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Die endlose Debatte um das AfD-Verbotsverfahren: Eine politische Schnapsidee?

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Das geplante AfD-Verbotsverfahren stellt nicht nur ein juristisches Risiko dar, sondern zeigt auch, wie weit die Politik von den wahren Problemen entfernt ist.
Zusammengefasst

Ein fraktionsübergreifendes Bündnis von Bundestagsabgeordneten hat sich etwas einfallen lassen, das nach außen wie der verzweifelte Winkelzug einer politischen Klasse wirkt, die den Anschluss an die Realität längst verloren hat: Es soll ein Verfahren zur Einleitung eines Verbotsantrags gegen die Alternative für Deutschland (AfD) vor dem Bundesverfassungsgericht eingeleitet werden. Anstatt sich mit der Partei auf politischer Ebene auseinanderzusetzen, denkt man nun darüber nach, die größte Oppositionspartei des Landes einfach verbieten zu lassen. Und als ob das nicht schon grotesk genug wäre, wird die Flut von Warnungen und Einwänden einfach ignoriert.

Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen für ein Parteiverbot

Ein Parteiverbot kann in Deutschland nur unter strengen Bedingungen durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden. Gemäß Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes ist eine Partei verfassungswidrig, wenn sie darauf abzielt, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Dabei muss die Verfassungsfeindlichkeit nicht nur in den Zielen, sondern auch im aktiven Handeln der Partei nachweisbar sein. Diese Voraussetzungen wurden durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts präzisiert, insbesondere im NPD-Verbotsverfahren von 2017, das trotz der extremistischen Ausrichtung der Partei nicht zu einem Verbot führte, da ein aggressiv-kämpferisches Vorgehen nicht ausreichend belegt werden konnte.

Skepsis der Staatsrechtler

Renomierte Staatsrechtler schütteln bereits den Kopf. Führende Juristen, wie Markus Ogorek von der Universität Köln, äußern erhebliche Zweifel an der Erfolgsaussicht eines Verbotsverfahrens gegen die AfD. Die rechtlichen Anforderungen seien immens, und die Partei habe es bislang vermieden, in offiziellen Programmen oder Beschlüssen klar verfassungsfeindliche Positionen zu formulieren. Zwar gebe es zahlreiche extremistische Äußerungen einzelner Mitglieder, doch ein Parteiverbot setze voraus, dass die Verfassungsfeindlichkeit die gesamte Breite der Partei durchziehe. Ogorek betont zudem, dass ein Scheitern des Verfahrens dem Ansehen des Bundesverfassungsgerichts schaden und der AfD sogar politischen Rückenwind verschaffen könnte. Das Verbot sei nicht nur ein rechtliches Minenfeld, sondern könne auch zum politischen Bumerang werden, warnt Markus Ogorek, Professor für Öffentliches Recht.

„Alle politischen Akteure müssen klug abwägen, ob sie die enorme Gefahr wirklich eingehen wollen, dass der AfD durch die obersten Verfassungsrichter aufgrund der immensen rechtlichen Anforderungen quasi bescheinigt werden könnte, noch auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen.“

Markus Ogorek / Welt

Ähnlich äußert sich der Rechtsprofessor Volker Boehme-Neßler aus Oldenburg. Er warnt vor den undemokratischen Implikationen eines Parteienverbots und verweist auf die historische Belastung durch die Nationalsozialisten, die zahlreiche Parteien verboten hatten. Parteiverbote sollten nur in extremen Notlagen in Betracht gezogen werden. Boehme-Neßler sagt, er erkenne nicht, dass die AfD als Ganzes explizit aggressiv und kämpferisch darauf abziele, die freiheitlich-demokratische Grundordnung abzuschaffen. Worte allein seien nicht ausreichend; die Partei müsse auch aktiv handeln.

„Das Grundgesetz ist eher ‚allergisch‘ gegenüber einem Parteiverbot. Parteienverbote sind grundsätzlich undemokratisch“.

