsanstalt werden

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In NRW wird politische Loyalität über Fachkompetenz gestellt: Grüne Ministerien schaffen Posten für Parteifreunde. Ein Blick auf die skandalöse Personalpolitik.
Zusammengefasst

In Nordrhein-Westfalen entwickeln sich die Landesministerien unter grüner Führung zu einem faszinierenden Experimentierfeld für politisch fragwürdige Personalpolitik. Zwei neu geschaffene Einheiten in den Ressorts von Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und Umweltminister Oliver Krischer, beide Grüne, sorgen für Aufsehen. Opposition und Steuerzahler werden hier gleichermaßen übergangen, während grüne Parteimitglieder fragwürdige Posten besetzen. Der Anspruch eines nachhaltigen Politikansatzes tritt in den Hintergrund und wird durch das offensichtliche Streben nach parteipolitischer Macht erneut überschattet.

Das Fantasie-Ressort: „Der Chef der Chauffeure“

Beginnen wir mit dem vielleicht skurrilsten Detail: Florian S., einem Regierungsdirektor im Wirtschaftsministerium von Mona Neubaur. Der promovierte Jurist und ehemalige Strippenzieher der Grünen in Hessen ist nun mit einer Aufgabe betraut, die an kafkaeske Dimensionen erinnert: der Koordination der Chauffeure. Um genau zu sein, geht es um drei Fahrer. Dass ein Beamter seiner Qualifikation und Vergütungshöhe – wir sprechen hier von einem Topjuristen – plötzlich die Fahrzeugflotte des Ministeriums verwaltet, ist so erklärungsbedürftig wie ein expressionistisches Gemälde.

Die offiziell kommunizierte Erklärung, Florian S. unterstütze die Ministerin „unmittelbar“ und leiste strategische Koordinationsarbeit, klingt wie ein verzweifelter Versuch, das Offensichtliche zu kaschieren: Der eigentliche Job ist noch nicht fertig konstruiert. Bis Jahresbeginn 2025 soll das Referat „neu geordnet“ werden. Bis dahin bleibt Florian S. in einer Übergangsrolle, die wohl nur eines strategisch sicherstellt, nämlich dass er im Ministerium unterkommt, bevor sich der politische Wind wieder dreht. Schließlich könnte jemand mit einer solch beispiellosen Fachkompetenz später dringend benötigt werden – beispielsweise bei der moralischen Verteidigung parteipolitischer Günstlingswirtschaft.

Projektgruppe mit Perspektive – oder doch nur ein Abstellgleis?

Nicht minder spannend ist das Schauspiel im Umweltministerium unter Oliver Krischer. Hier wurde eine „Projektgruppe Zukunftsplan Umweltverwaltung NRW“ ins Leben gerufen, geleitet von Ernst-Christoph S., einem Beamten, der den Grünen seit Jahrzehnten treu dient. Dieser Mann, einst Abteilungsleiter unter der grünen Ministerin Bärbel Höhn und später Staatssekretär in Rheinland-Pfalz, wird für sein grünes Durchhaltevermögen belohnt. Dass er 2012 nach einem Zerwürfnis freigestellt wurde und zwischenzeitlich andere Tätigkeiten verfolgte, scheint seiner Karriere keinen Abbruch getan zu haben. Nun kehrte er in den Schoß des NRW-Staatsapparats zurück.

Der SPD-Abgeordnete René Schneider übt scharfe Kritik an den jüngsten Ereignissen und bringt seine Bedenken mit den Worten auf den Punkt:

„Es geht offenbar darum, verdiente Parteimitglieder unterzubringen. […] Das ist in dieser Form schon ziemlich fragwürdig und durchaus als Geschenk zu verstehen. […] Das hat auf jeden Fall ein Geschmäckle.“

René Schneider / WeLT

In diesem Zusammenhang hinterfragt er in einer Anfrage vom September 2024 die konkrete Arbeit der Projektgruppe „Zukunftsplan Umweltverwaltung NRW“ und fordert Klarheit darüber, welche Ziele und Aufgaben dieser Kreis verfolgt.

Kleine Anfrage / René Schneider / polit-X

In ihrer Antwort verweist „die Landesregierung“ auf die 2024 gegründete Projektgruppe (ZUV), die im Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr (MUNV) ins Leben gerufen wurde, um einen zukunftsorientierten Plan für die Umweltverwaltung zu entwickeln.

