Es ist kurz vor der Mittagszeit, als in einer ruhigen Wohnstraße oberhalb von Herdecke plötzlich Sirenen heulen. Nur Minuten zuvor war Iris Stalzer, 57 Jahre alt, SPD-Politikerin und frisch gewählte Bürgermeisterin, im eigenen Haus niedergestochen worden. Ihre Adoptivkinder alarmieren den Notruf, sprechen von einem Überfall, doch schnell zeigt sich: Die Spuren deuten in eine andere Richtung. Was zunächst wie ein brutaler Angriff von außen wirkt, entpuppt sich als mögliches Familiendrama. Zwei Jugendliche stehen im Verdacht, ihre Mutter attackiert zu haben – ein Fall, der eine ganze Stadt erschüttert, weil er hinter die Fassade einer scheinbar geordneten Welt blickt, und zwar dorthin, wo politische Ambitionen, familiäre Konflikte und psychische Belastungen auf tragische Weise kollidieren.
Die blutige Tat
In einer ruhigen Wohngegend oberhalb von Herdecke, wo gusseiserne Zäune und Wintergärten den Ton angeben, wird Iris Stalzer am helllichten Tag niedergestochen. »Gegen 12:40 Uhr setzen ihre Adoptivkinder«, ein 15-jähriger Junge und eine 17-jährige Tochter, den Notruf ab. Sie behaupten, ihre Mutter sei überfallen worden und schwer verletzt. Rettungskräfte finden die SPD-Politikerin mit zahlreichen Messerstichen im Oberkörper, »laut FOCUS« mindestens zehn, »andere Quellen« sprechen von bis zu 13 Stichen in Bauch und Rücken. Ein Rettungshubschrauber bringt sie in eine Bochumer Spezialklinik, wo sie weiter in Lebensgefahr schwebt, obwohl sie zeitweise ansprechbar war.

Die Polizei riegelt die Straße ab, Blaulicht durchzieht die Nachbarschaft, und die Spurensicherung arbeitet bis spät in die Nacht. Der Tatort ist eindeutig: sas Haus der Familie Stalze. Doch was zunächst wie ein Verbrechen von außen wirkt, nimmt schnell eine andere Wendung. Die Ermittlungen konzentrieren sich auf das familiäre Umfeld, und »die beiden Adoptivkinder geraten ins Visier«.
Familiäre Abgründe
Die Polizei in Hagen schließt ein politisches Motiv von Anfang an aus. »Es gebe keine Hinweise auf eine politisch motivierte Tat,« hieß es zunächst von Polizeisprecher Tino Schäfer. Stattdessen verdichten sich die Hinweise auf einen familiären Hintergrund. »Bereits im Sommer 2025 gab es in der Familie einen Vorfall« häuslicher Gewalt, bei dem die 17-jährige Adoptivtochter ihre Mutter mit einem Messer bedroht haben soll. Auch der Adoptivsohn soll in der Vergangenheit bereits »psychisch auffällig« gewesen sein. Beide Jugendliche wurden am Dienstag vorläufig festgenommen, um Spuren zu sichern und sie zu befragen. Der Junge wurde in Handschellen abgeführt, die Tochter von Polizisten begleitet.
„Es wird ein familiärer Hintergrund angenommen. Der Tatort befindet sich im Hause der Politikerin. Es werden umfangreich Spuren gesichert. Die minderjährigen Kinder der Herdeckerin befinden sich im Rahmen der Klärung des weiteren Sachverhaltes nach wie vor bei der Polizei.“
»Ermittler | Westfalenpost«
Neben der Tochter war auch der 15-jährige Adoptivsohn in den Fokus der Ermittlungen gerückt. Nachbarn berichten von einem lauten Streit zwischen dem 15-Jährigen und seiner Mutter kurz vor der Tat, was die These eines Überfalls durch „mehrere Männer“, wie zunächst vom Sohn behauptet, zweifelhaft erscheinen lässt. Eine Nachbarin erzählt »gegenüber BILD«:
„Eine halbe Stunde bevor der Rettungshubschrauber landete, habe ich gehört, wie der Junge und seine Mutter stritten. Sie haben sich regelrecht angeschrien.“
»BILD«
Stalzer selbst, die nach der Tat kurz ansprechbar war, weiß offenbar, wer sie attackiert hat, »sie verweigert jedoch jede Aussage dazu.« Diese Zurückhaltung nährt Spekulationen, doch die Ermittler bleiben zurückhaltend. »Am heutigen Mittwochmorgen« sind die Kinder noch in Polizeigewahrsam, und ein Haftrichter soll über das weitere Vorgehen entscheiden. Die Staatsanwaltschaft Hagen wertet derzeit die Ermittlungsergebnisse aus, ohne voreilige Schlüsse zu ziehen.
