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Der sichtbare Preis politischer Trägheit
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Der industrielle Kern Deutschlands bröckelt: BDI-Chef Leibinger entlarvt die politische Trägheit

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Politik am Topf
Migration und Widerstand
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Was lange beschönigt wurde, ist zur offenen Systemkrise geworden. Rezession, Produktionsschwund und verlorene Wettbewerbsfähigkeit treffen auf eine Politik, die Reformen verspricht, aber Tempo und Richtung vermissen lässt.
Zusammengefasst

Die deutsche Wirtschaft erlebt eine tiefe Krise, die »Peter Leibinger«, Präsident des »Bundesverbands der Deutschen Industrie« (BDI) und Aufsichtsratsvorsitzender des Maschinenbaukonzerns »Trumpf«, als die schwerste seit der Gründung der Bundesrepublik einstuft. In einem »Interview mit der Süddeutschen Zeitung« zeichnet er ein Bild von Frustration und Aggression in den Unternehmen, das die aktuelle Regierungskoalition aus Union und SPD unter scharfe Kritik nimmt. Die Politik verspricht Reformen, liefert jedoch zu langsam und vermittelt keinerlei Zuversicht, während strukturelle Schwächen den Standort lähmen.

Enttäuschung eskaliert zur Aggression in den Unternehmen

Unternehmer und Manager reagieren mit einer Intensität, die Leibinger als beispiellos beschreibt. Die anfängliche Hoffnung nach dem Regierungsstart im Mai hat sich in bittere Enttäuschung verwandelt. Peter Leibinger erklärte gegenüber der Süddeutschen Zeitung:

„Beim Start der Regierung im Mai war die Lage der Wirtschaft kritisch, die Stimmung aber hoffnungsvoll. Jetzt sind die Probleme immer noch da, viele in den Unternehmen sind aber so maßlos enttäuscht, wie ich es noch nie erlebt habe. Die Stimmung ist extrem negativ, teils regelrecht aggressiv.“

»Peter Leibinger | Süddeutsche Zeitung«

Diese Aggression richtet sich gegen ein Reformtempo, das die Regierung trotz anfänglicher Erfolge im Sommer verloren hat. Statt die dicken Bretter zu bohren, verliert sich die Politik in Kleinigkeiten wie dem Heizungsgesetz oder der Pendlerpauschale, die den Standort Deutschland keinesfalls retten.

Eine Krise, die das Gesellschaftsmodell bedroht

Leibinger diagnostiziert Symptome einer langanhaltenden Schwäche: Längste Rezession, Produktionsrückgang seit 2018, stagnierendes Produktivitätswachstum und der letzte Platz unter den großen Volkswirtschaften. Diese Faktoren lassen das gesamte Modell zerfallen. Er warnt:

„Wir stecken in der schwersten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik – längste Rezession, Produktionsschwund seit 2018, geringes Produktivitätswachstum, Letzter im Wachstum unter den großen Volkswirtschaften. Unser Gesellschaftsmodell droht uns zwischen den Fingern zu zerrinnen.“

»Peter Leibinger | Süddeutsche Zeitung«

Die Ursachen liegen tiefer als aktuelle Versäumnisse. Zwischen 2003 und 2018 profitierte Deutschland von günstigem Euro, billiger Energie, niedrigen Verteidigungskosten, der Schaffenskraft der Babyboomer und niedrigen Zinsen. Statt Reformen vorzunehmen, baute die Politik den Sozialstaat aus, trieb Lohnnebenkosten hoch und förderte eine Mentalität, in der der Staat jedes Risiko abfedert. Nun, da ein Kriegsgeist in Europa tobt, Handelsregeln ignoriert werden und die Welt in brutale Einflusszonen zerfällt, erstickt diese Sicherheitsmentalität den Standort.

Symbolische Gesten fehlen, Trägheit dominiert

Die Regierung erkennt die Dringlichkeit nicht und versäumt es, Signale zu setzen. Erwartungen an Union und SPD waren teilweise überzogen, doch das Mindeste wäre ein klares Bekenntnis zur richtigen Richtung. Leibinger fordert:

„Die Regierung müsste den Menschen besser das Gefühl vermitteln, dass es in die richtige Richtung geht. Was wir bräuchten, wären erkennbare Symbole. Dass man zum Beispiel Vorschriften einfach mal aussetzt. Natürlich gibt es immer 1000 Gründe, warum das im Einzelfall nicht geht. Aber das Signal wäre: Wir haben verstanden.“

»Peter Leibinger | Süddeutsche Zeitung«

Maßnahmen wie rasche Steuersenkungen, etwa das Vorziehen der Körperschaftsteuerreduktion für 2028, oder massiver Abbau von Vorschriften würden Investitionen ankurbeln. Stattdessen verharrt die Politik in Untätigkeit, während Zyniker sogar hoffen, eine Verschlechterung könnte endlich Veränderungen herbeizwingen – eine Haltung, die Leibinger als verantwortungslos ablehnt, da verlorene Produktion dauerhafte Schäden anrichtet.

