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Kindheit im Schatten der Kontrolle
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Die Schüler-ID: Wie der Staat Ihre Kinder zur Nummer macht

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Mit der Einführung der Schüler-ID verschwindet die Privatsphäre von Kindern. Wo bleibt der Datenschutz? Die Nummer könnte die Tür zu einer weiteren Überwachung öffnen, anstatt echte Lösungen für das Bildungssystem zu finden.
Zusammengefasst

Deutschland liebt Nummern. Kaum wird ein Kind geboren, flattert die Steuer-ID ins Haus, ein bürokratischer Willkommensgruß des Staates. Doch während Eltern für Kindergeld oder Elterngeld mühsam Formulare ausfüllen müssen, plant die Regierung nun, Kinder im Bildungssystem mit einer neuen Nummer zu versehen: Der Schüler-ID. Was als Entbürokratisierung verkauft wird, entpuppt sich als perfide Ausweitung staatlicher Kontrolle, die Freiheits- und Persönlichkeitsrechte bedroht. Eine Nummer für einen Schüler steht weniger im Zusammenhang mit Bildung als mit Überwachung und trägt eher dazu bei, bestehende Probleme zu verschleiern, anstatt sie zu lösen.

Ein alter Plan in neuem Gewand

Die Idee der Schüler-ID ist nicht neu. »Bereits 2006 wollte die Kultusministerkonferenz« Kinder durchnummerieren, wurde aber mit dem „Big Brother Award“ eines Digitalvereins für ihre Überwachungsfantasien ausgezeichnet. Datenschutzbedenken stoppten das Vorhaben damals.

„Sollte man nicht aber zumindest Kenntnisse über demokratische Grundsätze vorweisen können, wenn man die Gesetzgebung lenken will? Und sollten diese nicht mindestens im Sozialkundeunterricht soweit vermittelt worden sein, dass man Bedeutung und Anforderungen von Datenschutz, informationeller Selbstbestimmung und Persönlichkeitsrecht erfasst und verstanden hat? […] Ein PISA-gleiches Desaster in Sachen Datenschutz und Demokratieverständnis!“

»Big Brother Awards / 2006«

Nun, fast zwei Jahrzehnte später, holen Union und SPD die Idee aus der Schublade. Sie bleiben aber im Koalitionsvertrag eine überzeugende Begründung für die Einführung der Schüler-ID schuldig – statt konkreter Ziele ist lediglich von einer nebulösen „rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit von Schule, Jugend- und Eingliederungshilfe“ die Rede. Laut »WeLT« treiben Länder wie Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Baden-Württemberg das Projekt bereits voran, als wäre es die Lösung für alle Bildungsprobleme.

Die offizielle Begründung klingt zunächst harmlos: Die ID soll verhindern, dass Kinder bei Umzügen zwischen Bundesländern aus dem Schulsystem fallen. In Niedersachsen verließen während der Corona-Zeit 5859 Schüler die Schule ohne Abschluss. Das sind 800 mehr als im Vorjahr. Doch hätte eine Nummer diese Kinder zurück in die Klassenzimmer gebracht? Wohl kaum. Das Problem liegt tiefer: Vielen Eltern fehlt die Motivation oder Sprachkompetenz, ihre Kinder durch ein dysfunktionales Bildungssystem zu lotsen. Die Schüler-ID hat hier bestenfalls einen bürokratischen Placebo-Effekt, der von den wahren Ursachen ablenkt.

Die eigentliche Problematik wurde bereits im IQB-Bildungstrend 2022 deutlich: Bundesweit verfehlen 32,5 Prozent der Neuntklässlerinnen und Neuntklässler im Fach Deutsch den Mindeststandard im Lesen für den Mittleren Schulabschluss, ein Anstieg um 16 Prozentpunkte im Vergleich zu den Ergebnissen vor sieben Jahren. Die sprachlichen Kompetenzen im Fach Deutsch wurden als „im hohen Maß besorgniserregend“ bewertet, wie aus der am 13. Oktober veröffentlichten »Studie« hervorgeht.

»Screenshot / IQB-Bildungstrend«

Bildungskrise als Vorwand

Die Schüler-ID ist ein Symptom eines größeren Problems: Des Versagens, die Folgen irregulärer Migration und der Corona-Pandemie im Bildungssystem zu bewältigen. Die Pisa-Erhebung 2023, die schlechteste in der deutschen Geschichte, zeigte, dass zugewanderte Schüler signifikant schlechter abschneiden, selbst wenn man ihre wirtschaftlich schwächere Lage berücksichtigt.

„Wird der sozioökonomische Nachteil herausgerechnet, bleibt immer noch ein Leistungsabstand von 32 Punkten. Beim Lesen liegen die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund um 67 Punkte zurück. Nach Berücksichtigung des sozioökonomischen Profils erreichen sie 40 Punkte weniger als Schülerinnen und Schüler ohne Migrationshintergrund.“

»Pisastudie 2023«

In Städten wie Schwäbisch Gmünd sprechen von 300 Schülern 70 kaum Deutsch. Statt Sprachförderung oder echte Reformen zu priorisieren, setzt der Staat auf digitale Kontrolle. Die Schüler-ID soll „Förderbedarfe“ identifizieren – ein bürokratisches Codewort für alles von Leseschwäche bis hin zu sozialen Problemen.

