Haintz.Media

Bild:
Friedrich Merz ist Kanzler
Quelle:
SWR Kultur

Friedrich Merz ist Kanzler: Der Pakt zur Macht

Bild:
Quelle:

Beitrag teilen:

Mehr aus der Kategorie:

Merz' Scheitern
Klingbeils politisches Machtspiel
Bärbel Bas
Was am Morgen noch scheiterte, wird am Abend Wirklichkeit, nicht weil Überzeugung siegt, sondern weil Parteien bereit sind, jede Grenze zu überschreiten. Das Kanzleramt wurde nicht erobert, es wurde organisiert.
Zusammengefasst

Wie HAINTZmedia heute berichtete, endete der erste Versuch im Desaster: Friedrich Merz scheiterte an sechs Stimmen. Dies markierte eine historische Niederlage für einen Mann, der sich seit Jahrzehnten auf diesen Moment vorbereitet hatte. Dass der CDU-Chef wenige Stunden später dennoch ins Kanzleramt einzieht, verdankt er nicht etwa einer geschlossenen Mehrheit oder politischem Geschick, sondern einem fragilen Netz aus Zweckbündnissen, Regelmodifikationen und strategischer Gleichgültigkeit gegenüber den eigenen Prinzipien.

Stimmen zählen, Prinzipien nicht: Wie die Mehrheit gebogen wurde

Im Parlament wurde hektisch verhandelt, gerechnet und taktiert. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner eilte nach »BILD«-Informationen zwischen den Fraktionen hin und her, um eine technische Lösung zu finden, mit der ein zweiter Wahlgang noch am selben Tag ermöglicht werden konnte. Der Zeitplan war eng, der politische Wille selektiv. Kabinettsvereidigungen, Auslandsbesuche und private Urlaubspläne drohten wichtiger zu werden als demokratische Verfahren.

»Screenshot / Julia Klöckner / Deutscher Bundestag YouTube«

Die notwendige Dreiviertelmehrheit zur Abweichung vom Wahlprozedere zwang Union, SPD und Grüne zu einer Entscheidung: Macht um jeden Preis oder Prinzipientreue. Offenbar entschieden sie sich für Ersteres – und verhandelten mit der Linkspartei, trotz eines bestehenden Unvereinbarkeitsbeschlusses, wie er auch gegenüber der AfD gilt, um einen gemeinsamen Antrag zur Geschäftsordnung abzustimmen.

Ein Tabubruch? Natürlich nicht offiziell. In „Verfahrensfragen“, so ein Fraktionsmitglied, gelte der Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken nicht. Mit dem gleichen Zynismus hätte man auch die AfD ins Boot holen können, und das wäre auch fast geschehen.

„In Geschäftsordnungsfragen gilt der Unvereinbarkeitsbeschluss nicht. […] Die Linken-Führung ist gerade im Büro von Alexander Dobrindt.“


»Mitglied der Fraktionsführung / BILD«

Die Stunde der Schausteller: Glückwünsche, Gesten, Gedächtnisverlust

Kaum hatte Merz die notwendige Mehrheit von 325 Stimmen erreicht, war der Jubel orchestriert: EU-Abgeordnete der CDU und CSU schickten ihre Glückwünsche aus Brüssel und betonten stolz, dass Merz ein ehemaliges Mitglied ihrer Fraktion gewesen sei. Die Suggestion: Europa sei in guten Händen. Der neue Kanzler wurde zur Sicherheitsgarantie verklärt, nicht wegen seiner Politik, sondern wegen seiner Herkunft.

»Screenshot / Gratulation an Merz / Deutscher Bundestag YouTube«

Der CSU-Politiker Alexander Dobrindt, künftig Innenminister, legte noch nach: Mit einer demonstrativen Umarmung des frischgewählten Kanzlers inszenierte er Erleichterung und Zusammenhalt. Auch aus dem rechten Lager wurden Gesten geliefert: AfD-Funktionäre reichten Merz die Hand, während sie am Morgen noch Schadenfreude über sein Scheitern gezeigt hatten. Die CDU nahm es stillschweigend hin. Das Klima ist bereit für jede Form der Zweckgemeinschaft, solange die Kameras laufen.