Volker Boehme-Neßler / Welt

Aber was bedeuten schon solche Bedenken von Experten? Die Abgeordneten der SPD, CDU/CSU, Grünen und Linken, die diesen Antrag vorantreiben, scheinen sich nicht allzu sehr darum zu scheren. Angesichts des schwindenden Gehörs in den eigenen Reihen entscheiden sich manche Politiker, mit einem spektakulären Antrag auf sich aufmerksam zu machen. Jessica Tatti vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erklärte, dass das BSW den Antrag nicht unterstützen werde. Es sei fraglich, wer den Parteien noch abnehmen solle, dass ausgerechnet sie die demokratischen Parteien seien.

„Es ist geradezu erbärmlich, dass Parteien, die vom Wähler abgestraft werden, lieber die politischen Gegner verbieten, als endlich im Interesse der Menschen Politik zu machen.”

Jessica Tatti / Welt

Politische Gegenstimmen

Auch innerhalb der Fraktionen, die den Verbotsantrag unterstützen, gibt es Widerstände. Der Innenpolitiker Alexander Throm (CDU) lehnt das Vorhaben entschieden ab. Politische Auseinandersetzung heiße Argumentieren, nicht verbieten. Ein AfD-Verbotsverfahren? „Falscher Weg“, sagt Throm. Aber es sind „immer dieselben Abgeordneten“, die „ihr eigenes Ding machen“. Das kann man auch als höfliche Umschreibung für „politische Selbstdarstellung“ bezeichnen.

Die FDP-Fraktion steht dem Antrag ebenfalls skeptisch gegenüber. Carina Konrad, stellvertretende Landesvorsitzende der FDP Rheinland-Pfalz, warnte, dass eine Debatte über ein AfD-Verbot der Partei unnötige Aufmerksamkeit verschaffen könne. Die Freien Demokraten befürchten zudem die politischen Folgen eines gescheiterten Verbotsverfahrens.

„Ich bin überzeugt, dass unsere Demokratie stark genug ist, um im Wettbewerb der Argumente zu bestehen. Ein Verbotsantrag sendet das falsche Signal und lässt Zweifel an der Fähigkeit aufkommen, die AfD mit demokratischen Mitteln zu bekämpfen – das wäre fatal für unsere Demokratie.“

Carina Konrad / SWR

Thüringens geschäftsführender Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) äußert sich ebenfalls kritisch zu einem möglichen Antrag auf ein Verbot der AfD. In einem Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) stellte er klar, dass die Dinge, die er anstrebe, nicht als vordringlich betrachtet werden sollten. Für Ramelow sei es von zentraler Bedeutung, welche belastbaren und gerichtsfesten Beweise vorgelegt werden können. Darüber hinaus warnt er, dass Politiker, die in die Diskussion um ein Verbot einsteigen, immer das Risiko laufen, als „Konkurrenten“ wahrgenommen zu werden.

Parteiverbot oder Prüfung?

Innerhalb der SPD wird diskutiert, ob ein direktes Verbotsverfahren sinnvoll sei. Einige Abgeordnete plädieren stattdessen für einen Prüfauftrag an die Bundesregierung, die Verfassungsfeindlichkeit der AfD detaillierter zu untersuchen. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert erklärte, dass die Beweislage für ein erfolgreiches Verbotsverfahren derzeit unzureichend sei, und warnte vor den Risiken eines solchen Schrittes.

SPD-Chefin Saskia Esken fordert hingegen die Innenminister der Länder und des Bundes auf, Beweise für extremistische Bestrebungen der AfD zu sammeln, um gegebenenfalls ein Verbotsverfahren einleiten zu können. Sie erwarte zudem, dass alle Akteure, einschließlich der Parteien und der Parlamente, ihre Verantwortung im Umgang mit der AfD wahrnehmen, um „unsere Demokratie“ und die freiheitliche Gesellschaft zu schützen.