»Die Belastungsgrenze ist erreicht, für einige Lehrer auch schon überschritten. Was wir in den Schulen erleben, macht mir am meisten Sorgen für die Zukunft. Unser großes Problem ist, dass alle zwei Wochen ein Kind in die Klasse kommt, das kein Deutsch spricht. In einer unserer Grundschulen sprechen von 300 Kindern 70 kaum bis gar kein Deutsch. Das zieht das Niveau runter.“

»Richard Arnold / CDU Oberbürgermeister Schwäbisch Gmünd / WeLT«

Doch was bedeutet das in der Praxis? Eine digitale Akte, in der sensible Daten über Herkunft, Sprache, Schulwechsel, Sitzenbleiben oder Konfession gespeichert werden. Selbst die Bundesagentur für Arbeit soll Zugriff auf Kontaktdaten für Berufsberatungen erhalten.

Diese Datenflut ist ein Paradies für Bürokraten und ein Albtraum für »den Datenschutz«. Die Kultusminister versprechen zwar „datenschutzkonforme Umsetzung“, doch solche Versprechen sind Schall und Rauch. Lehrer könnten auf Basis dieser Akten Vorurteile über Schüler entwickeln, ohne deren tatsächliche Leistungen zu bewerten. Schlimmer noch: Die Daten könnten für „positive Bewertungsneigung“ genutzt werden, eine euphemistische Umschreibung für Noteninflation, die Schülern mit Migrationshintergrund oder sozialen Problemen automatisch bessere Bewertungen einbringt. Das Ergebnis? Ein Bildungssystem, das Schwächen nicht behebt, sondern kaschiert.

Überwachung statt Reformen

Die Schüler-ID ist kein Werkzeug für bessere Bildung, sondern ein Schritt hin zu einem Überwachungsstaat. Der Vergleich mit der DDR mag drastisch klingen, doch die Parallelen sind unübersehbar. Die Stasi war ein allgegenwärtiger Kontrollapparat. Sie überwachte Post, Wehrpflichtmusterungen, Staatsanwaltschaften und sogar Ost-West-Kontakte. Ihre Mitarbeiter hatten polizeiliche Befugnisse – von Verhaftungen bis zu Durchsuchungen. Kein Lebensbereich blieb unberührt. Die Schüler-ID mag nicht die Stasi sein, doch sie folgt derselben Logik: Je mehr Daten der Staat sammelt, desto mehr Kontrolle hat er über seine Bürger.

»Screenshot / Bundeszentrale für politische Bildung«

In einem Überwachungsstaat wird die systematische Erfassung von Daten zum zentralen Merkmal staatlichen Handelns. Die Schüler-ID passt perfekt in dieses Schema. Sie speichert nicht nur Namen und Geburtsdatum, sondern auch sensible Informationen wie die zu Hause gesprochene Sprache, Fördermaßnahmen oder Schulwechsel. Diese Daten können ein Leben lang verfolgt werden, von der Einschulung bis zur Berufswahl. Der Staat suggeriert Reformwillen, während er in Wahrheit ein Netz aus digitaler Kontrolle spinnt. Das ist kein Bürokratieabbau, sondern ein Kontrollaufbau.

Etatismus von der Wiege bis zur Bahre

Die Schüler-ID ist ein Musterbeispiel für deutschen »Etatismus«, der Bürger vom ersten Atemzug bis zum letzten kontrolliert. Anstatt die intrinsische Motivation von Eltern zu stärken, ihre Kinder durchs Bildungssystem zu begleiten, setzt der Staat auf Zwang und Überwachung. Anstatt die Sprachdefizite zugewanderter Schüler durch gezielte Förderung zu beheben, versteckt er sie hinter einer digitalen Akte. Anstatt das Bildungssystem zu reformieren, suggeriert er Fortschritt durch eine Nummer. Das ist nicht nur ambitionslos, sondern gefährlich.

KI-Generiert

Die Schüler-ID löst keines der Probleme, die sie anzugehen vorgibt. Sie verhindert weder Schulabbrüche noch behebt sie die Folgen irregulärer Migration. Stattdessen schränkt sie die Freiheits- und Persönlichkeitsrechte von Kindern ein, indem sie sie zu Datenpunkten in einer staatlichen Maschinerie reduziert. Wie ein Post-Paket mag ein Kind mit Schüler-ID nachverfolgbar sein – doch wenn die Adresse fehlt, kommt es nie an. Der Staat sollte aufhören, Kinder zu nummerieren, und anfangen, sie zu bilden. Alles andere ist ein Verrat an der nächsten Generation.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

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