»Screenshot / Berliner Morgenpost«

Taktieren bis zur Selbstverleugnung: Wenn Gegner zu Werkzeugen werden

Die Geschäftsordnungsänderung, die den zweiten Wahlgang am selben Tag möglich machte, wurde laut »BILD«-Berichterstattung nicht gegen die Linke, sondern gemeinsam mit der Linken vorbereitet. Alexander Dobrindt, einst Chef der CSU-Landesgruppe, übernahm die Rolle des Strippenziehers. Während öffentlich noch die Trennlinien zwischen Union, Linken und AfD beschworen werden, verschwimmen sie hinter verschlossenen Türen, wenn es um Verfahren und Machtsicherung geht.

Die AfD wiederum war vorbereitet: Ein Sprecher von Alice Weidel ließ verlauten, man werde sich nicht verweigern, aber wenn man ihre Stimmen ignoriere, sei das nur Ausdruck der Lächerlichkeit der Regierungsfraktionen. Diese wiederum zogen es vor, mit der Linken zu kooperieren, um den Preis eines kalkulierten Tabubruchs. Die Unvereinbarkeit wurde für diesen Moment einfach abgeschaltet – nicht aus Einsicht, sondern aus Notwendigkeit.

„An der AfD liegt es nicht, wenn es heute zu keinem zweiten Wahlgang kommt. Die Regierungsfraktionen blamieren sich vollends, wenn sie selbst bei einem simplen Fristverzicht die Stimmen der AfD nicht akzeptieren können. Lächerlicher geht es nicht mehr.“

»Sprecher von Alice Weidel / BILD«

Der Tag, an dem alles funktionierte – außer der echten Demokratie

Nach etwa sieben Stunden Verzögerung konnte Friedrich Merz schließlich vom Bundespräsidenten zum Bundeskanzler ernannt werden. »Die Vereidigung seiner Regierung soll, wie die »Tagesschau« bekannt gibt, noch am selben Abend stattfinden. Der Zeitdruck ist so groß, dass demokratische Prozesse zur bloßen Formalie degradiert werden.

Die Inszenierung war perfekt geplant: Gratulationen, Gesten der Einigkeit, Pressefotos, Kabinettslisten, außenpolitische Termine, alles griff ineinander. Was dabei jedoch verloren ging, ist jede Spur von inhaltlicher Verantwortung. Der Preis für dieses reibungslose Spektakel ist hoch: Glaubwürdigkeit, politische Konsequenz und demokratische Hygiene wurden geopfert, um Friedrich Merz im Amt zu installieren.

»Screenshot / Tagesschau«

Fazit: Die Stunde der Opportunisten

Friedrich Merz ist Kanzler, aber es ist keine Wahl gewesen, die politische Klarheit bringt. Es ist ein Signal: Wer sich dem Machtmechanismus verschreibt, muss bereit sein, mit jeder Seite zu handeln. Prinzipien sind verhandelbar, Bündnisse situativ, Gegner nur temporär. Die heutige Bundesregierung ist das Ergebnis eines politischen Drahtseilakts, gespannten zwischen ideologischer Beliebigkeit und institutionellem Opportunismus.

Aber wenn schon der Weg zur Macht so aussieht, wie wird dann die Regierungszeit aussehen?

Beitrag teilen:

Unterstützen Sie uns!

Helfen Sie mit, freien Journalismus zu erhalten

5

10

25

50

Picture of Janine Beicht

Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

senior-g77b31ab1a_640_800x800
Heilnatura_NMN_Webshop_250423_frei
Heilnatura_AminoEssentiell_Webshop_DE_2403232_1920x1920
Anzeige3

Buch-Empfehlung

911