„Ich erwarte, dass die Innenminister von Bund und Ländern die Erkenntnisse der Verfassungsschutzämter zu den extremistischen Bestrebungen der AfD weiterhin zusammentragen sowie gegebenenfalls Verfahren – beispielsweise bei der Unterbindung von Finanzströmen rechtsextremer Netzwerke – einleiten“.

Saskia Esken / Stern

Das Anliegen von Saskia Esken ist nicht ohne Vorgeschichte. Im Mai hatte die SPD-Vorsitzende im österreichischen Fernsehen die AfD mit dem NS-Propagandaminister Joseph Goebbels in Verbindung gebracht. Ihrer Meinung nach strebe die AfD danach, „die Demokratie zu zerstören.“ Der Moderator der Sendung, Armin Wolf, reagierte entsetzt und stellte eine Rückfrage zu ihrem Vergleich. Esken bekräftigte daraufhin ihre Aussage.

@argonerd / 𝕏

Gefahren eines Verbotsverfahrens

Ein zentraler Kritikpunkt an einem Verbotsverfahren gegen die AfD ist die potenzielle politische Dynamik, die ein solches Verfahren auslösen könnte. Wie Staatsrechtlerin Sophie Schönberger feststellt, werde die AfD von der öffentlichen Aufmerksamkeit profitieren, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Eine Ablehnung des Antrags im Bundestag könne in der öffentlichen Wahrnehmung als „Persilschein“ für die Partei interpretiert werden. Ein Erfolg der AfD vor dem Bundesverfassungsgericht könne ihre Position als vermeintliche „Opfer“ des politischen Systems weiter stärken.

„Dass im Bundestag über das Verbot einer im Bundestag vertretenen Partei diskutiert werden soll, das heißt, die Partei sich selbst an dieser Debatte beteiligen kann, ist im Übrigen eine historisch neue und überaus schwierige Situation, die der AfD im Übrigen auch eine völlig neue Art von Bühne bietet.“

Sophie Schönberger / Welt

Die AfD wird gewinnen – egal wie

Wie argumentiert man in dieser Debatte? Indem man nicht darüber spricht, was wirklich zählt: die zunehmende Wählerunterstützung für die AfD. Ein Parteiverbot ändert nichts an den Problemen, die zu dieser Unterstützung führen, im Gegenteil. Es könnte das Misstrauen vieler Wähler gegenüber dem Establishment nur noch verstärken. Selbst wenn die AfD bei einem solchen Verfahren verliert, hat sie in der öffentlichen Wahrnehmung längst gewonnen. Darüber hinaus vermittelt die Diskussion den Eindruck, dass die etablierten Parteien Angst vor einem politischen Gegner haben, dem sie nicht gewachsen sind, da sie ihm weder parteipolitisch noch inhaltlich etwas entgegenzusetzen haben. Anstatt eine Selbstreflexion vorzunehmen und zu analysieren, warum potenzielle Wähler sich von den Altparteien abwenden, konzentriert sich ihre Strategie ausschließlich darauf, die AfD zu marginalisieren, zu diffamieren und sie irgendwie aus dem Weg zu räumen. Dabei scheinen die selbsternannten „Wächter der Demokratie“ bereit zu sein, jedes Mittel zu nutzen, selbst wenn dies unter dem Deckmantel der Demokratie geschieht, während ihre Handlungen oft das Gegenteil dessen repräsentieren.

Aber anstatt auf die massiven Warnungen von Staatsrechtlern und Politikern zu hören, setzen einige Abgeordnete stur ihren Weg fort. Und damit zeigen sie nur eines: Sie haben aus der Geschichte nichts gelernt. Sie kämpfen gegen eine Partei, die sie offenbar nicht verstehen, mit Mitteln, die unweigerlich ins Leere laufen werden. Das ist nicht nur ein riskantes Manöver, es ist politisches Harakiri.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

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