China überholt durch Geschwindigkeit, Deutschland lahmt

Der größte externe Druck kommt aus China, das deutsche Geschäftsmodelle kopiert, günstiger produziert und vor allem schneller agiert. Die Bürokratie, kurze Arbeitszeiten und mangelnde Flexibilität kosten Deutschland entscheidend an Tempo. Leibinger betont:

„Unser industrieller Kern ist in der Tat in Gefahr, weil China unser Geschäftsmodell nachbaut, dabei aber günstiger und vor allem viel schneller ist als wir. Bürokratie, geringe Arbeitszeiten, mangelnde Flexibilität – das sind alles Dinge, die uns Geschwindigkeit kosten. Mit Zöllen und weniger offenen Weltmärkten werden wir fertig. Unser Kernproblem ist die Geschwindigkeit. Wir sind schlicht viel zu langsam.“

»Peter Leibinger | Süddeutsche Zeitung«

Trotz Bedrohungen für Auto-, Chemie- und Maschinenbau bleibt Deutschland stark in komplexen, wissensintensiven Produkten wie Komponenten, Subsystemen und Anlagen. Massenproduktion verlagert sich ohnehin ins Ausland, doch strategische Bereiche wie Chips und Batterien erfordern geoökonomische Entscheidungen, auch gegen reine Marktrechnung. Gegen chinesische Überkapazitäten und Umlenkungen wegen US-Zöllen schlägt Leibinger Schutzinstrumente vor, flexible Reaktionen auf Abhängigkeiten und sogar umgekehrte »Joint-Venture-Pflichten« für chinesische Firmen in Europa.

Klare Abgrenzung zur AfD trotz Frustration

Trotz der Aggression in Teilen der Wirtschaft distanziert sich Leibinger entschieden von Annäherungen an die AfD, wie sie der Familienunternehmerverband kurzzeitig versuchte. Er erklärte in der Süddeutschen Zeitung:

„Parteien, deren Grundprinzip die Polarisierung der Gesellschaft und das Säen von Hass ist, rütteln nach unserer festen Überzeugung an den Grundfesten unseres Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells. […] „Rassismus und Antisemitismus sind auch für mich persönlich völlig inakzeptabel. Mit Antisemiten kann und will ich nicht reden.““

»Peter Leibinger | Süddeutsche Zeitung«

Das AfD-Programm mit EU- und Euro-Austritt sowie Zuwanderungsstopp wären katastrophal. Frustration mache die Wähler anfällig, doch nur eine konsequente Problemlösung durch die Mitte könne sie zurückholen. Unternehmer würden Verantwortung durch Haltung tragen, auch wenn AfD-Sympathien in manchen Kreisen zunähmen.

Die ewige AfD-Ablenkung: Symptom statt Ursache bekämpfen

Während der industrielle Kern Deutschlands unter der Last bürokratischer Trägheit, verpasster Reformen und globaler Konkurrenz ächzt, dient die rituelle Abgrenzung zur AfD der Politik und ihren Verbündeten erneut als bequemer Schutzschild.

Kaum ein Wirtschaftsgespräch vergeht ohne diesen reflexhaften Exkurs, der die Aufmerksamkeit geschickt von den eigenen Versäumnissen ablenkt. Nicht die AfD hat den Sozialstaat in den Jahren guter Rahmenbedingungen aufgebläht, Lohnnebenkosten explodieren lassen oder eine risikoscheue Sicherheitsmentalität zementiert, die nun erstickt. Nicht die AfD hat Reformchancen zwischen 2003 und 2018 verspielt, während Euro, günstige Energie und niedrige Zinsen flossen. Die Verantwortung tragen die etablierten Parteien der letzten Jahrzehnte, die systematisch Geschwindigkeit opferten und nun, statt den Kernproblemen entschlossen zu begegnen, lieber in moralischer Pose verharren. Diese Ablenkungstaktik mag kurzfristig beruhigen, doch sie vertieft die Krise nur, indem sie echte Lösungen weiter verzögert und Frustration in den Unternehmen nährt.

Leibingers Warnungen enthüllen eine Politik, die den Standort durch Trägheit und verfehlte Prioritäten gefährdet. Die Zeit für Ausreden ist abgelaufen.

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Janine Beicht

Janine Beicht ist gelernte Kommunikationsdesignerin, arbeitet aber seit 2020 im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Aktivistin engagiert sie sich besonders auf dem Gebiet der Psychologie unter dem Aspekt der jeweiligen politischen Machtinteressen.

Eine Antwort

  1. Wie immer hat es Frau Beicht auf den Punkt gebracht.
    Die Wirtschaft hat dem linksgrünen Narativ sinnentstellt nachgehechelt.
    Selbst jetzt ,nachdem das Chaos schon fast nicht mehr zu bereinigen ist ,verstrickt man sich in populistischen Aussagen gegenüber einer Partei,welche diesen Zustand nicht zu verantworten hat.
    Der Ernst der Lage ist also noch nicht vollständig angekommen.
    Solche Unternehmer sind Teil der Misere.

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