„Polizei und Staatsanwaltschaft wollen am Nachmittag neue Erkenntnisse zu der Messerattacke auf die designierte Herdecker Bürgermeisterin auf einer Pressekonferenz um 15 Uhr bekanntgeben. Medienberichte, nach denen es schon eine Entscheidung gebe, ob eines der Adoptivkinder oder auch beide dem Haftrichter vorgeführt werden könnten, sind nach Recherchen der WESTFALENPOST nicht von Fakten gedeckt.
Vielmehr bewertet die Staatsanwaltschaft in Hagen nach Informationen unserer Redaktion derzeit die Ermittlungsergebnisse. Der Ausgang scheint noch offen zu sein.“
»Westfalenpost«
Eine Stadt sucht Antworten
Herdecke, eine Stadt mit 22.500-Einwohnern im Ennepe-Ruhr-Kreis, ist erschüttert. In der Innenstadt ist der Angriff Gesprächsthema Nummer eins. Die Menschen reagieren ratlos.
„Was sollte es anderes zu reden geben heute?“
„Keine Ahnung, welcher Verrückte das wieder war.“
»Bürger Herdecke | Westfalenpost«
Die Stadtverwaltung zeigt sich fassungslos. Dennis Osberg, der Erste Beigeordnete, übernimmt vorläufig die Leitung und wünscht Stalzer eine schnelle Genesung.
„Ich wünsche Frau Stalzer von Herzen eine gute Genesung.“
»Dennis Osberg | Tagesschau«
Die offizielle Amtseinführung der Bürgermeisterin, geplant für den 4. November, steht allerdings in den Sternen. »Stalzer, die mit 52,2 Prozent in der Stichwahl« am 28. September gegen den CDU-Kandidaten Fabian Haas gewann, hatte mit Themen wie Familienpolitik, bezahlbarem Wohnen und Bürgerbeteiligung gepunktet. Ihre Wahl beendete die jahrelange Vorherrschaft der CDU im Bürgermeisteramt.
Politische Betroffenheit
Die Reaktionen aus der Politik kamen schnell, aber wie immer wirkten sie wie die üblichen Textbausteine. Bundeskanzler Friedrich Merz nannte die Tat „abscheulich“ und fordert eine schnelle Aufklärung:
Uns erreicht eine Nachricht über eine abscheuliche Tat aus Herdecke. Sie muss jetzt schnell aufgeklärt werden. Wir bangen um das Leben der designierten Bürgermeisterin Iris Stalzer und hoffen auf vollständige Genesung. Meine Gedanken sind bei ihrer Familie und ihren Angehörigen.
— Bundeskanzler Friedrich Merz (@bundeskanzler) October 7, 2025
SPD-Fraktionschef »Matthias Miersch spach in Berlin« von einer „furchtbaren Tat“ und drückte Betroffenheit aus, ohne auf die Hintergründe einzugehen. Freddy Cordes, Generalsekretär der NRW-SPD, dankt den Einsatzkräften und zeigt sich ebenfalls erschüttert.
„Die Nachrichten aus Herdecke erschüttern uns. Unsere Gedanken sind bei Iris Stalzer und ihrer Familie. Unser Dank gilt allen Rettungs- und Einsatzkräften, die im Einsatz waren und sind.“
»Freddy Cordes | FOCUS«
Diese Statements, so richtig sie in ihrer Anteilnahme sein mögen, lenken von einer unbequemen Wahrheit ab: Die Tat hat offenbar nichts mit Politik zu tun. Dennoch war der erste Impuls vieler Medien, einen politischen Hintergrund zu vermuten. Dieses Muster ist symptomatisch für eine Berichterstattung, die oft vorschnell nach politischen Narrativen greift, anstatt die Komplexität privater Tragödien anzuerkennen.
Die unangenehme Wahrheit hinter der Fassade
»Iris Stalzer«, Rechtsanwältin, verheiratet, Mutter zweier Adoptivkinder, war eine Frau, die in Herdecke für Wandel stand. Als von den Grünen unterstützte SPD-Politikerin brach sie die CDU-Dominanz und setzte auf Themen, die die Menschen vor Ort bewegten. Aber hinter der Fassade der engagierten Kommunalpolitikerin zeichnet sich ein Familiendrama ab. Die Tochter, die bereits im Sommer mit einem Messer auf ihre Mutter losgegangen sein soll, und der psychisch auffällige Sohn stehen im Mittelpunkt der Ermittlungen. Die Polizei hat die Fahndung nach weiteren Tätern eingestellt, was die These eines externen Angriffs endgültig widerlegt. Die Mordkommission ermittelt weiter.
Inmitten all der Spekulationen und Schlagzeilen bleibt vor allem eines zu hoffen, und zwar dass Iris Stalzer diese schreckliche Tat überlebt, nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Möge sie die Kraft finden, sich zu erholen und eines Tages wieder in Frieden leben zu können. In dieser schweren Zeit gilt ihr unser Mitgefühl und unsere aufrichtigen Wünsche für Genesung und Stärke.