Antwort / Oliver Krischer / Landtag NRW

Derzeit befände sich die Gruppe noch in der Aufbau- und Planungsphase. Aktuell sei lediglich eine Person in der Gruppe tätig, deren Personalien aus Datenschutzgründen nicht genannt werden können. Die befristete Stelle sei bereits im Besetzungsverfahren und weitere Ausschreibungen seien in Vorbereitung. Die Leitung der Projektgruppe sei intern und ohne Ausschreibung vergeben worden.

Formell handelt es sich um die Rückkehr „eines Beamten“, der aufgrund seiner unbefristeten Anstellung ein Recht auf eine angemessene Position habe. Dass diese „angemessene Position“ jedoch eine hochdotierte Projektgruppe mit nur zwei weiteren (noch unbesetzten) Stellen ist, bleibt mehr als fragwürdig.

Juristisch gesehen mag es zutreffen, dass Rückkehrrechte in solchen Fällen üblich sind. Es ist jedoch schwer, bei dieser Konstellation nicht an eine gezielte Personalpolitik zu denken, bei der die langjährige Parteigefolgschaft noch kurz vor der Pensionierung mit wohlwollend verteilten Posten honoriert wird. Dass die Projektgruppe „zufällig“ bis 2026 befristet ist – exakt bis zum Zeitpunkt der Pensionierung des betreffenden Ministers – dürfte angesichts dieser Umstände kaum überraschen.

Die Grünen und die Kunst des moralischen Doppelstandards

Die Grünen, die sich einst als moralische Instanz gegen die angebliche Vetternwirtschaft von SPD und CDU inszenierten, stehen nun selbst im Zentrum der Kritik. „Parteipolitischer Filz“ auf Kosten der Steuerzahler lautet das vernichtende Urteil des FDP-Fraktionschefs Henning Höne.

„Die Grünen-Ministerien in Nordrhein-Westfalen entwickeln sich zunehmend zu Versorgungswerken für grüne Parteifreunde und Aktivisten. […] Doch in der Realität zeigen sie, dass es ihnen vor allem darum geht, eigene Leute zu versorgen.“

Henning Höne / WeLT

Das Besondere an diesem Skandal ist die beinahe schon beeindruckende Dreistigkeit, mit der er inszeniert wird. Statt die üblichen Diskretionen zu wahren, werden Positionen und Posten geschaffen, deren Sinnhaftigkeit sich bestenfalls den Beteiligten selbst erschließt. Dass dies unter dem Deckmantel der „Übergangsphase“ und „Projektarbeit“ geschieht, zeigt eine bemerkenswerte Kreativität im Umgang mit der öffentlichen Wahrnehmung.

Doch sind diese Vorwürfe neu? Wohl kaum. Die SPD, einst selbst Spitzenreiter in der Kunst des politischen Netzwerks, hatte in NRW jahrzehntelang mit ähnlichen Vorwürfen zu kämpfen. Der „rote Filz“ galt als Paradebeispiel für die Verquickung von Parteiinteressen und Verwaltung. Nun, da die Grünen auf ähnlichen Pfaden wandeln, zeigt sich: Der moralische Anspruch einer Partei ist oft nur so belastbar wie ihre Machtposition.

Ein Lehrstück in politischer Eigenversorgung

Die Ereignisse in Nordrhein-Westfalen sind ein Paradebeispiel dafür, wie weit Anspruch und Wirklichkeit in der Politik auseinanderklaffen können. Während Florian S. seine Zeit mit der „Koordination von Chauffeuren“ verbringt und Ernst-Christoph S. eine „Zukunftsgruppe“ leitet, bleibt die Frage offen, wie diese Personalentscheidungen im Sinne des Steuerzahlers gerechtfertigt werden können. Vielleicht sollte man ein weiteres Fantasie-Ressort schaffen, um diesen Widerspruch zu erklären – ein Ministerium für öffentliche Verwirrung, geleitet von einem weiteren Parteiveteranen.

Die Grünen, die sich einst als moralisches Korrektiv inszenierten, demonstrieren, dass sie das politische Spiel genauso gut beherrschen wie ihre Vorgänger. Oder, wie der Volksmund sagt: Die Farbe mag wechseln, der Filz bleibt.


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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

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